Wien/Zams (OTS) – Die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) begrüßt den heute seitens der Bunderegierung vorgestellten Plan, zusätzliche Maßnahmen des Corona-Infektionsmanagements in Stufen an der zusätzlichen Belastung der Intensivstationen durch COVID-19-Patientinnen und -Patienten zu orientieren.
„Wir haben seit Beginn der Pandemie darauf hingewiesen, dass die Entwicklung auf den Intensivstationen ein zentraler Kennwert für das Ausmaß der Krise ist. Der Weg vom Normalbetrieb zur Systemüberlastung geht in Schritten vor sich und muss daher immer im Auge behalten werden“, sagt ÖGARI-Präsident Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder (Krankenhaus St. Vinzenz, Zams). „Unsere Intensivstationen sind regelmäßig, auch ohne zusätzliche Belastungen, zu einem sehr hohen Maß belegt. Übersteigt die Zusatzbelastung durch COVID-19-Patientinnen und -Patienten oder andere krisenhafte Entwicklungen ein Ausmaß von 10 bis 15 Prozent, kann man sich im Krankenhaus nicht mehr im Rahmen der üblichen Routine bewegen, sondern muss schrittweise andere Leistungen zurückfahren. Es ist daher erfreulich, wenn die Bundesregierung jetzt vorsieht, die 10-Prozent-Marke als Auslöser für Zusatzmaßnahmen festzulegen.“
In Stufen zur potenziellen Versorgungskrise
Die ÖGARI hat zur Veranschaulichung der Situation in den Spitälern die 10:30:50-Regel beschrieben: Sind bis zu 10 Prozent der Intensivbetten einer Region (Österreich-weit sind es aktuell etwa 2.050) durch eine zusätzliche Belastung wie derzeit COVID-19 belegt, ist das noch kein Problem, und ein weitgehend unveränderter Normalbetrieb bleibt gewährleistet.
Zwischen 10 und 30 Prozent zusätzlicher Belegung durch COVID-19-Patientinnen und -Patienten müssen Maßnahmen zur Ressourcenentlastung ergriffen werden, zum Beispiel Überstunden oder das Verschieben bestimmter zwar wichtiger, aber nicht dringender Eingriffe. Bewegt sich dann die zusätzliche Belegung in den Bereich 30 bis 50 Prozent, kommt es in zunehmendem Maß zu Engpässen auf den Intensivstationen. Immer mehr geplante Operationen müssen längerfristig verschoben werden. Personal, insbesondere aus dem Anästhesiebereich, muss zur Unterstützung in den Intensivbereich verschoben werden. Reguläre Operationssäle werden für den Routinebetrieb gesperrt, zunehmend sind Überstunden und zusätzliche Nachtdienste erforderlich. Übersteigt die Zusatzbelastung 50 Prozent der Intensivbetten, muss der chirurgische Routinebetrieb im großen Maß eingeschränkt werden. Die Qualität der medizinischen Versorgung ist angesichts mangelnder Ressourcen herabgesetzt. Für manche Patientinnen und Patienten kann eine Versorgung auf gewohnt hohem Niveau nicht mehr durchgeführt werden. Der Normalbetrieb auf Intensivstationen ist nicht mehr für alle Patientinnen und Patienten garantiert, es kommt es schließlich zur viel zitierten „Triage“. Das System nähert sich schrittweise dem Kollaps.
Die Anästhesie- und Intensivmedizin-Fachgesellschaft richtet einmal mehr einen dringenden Impfappell an alle, die noch nicht gegen SARS-CoV-2 immunisiert sind. „Die Zahl der Menschen, die aufgrund einer COVID-19-Erkrankung auf Intensivstationen versorgt werden müssen, steigt rasch und stetig an. Das müsste nicht so sein. Die Datenlage ist klar, das Risiko eines schweren Verlaufs ist bei einer vollständigen Immunisierung verschwindend gering, geimpfte Intensivpatientinnen oder -patienten mit COVID-19 sind die absolute Ausnahme“, so der ÖGARI-Präsident. „Daher appellieren wir nochmals an alle Menschen, die noch nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft sind, das rasch nachzuholen. Überfüllte Intensivstationen schaden allen – COVID- und Nicht-COVID-Patientinnen und -Patienten.“
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