St. Pölten (OTS/NLK) – Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 10 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Mag. Karl Wilfing zur Beratung des Landesvoranschlages 2022 und 2023 zusammen. Das Doppelbudget sieht für 2022 Auszahlungen in der Höhe von rund 7,107 Milliarden Euro und Einzahlungen in der Höhe von rund 6,578 Milliarden Euro sowie für 2023 Auszahlungen in der Höhe von rund 7,314 Milliarden Euro und Einzahlungen in der Höhe rund 6,975 Milliarden Euro vor.
Abgeordneter René Lobner (VP) berichtete über folgende beide Tagesordnungspunkte:
• Antrag der Landesregierung betreffend NÖ Budgetprogramm 2021 – 2026.
• Antrag der Landesregierung betreffend Voranschläge des Landes Niederösterreich für die Jahre 2022 und 2023.
Landesrat DI Ludwig Schleritzko (VP) eröffnete die Debatte mit seiner Budgetrede über den Voranschlag für die Finanzjahre 2022 und 2023. Die Corona-Pandemie mit all ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Gesundheitsversorgung habe auch die Wirtschaft hart getroffen und viele Arbeitsplätze und Existenzen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gefährdet. Das Land Niederösterreich rechne für 2020 und 2021 mit Corona-Kosten in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Diese würden sowohl in die Gesundheitsversorgung als auch in den Schutz von Existenzen fließen. Im Blick zurück sei diese Rettungsmission ein Erfolg gewesen. Niederösterreichs Wirtschaft wachse wieder und das stärker als im österreichweiten Durchschnitt. Für Niederösterreich werde ein Wachstum von 4,8 Prozent prognostiziert. In der ersten Jahreshälfte habe es so viele Unternehmensgründungen gegeben wie noch nie zuvor. Darüber hinaus zähle Niederösterreich heute wieder weniger Arbeitslose als vor der Pandemie. Fakt sei aber auch, dass die Gesundheitskrise noch nicht vorüber sei und die vierte Welle „uns voll im Griff hat“. Die mangelnde Impfbereitschaft einiger dürfe nicht zu Einschränkungen aller führen.
Die Landesregierung lege dem Landtag erstmals ein Doppelbudget zur Beratung und Beschlussfassung vor. Die Krise habe viele kostspielige Manöver notwendig gemacht, man sei weit vom Finanzkurs abgekommen. Deshalb wolle man in den kommenden Jahren das Defizit schrittweise zu verringern und bis 2026 wieder schwarze Zahlen schreiben. Im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr soll das Defizit um bis zu 191 Millionen Euro verringert werden. Das Haushaltsvolumen für beide Jahre bezifferte Schleritzko mit insgesamt 14,4 Milliarden Euro. Die Ausgaben für 2022 würden 7,1 Milliarden Euro betragen (ein Saldo von minus 530 Millionen Euro), die Ausgaben für 2023 7,3 Milliarden Euro (ein Saldo von minus 339 Millionen Euro).
Man werde verstärkt in Kinderbetreuung, Bildung und Forschung investieren und über 100 Millionen Euro mehr für Soziales und Jugendwohlfahrt bereitstellen. Rund die Hälfte des Budgets inklusive Landesgesundheitsagentur werde man für Soziales und Gesundheit ausgeben. Niederösterreich biete Unterstützung, wo sie gewünscht und gebraucht werde, etwa bei der Betreuung von Kleinkindern bis Schulkindern. Allein seit Jänner 2018 wären 184 Kleinstkinderbetreuungsgruppen entstanden, dazu kämen 241 neue Kindergartengruppen. Auch der Ausbau der stationären Pflegeplätze werde vorangetrieben. Bis 2030 wolle man als ersten Ausbauplan knapp 300 Millionen Euro in die Hand nehmen, um 649 neue Pflegeplätze zu schaffen. Steigerungen werde es auch bei den Ausgaben für mobile Pflege- und Sozialdienste geben.
Ein weiterer Sicherheitsfaktor in Niederösterreich sei das großartige Gesundheitssystem, mit Investitionen in die Standorte in der Höhe von 200 Millionen Euro werde man diese hohe Qualität weiter ausbauen und auch das Personal weiter unterstützen.
Die Mittel für Wissenschaft und Forschung würden auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten erhöht: In das „Leuchtturm-Projekt“ der IST-Austria würde mit der neuen Fördervereinbarung mit dem Bund bis 2036 fast eine Milliarde Euro an Landesmitteln investiert, damit würden am Ende 150 Forschungsgruppen mit bis zu 2.000 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern angesiedelt. Im MedAustron in Wiener Neustadt wiederum sei vor kurzem der tausendste Patient behandelt worden. Aus den Forschungsergebnissen von heute sollen die Unternehmen und Arbeitsplätze von morgen gemacht werden. Bis 2030 werde man 250 neue Spin-Offs unterstützen und damit 1.000 neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen. In moderne Lern- und Wohnwelten der Berufsschulen flössen bis 2023 insgesamt 41,5 Millionen Euro.
Für eine Kurskorrektur brauche man aber auch Bereiche, in denen es geringere Steigerungen gebe oder sogar gespart werde. Das betreffe besonders den Bereich der Infrastruktur im Wohn- und Straßenbau, konkret würden verschiedene Straßen-Neubau-Projekte verschoben, was auf Grund der gestiegenen Baukosten auch volkswirtschaftlich Sinn mache. Niederösterreichs Unternehmen tätigten allein heuer mehr als acht Milliarden Euro an Investitionen und damit drei Milliarden Euro mehr als noch 2019.
Zu den größten Herausforderungen gehöre mit Sicherheit der Klimawandel. Niederösterreich alleine könne zwar nicht die Welt verändern, habe aber enorme Veränderungen auf den Weg gebracht: Mit aktuell 427 Klimabündnis-Mitgliedsgemeinden sei Niederösterreich Europameister, seit 2015 decke das Land seinen Strombedarf zu 100 Prozent durch erneuerbare Energie ab, 2019 seien das Ölheizungsverbot im Neubau und die Schließung des letzten Kohlekraftwerks erfolgt. Dazu sei im Vorjahr mit dem Sonnenkraftwerk Niederösterreich das größte Photovoltaik-Bürgerbeteiligungsprojekt Europas ins Leben gerufen worden. Der NÖ Klima- und Energiefahrplan bekenne sich klar zu internationalen, europäischen und nationalen Zielen. Insgesamt seien im Doppelbudget rund 1,5 Milliarden Euro für klimarelevante Maßnahmen reserviert. Zudem treibe das vorliegende Doppelbudget die Mobilitätswende voran: Die Ausgabenbremse bei der Infrastruktur werde sich nicht auf den öffentlichen Verkehr auswirken, Niederösterreich werde im Gegenteil seine Ausgaben für Bus- und Bahnangebote weiter erhöhen und Angebote ausbauen. Die 291 Millionen Euro für Öffi-Angebote 2022/2023 seien drei Mal so viel wie noch vor zehn Jahren.
Abschließend meinte der Finanzlandesrat, dass man die Rückkehr zu schwarzen Zahlen im Budget anpeile, dafür aber das Ruder nicht herumreiße, sondern behutsam vorgehe, um das „Schiff Niederösterreich“ nicht zum Kentern zu bringen.
Generaldebatte
Abgeordnete Mag. Indra Collini (Neos) eröffnete die Generaldebatte:
Man lebe offenbar in „Parallelwelten“, das Budget sei in Form und Inhalt eine Zumutung. Man mache einfach weiter wie bisher, koste es, was es wolle. Im Fokus liege das Verwalten des alten politischen Machtapparates, es gebe keine signifikante Lenkung der Mittel etwa für die Kinderbetreuung oder den Breitband-Ausbau. Das Doppelbudget sei wahltaktisch praktisch, die Zahlen würden aber nicht halten, der Schuldenberg sei erdrückend hoch. Sie fordere eine umfassende Verwaltungsreform, mehr Geld für Schulen und Kindergärten, Digitalisierung und eine Breitband-Offensive auch in ländlichen Regionen, ein eigenes Klimabudget und ein Neuverschuldungsverbot.
Abgeordnete Dr. Helga Krismer–Huber (Grüne) sprach von grundsätzlichen Fragen komplexen Zusammenlebens. Die Rechnungsabschlüsse der letzten 20 Jahre seien immer von den Budgets abgewichen. Es fehle ihr der Zugang, wie man in einem derartigen Umfeld politisch auf die Idee komme, ein Zwei-Jahresbudget zu machen. Sie trage es in derart volatilen Zeiten nicht mit, ein derartiges Budget zu beschließen. Österreich werde nicht so schnell wie andere EU-Länder gestärkt aus der Pandemie kommen. Das Impfdefizit und die aktuellen Maßnahmen würden viele Tote mit sich bringen, aber auch wirtschaftlich werde es einen Schaden bringen. Auch im Klimabereich sei man säumig und es werde zu wenig getan. Im Gesundheits- und Sozialbereich erkenne sie durch die Landesgesundheitsagentur lediglich ein „Facelifting“ im Budget. Es gebe jedoch nach wie vor viele Probleme, unter anderem zu wenig Personal.
Klubobmann Udo Landbauer, MA (FP) meinte, alle Jahre wieder diskutiere man das Budget. Dieses Mal im November und ein Zwei-Jahresbudget. Alle Jahre wieder werde das Budget von der VP so verfasst, dass man drei Mal hinsehen müsse, um die Details zu sehen. Das sei das Privileg der absoluten Mehrheit. Aber man stimme dem Budget wieder zu, aus Staatsräson und Verantwortung zum Land Niederösterreich, jedoch nicht, weil man es gut finde. Wenn man sich das Budget ansehe, müsse man zur Meinung kommen, dass in Niederösterreich die Pandemie mit 1. Jänner 2022 beendet sei, denn die Finanzierung von Corona-Maßnahmen finde sich im Budget nicht. Da er den „Wunderheilkräften“ des Finanzlandesrates nicht glaube, stelle er sich die Frage, wie man die Kosten der Corona-Maßnahmen tragen werde. Darüber hinaus werde man mit Zusperren und Lockdowns die Wirtschaft nicht ankurbeln können. Ohne Steuereinnahmen der Wirtschaft werde es nicht gehen. Man solle aber auch sparen. Das niederösterreichische Verbindungsbüro in Brüssel sei zu schließen. Auch der Bereich Kultur sei übersubventioniert.
Klubobmann Reinhard Hundsmüller (SP) würdigte zu Beginn seiner Rede einen vor wenigen Tagen verstorbenen „großen Niederösterreicher“, Otto Pendl. Er sagte, nach Durchsicht des vorliegenden Doppelbudgets habe man feststellen müssen, dass sich an den Ansätzen nichts verändert habe. Das Bestehende werde fortgeschrieben und das Nulldefizit als Ziel sei aufgrund von Corona um einige Jahre verschoben worden. Der Vorschlag trage die „Handschrift“ der Mehrheitspartei und das sei in einer Demokratie zu akzeptieren. Aus Staatsräson werde die SP zustimmen, so wie es im Arbeitsübereinkommen vereinbart worden sei. Die Sozialdemokratie hätte aber etliche thematische Punkte völlig anders gesetzt und anderen Schwerpunkten den Vorzug gegeben. Wesentliche Teile des Voranschlages wie Kinderbetreuung, Umwelt, öffentlicher Personen- und Nahverkehr und Sozialhilfe würde seine Fraktion ablehnen.
Die Sozialdemokratie fordere einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag, einen Rechtsanspruch auf ganztägige kostenfreie Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag und ein ganztägiges Schulangebot mit verschränkter Unterrichtsform. Das Umweltbudget des Landes Niederösterreich sei gekürzt worden: „Und das in Zeiten von Umweltkrisen und Unwetterereignissen.“
Klubobmann Mag. Klaus Schneeberger (VP) betonte, die bisherigen Budgets hätten, das Bundesland Niederösterreich positiv weiterentwickelt. Und dennoch seien die Umstände unterschiedlich gewesen. So eine Situation, wie sie durch die Pandemie ausgelöst worden sei, habe es noch nie gegeben. Noch nie sei ein Verlust von 1,5 Milliarden Euro verzeichnet worden, noch nie sei man dem Ziel, ein Nulldefizit zu erreichen, so nahe gewesen und gleichzeitig so fern. Die Konsequenz sei gewesen, ein Doppelbudget zu erstellen, um Planungssicherheit für Land und Landsleute zu haben. Aber die Landesverfassung habe dieses Instrument nicht gekannt. Dass dies durch eine Verfassungsänderung möglich war, spreche für die gute politische Kultur in unserem Land. In diesem Zusammenhang bedankte sich Schneeberger bei den Klubobleuten Hundsmüller und Landbauer für die gute Zusammenarbeit und die notwendige Entscheidung, ein Doppelbudget möglich zu machen.
Gemeinsam mit den Morgen zu beschließenden Budgetprogramm und mit dem Landesentwicklungsprogramm werde die Basis für eine weitere positive Zukunft des Bundeslandes im Miteinander gelegt. Die VP Fraktion werde diesem Doppelbudget die Zustimmung geben.
Abschließend wies er auf den Landesstrategieprozess Niederösterreich 2030 hin, mit dem man im Miteinander die Basis für eine weitere positive Zukunft des Bundeslandes lege.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung