Wien (OTS) – Der European Green Deal sowie „Fit for 55“ werden derzeit auf europäischer Ebene heftig diskutiert. Tatsächlich sind die Klimaneutralität und das 2030-Emissionsreduktionsziel minus 55 Prozent aber noch in weiter Ferne. Eine der wichtigsten Voraussetzungen, um Klimaneutralität zu erreichen, ist der zügige Ausbau der Infrastruktur. „Jetzt haben wir die Chance, mit der Überarbeitung der Energieinfrastruktur-Verordnung (TEN-E-VO) die richtigen Weichen zu stellen. Der Rechtsakt, den der Energie-Ausschuss des Europäischen Parlaments heute billigte, enthält aber wenig Neues, die Ambition fehlt“, sagt Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Schlagzahl muss auf EU-Ebene erhöht werden
Wesentlich wäre, dass die überarbeitete Verordnung Genehmigungsverfahren optimiert und raschere Entscheidungen ermöglicht. „Einmal mehr ist im Sinne der beschleunigten Transformation darauf zu pochen, dass die zeitlichen Vorgaben der einzelnen Abschnitte zu verkürzen sind. Außerdem entspricht der Kreis der Projekte, die prioritär genehmigt werden sollen, nicht mehr den verschärften Klimaschutzzielen, die Projektrealisierungen hinken dem Reduktionsfahrplan hinterher, wenn sie überhaupt grünes Licht von der Behörde bekommen“, sagt Schwarzer.
Als Beispiel führt er die Salzburg-Leitung an. „Dieses dringend notwendige Projekt hat erst acht Jahre nach der Antragstellung grünes Licht vom Verwaltungsgerichtshof bekommen, die Bauphase dauert wegen der Einschränkungen der Bauzeiten weitere fünf Jahre. Die jährliche Reduktion von hunderttausend Tonnen CO2 hätten wir natürlich viel früher gebraucht.“ Schwarzer mahnt daher: „Wenn das Ziel der CO2-Reduktion zwischen 2020 und 2030 von 20 auf 55 Prozent erhöht wird, braucht es raschere Genehmigungen.“ Werden die Reduktionsziele verfehlt, fallen hohe Strafzahlungen an, für die der Steuerzahler aufkommen müsste.
Ausklammerung der Projekte zur Stromerzeugung unverständlich
Europa steuert auf eine Unterversorgung zu, weil der Ersatz für Kohle- und Atomkraftwerke bei langen Verfahren zu spät kommt. „Wollen wir unser Energiesystem klimaneutral gestalten, sind enorme Investitionen erforderlich. Generell sollte der Anwendungsbereich auch für große Stromerzeugungsanlagen wie Wasserkraftwerke, Windparks und Freiflächen-Fotovoltaik gelten“, so Schwarzer, der die Prämisse des Rechtsakts, dass nur wenige Projekte unter die Infrastrukturverordnung fallen sollen, daher als überholt ansieht. Denn „Beschleunigung funktioniert nicht mit angezogener Handbremse“.
Positiv sieht der WKÖ-Experte, dass die Projekte nicht direkt beteiligte Mitgliedstaaten verbinden müssen. Dadurch bekommt ein Binnenland wie Österreich auch die Möglichkeit, sich zum Beispiel an großen Elektrolyseanlagen in Kombination mit einem Offshore-Projekt zu beteiligen.
Erleichterter Einstieg für innovative Projekte fehlt
Ebenso wird die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf innovative Projekte (CO2-Abscheidung und Wasserstoff-Erzeugung) begrüßt. Schade sei nur, dass diese Projekte den Beschleunigungsstatus nicht schon im Rechtsakt bekommen. „Wenn Investoren sich zwei Jahre lang um die Aufnahme in die Liste der zu beschleunigenden Projekte bemühen müssen, beleibt vom Beschleunigungseffekt nicht viel übrig, zumal das beschleunigte Verfahren dann auch noch 3,5 Jahre dauert“, so Schwarzer. Hier sollte ein innerhalb einiger weniger Monate vorliegendes Attest des Energieregulators genügen, um die Fast Track in Anspruch nehmen zu können. (PWK456/DFS)
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