Wien (PK) – Anlässlich ihres Amtsantrittes gaben Bundeskanzler Alexander Schallenberg und Außenminister Michael Linhart in der heutigen Sondersitzung des Bundesrats Erklärungen ab. Schallenberg rief zur Zusammenarbeit auf, um das Vertrauen der Menschen in die Politik zu sichern und die aktuellen Problemstellungen bewältigen zu können.
Die Freiheitlichen forderten die Entlassung von Innenminister Karl Nehammer in einem Entschließungsantrag und blieben damit in der Minderheit. Ebenfalls keine Mehrheit fand die Forderung der SPÖ auf einen Rechtsanspruch auf Freistellung für im Katastrophenschutzeinsatz stehende Einsatzkräfte.
Mit der oberösterreichischen Landtagswahl haben sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat geändert. Mit der heutigen Angelobung der oberösterreichischen BundesrätInnen haben die beiden Regierungsfraktionen die Mehrheit in der Länderkammer. In einer Gedenkminute gedachten die BundesrätInnen ihres kürzlich verstorbenen Kollegen, Bundesrat Wolfgang Beer.
Bundeskanzler Schallenberg: Man werde nur Erfolg haben, wenn man bereit sei zusammenzuarbeiten.
Die vergangenen Wochen seien innenpolitisch turbulent gewesen, nun gelte es, die Koalition in ruhigere Gewässer zu führen, betonte Bundeskanzler Alexander Schallenberg in seiner Antrittsrede vor dem Bundesrat. Die Bundesregierung arbeite professionell zusammen und setze konsequent Maßnahme für Maßnahme des Regierungsprogramms weiter um. Mit dem Budget und der Steuerreform stelle die Regierung sicher, dass die Arbeit in Österreich weitergehe, kleine und mittlere Einkommen entlastet werden, Familien profitieren und all jene, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, mehr bekommen. Mit dem Krisensicherheitsgesetz habe die Regierung einen Paradigmenwechsel zur effektiveren Koordination der nationalen Sicherheit und Krisenvorsorge geschaffen. Der heute im Ministerrat beschlossene ÖBB-Rahmenplan bringe eine der größten Investitionen in den öffentlichen Verkehr.
Die Bekämpfung der Corona-Pandemie sei die wichtigste und vielleicht sogar schwierigste Aufgabe, erklärte Schallenberg weiter. Gemeinsames Ziel müsse es sein, die Ansteckungszahlen einzudämmen und die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Das einzige „Exitticket“ und der einzige „Wellenbrecher“ sei die Impfung. Die Regierung werde die Überzeugungsarbeit fortsetzen, damit das Land bald möglichst vollständig wieder zur Normalität zurückkehren könne. Trotz der Pandemie habe der wirtschaftliche Aufschwung rascher als erwartet eingesetzt und die Arbeitslosenrate sei auf Vorkrisenniveau. Im Bereich des Klimaschutzes gehe Europa global gesehen voran. Europa werde aber nicht alleine das Weltklima retten können. Es gelte, die anderen Regionen der Welt an ihre Verantwortung zu erinnern. In entscheidenden Fragen der Zeit werde man nur Erfolg haben, wenn man auch wirklich bereit sei zusammenzuarbeiten, betonte Schallenberg und betonte, dass man nur so das Vertrauen der Menschen in die Politik sichern könne.
Vizekanzler Kogler: Justiz arbeiten lassen
Die Bundesregierung sei zu jeder Zeit handlungsfähig gewesen, erklärte Vizekanzler Werner Kogler. Anerkennung und Respekt zollte er dem ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz für den „Schritt auf die Seite“. Kogler dankte den Klubobleuten aller Fraktionen für die Gesprächsbereitschaft während der Krise. Dies sei ein „Reifeausweis“. Die Justiz sei auch vor eine Bewährungsprobe gestellt gewesen. Wenn aufgrund gesetzlicher Vorgaben seitens der Staatsanwaltschaft ermittelt werde, dann müsse und solle man die Justiz walten lassen, betonte der Vizekanzler. Insgesamt müsse aber die Unschuldsvermutung gelten, appellierte Kogler an die Abgeordneten. In einer reifen Demokratie mit „Checks and Balances“ sei die Justiz eine wichtige Säule, die insgesamt nicht infrage gestellt werden dürfe, einzelne Maßnahmen und Schritte könnten aber kritisiert werden. Die Bundesregierung habe mit dem Budget und der Steuerreform einiges auf den Weg gebracht, zeigte sich Kogler überzeugt. Angesichts der momentanen Erholung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes, werde man alles daran setzen, dass die Auswirkungen des Coronavirus das Land nicht noch einmal voll treffen würden.
ÖVP: Land mit Ruhe und Stabilität in die Zukunft führen
Bundeskanzler Schallenberg sei die richtige Person, das Land mit Ruhe und Stabilität in die Zukunft zu führen, erklärte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Schwierige Zeiten würden außergewöhnliche Schritte erfordern, betonte die Bundesrätin. Sie zeigte sich erfreut darüber, dass Schallenberg die Hand in Richtung aller Fraktionen ausgestreckt habe. Insgesamt brauche es mehr Respekt, Anerkennung und Wertschätzung in der Politik, appellierte Eder-Gitschthaler an die Abgeordneten. Kritisch engagiert zu argumentieren, sei die eine Sache, zu verletzen und Gräben aufzureißen, die andere. Das derzeitige Wirtschaftswachstum müsse begleitet und wichtige Themen wie Arbeitslosigkeit und Pflegereform bewältigt werden, erklärte die ÖVP-Mandatarin.
SPÖ: Teuerungsbremse und Maßnahmen gegen Pandemie
Die Kanzlerschaft von Alexander Schallenberg sollte nicht wie eine „PR-Maschinerie“ handeln, forderte Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ/W). Das „System Kurz“ habe sich entlarvt und sei nicht mehr tragbar. Vielmehr müsse man sich „Haupthandlungsfeldern“ widmen, um den Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Dies seien der SPÖ-Mandatarin zufolge Maßnahmen gegen die Pandemie und gegen die Teuerung. Gegen die Teuerung brauche es eine „Teuerungsbremse“ und aufgrund steigender Energiepreise Maßnahmen gegen eine drohende „Energiearmut“. Die Angebote an die Arbeitnehmerseite bei den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen bezeichnete Schumann als „beschämend“. Diese würden von keinem Respekt gegenüber den Beschäftigten zeugen. Außerdem bemängelte die Sozialdemokratin, dass keine Mittel im Budget für die Pflegereform vorgesehen seien. Sie forderte Schritte zum Ausbau der Elementarpädagogik und der flächendeckenden Nachmittagsbetreuung.
FPÖ: Bundeskanzler Schallenberg demokratisch nicht legitimiert
Bundeskanzler Alexander Schallenberg sei als Kanzler nicht zu akzeptieren, betonte Christoph Steiner (FPÖ/T). Dieser sei „in seiner Funktion nicht gewählt worden“ und damit nach Ansicht des FPÖ-Bundesrats nicht demokratisch legitimiert. Schallenberg sei Marionette und Platzhalter des „Schattenkanzlers Kurz“. Von dieser Bundesregierung werde lediglich eine rigorose „Impf-Apartheit“ bleiben, einhergehend mit der Unterdrückung von Ungeimpften und dem Zwang, BürgerInnen „in die Nadel zu jagen“. Die nächsten Monate würden für den Bundeskanzler schwer werden. Die FPÖ werde das „korrupte türkise System jagen“, erklärte Steiner. Jede „Unrechtsregierung“ auf der Welt sei gefallen, so werde auch diese fallen, zeigte sich der freiheitliche Bundesrat überzeugt und beendete seine Rede mit dem Ausspruch, dass ihn diese Regierung „anwidere“.
Grüne: Zusammenarbeit ein Garant für Stabilität
Zusammenarbeit sei ein Garant für Stabilität zeigte sich Bundesrat Marco Schreuder (Grüne/W) überzeugt. Die Menschen in Österreich müssten darauf vertrauen können, dass sowohl Regierende als auch Opposition bei aller Verschiedenheit und allem Streitpotenzial zusammenarbeiten können. Nicht zuletzt das Sterbeverfügungsgesetz habe gezeigt, wie die beiden Regierungsparteien mit ihren sehr unterschiedlichen Ansichten, auf einem hochsensiblen Gebiet gemeinsam eine gute Lösung finden können. Die großen Herausforderungen der nächsten Zeit sah Schreuder in der Pandemiebekämpfung und in der Klimakrise. Derzeit kennen wir nur einen Ort, der lebenswert sei und wo es eine angenehme Atmosphäre und eine schöne Natur gebe. Es gelte daher, dass man sich um das „Raumschiff Erde“ kümmere, sagte Schreuder.
NEOS: Themen angehen, denen die Bundesregierung bisher keine Priorität zugemessen hat
Es brauche ein Bekenntnis von Bundeskanzler Schallenberg zu Justiz, Rechtsstaat und Medienfreiheit, forderte Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Zudem solle Schallenberg Themen angehen, denen die Bundesregierung bisher keine Priorität zugemessen habe. Dazu zählen dem NEOS-Bundesrat zufolge Reformen zur Parteienfinanzierung, zur Informationsfreiheit, Abschaffung der kalten Progression und zur Kinderbetreuung am Nachmittag. Die Steigerung der Impfquote sei notwendig, um die Pandemie einzudämmen. Es gelte, neue Maßnahmen zu setzen und sich dabei an internationalen Best-Practice-Beispielen zu orientieren.
Erste Rede von Außenminister Linhart im Bundesrat
In seiner ersten Rede im Bundesrat strich der kürzlich als Nachfolger für den nunmehrigen Bundeskanzler Alexander Schallenberg angelobte Außenminister Michael Linhart unter anderem hervor, dass die enge Abstimmung mit der EU für ihn als überzeugten Europäer im Zentrum stehe. Multilaterale Kooperation sei für Linhart der Schlüssel bei der gemeinsamen Bekämpfung der Corona-Pandemie und für den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Der Außenminister versicherte, dass er die Stimme für friedliche Lösungen von Konflikten am Verhandlungstisch erheben werde, ebenso wie für die Menschenrechte und Grundfreiheiten als universelles Gut. Er werde sich gegen jegliche Form des Antisemitismus einsetzen, für eine starke transatlantische Partnerschaft sowie für eine offene, pluralistische und demokratische Gesellschaft. Besondere geopolitische Bedeutung messe er dem Westbalkan zu, wo Sicherheit und Stabilität in der Region auch Sicherheit und Stabilität für ganz Europa bedeute.
In der Debatte betonte Karl Bader (ÖVP/N), dass es gerade in Zeiten einer Pandemie gelte, für Stabilität zu sorgen, wie es die Bundesregierung zeige. Vorwürfe wie etwa von Christoph Steiner seitens der FPÖ seien klar zurückzuweisen. Er monierte in Richtung FPÖ, mit ihrer Agitation in der Pandemie sei sie kein Teil der Lösung. Sie sei ein genauso gefährlicher Teil des Problems wie das Virus selbst. Günter Kovacs (SPÖ/B) wiederum hielt dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler entgegen, die ökosoziale Steuerreform treffe die ärmsten Menschen in den Regionen. Von einer Erleichterung für die Schwächsten sei nichts zu bemerken. Josef Ofner (FPÖ/K) konterte in Richtung ÖVP: Demokratiepolitisch bedenklich sei nicht die FPÖ, sondern seien die Abgeordneten des „türkisen ÖVP-Systems“. Die Regierungsbank stelle für ihn eine „Bank des Versagens“ dar.
Elisabeth Kittl (Grüne/W) nahm die Diskussion unter anderem zum Anlass, sich für die bessere Gleichstellung von Frauen auszusprechen und verwies unter anderem auf wichtige Maßnahmen im Bereich des Gewaltschutzes. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) thematisierte gegenüber dem Außenminister die stark eingeschränkte Möglichkeit von Doppelstaatsbürgerschaften etwa für AuslandsösterreicherInnen und sprach sich für eine Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes aus.
Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) warf Innenminister Karl Nehammer Verfehlungen etwa im Hinblick auf den Terroranschlag vom 2. November 2020 vor, sowie bei der Durchsetzung von Corona-Maßnahmen. Erbrachte einen Entschließungsantrag ein, Nehammer das Vertrauen zu entziehen. Auch Günter Kovacs hatte sich zuvor seitens der SPÖ für den Antrag ausgesprochen, der allerdings bei der Abstimmung in der Minderheit blieb.
In der Minderheit blieb auch ein SPÖ-Entschließungsantrag, den Stefan Schennach (SPÖ/W) im Hinblick auf die Anstrengungen gegen den Waldbrand auf der Rax eingebracht hatte. Um freiwillige Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Katastrophenhilfe im Beruf abzusichern, gelte es, einen Rechtsanspruch auf Freistellung für freiwillig im Katastrophenschutzeinsatz stehende Einsatzkräfte zu schaffen. Zugleich müsse sichergestellt werden, dass für ehrenamtliche Einsatzkräfte eine pauschale Abgeltung von Verdienstausfällen aus selbstständiger Tätigkeit geschaffen werde.
Gedenkminute für Bundesrat Wolfgang Beer
In der heutigen Bundesratssitzung gedachten die Mandatare des kürzlich verstorbenen sozialdemokratischen Wiener Bundesrates Wolfgang Beer. Er war Vorsitzender des Landesverteidigungsausschusses, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Innovation, Technologie und Zukunft sowie ehemaliger Schriftführer des Bundesrates. Mit ihm sei ein über alle Fraktionsgrenzen hinweg geachteter und verdienstvoller Parlamentarier von uns gegangen, betonte Bundesratspräsident Peter Raggl. Beer habe sich in vorbildlicher Weise für die Menschen seines Bundeslandes Wien eingesetzt. BundesrätInnen aller Fraktionen zollten anschließend in ihren Debattenbeiträgen Anerkennung für die Leistungen und Verdienste von Bundesrat Beer.
Oberösterreichwahl: Schwarz-Grün erhält Mehrheit im Bundesrat
Aufgrund des Ergebnisses der oberösterreichischen Landtagswahl Ende September haben sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat geändert. Ein Mandat wanderte von den Freiheitlichen zur ÖVP. Heute wurden neun der zehn wiedergewählten und neuen Bundesrätinnen und Bundesräte aus Oberösterreich angelobt. Damit haben die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne mit 31 von 61 Abgeordneten die Mehrheit im Bundesrat. Oberösterreich entsendet zehn BundesrätInnen. (Schluss Bundesrat) mbu/pst
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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