Tomaselli/Grüne: Heimlich, still und leise machte Türkis-Blau Politik für wohlhabende Freund*innen

Wien (OTS) – Vor etwas mehr als zwei Jahren steckte Österreich in einer veritablen Staatskrise. Das Ibiza-Video hat die türkis-blaue Bundesregierung aus dem Amt gefegt. Das Misstrauen der Bevölkerung war so groß, dass eine Regierung aus Expertinnen und Experten das Land führen musste. Der „Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung” ist angetreten, um das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen und einen politischen Selbstreinigungsprozess in Gang zu setzen.

Am Dienstag präsentierten die Grünen ihren Abschlussbericht zum U-Ausschuss unter dem Titel: “Inside Ibiza. Spenden, Chats und alles, was du willst.”

“In diesem Untersuchungsausschuss konnten wir herausarbeiten, welche Aussagen im Ibiza-Video nur Behauptungen waren und was Tatsachen. Was ekelhafte Angeberei, Selbstüberschätzung oder eine ‚b’soffene Geschichte‘ war. Und was Realität”, erklärt Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen im U-Ausschuss.

Politik für wohlhabende Freund*innen

Der Ibiza-Untersuchungsausschuss hat zahlreiche Belege dafür gefunden, welches politische System unter Türkis-Blau zwischen Dezember 2017 und Mai 2019 geherrscht hat: Eines, das vor allem für die eigenen, wohlhabenden Freund*innen da war und weniger für die Bedürfnisse der Bevölkerung.

“Die Akten legen Zeugnis ab, mit welchem Machtanspruch dieses politische System angetreten ist: Der Umbau der Republik zu eigenen Gunsten, nicht offen und transparent, sondern heimlich, still und leise. Nicht zuletzt haben die Chats ein Sittenbild von Politik gezeichnet, das viele Österreicherinnen und Österreicher lieber nicht gesehen hätten”, sagt Tomaselli. Und weiter: “Türkis-blau hat ein Parallelsystem installiert, um Politik zu machen, vorbei am Parlament, vorbei an jeder Kontrolle und vor allem: Vorbei an den Bedürfnissen der österreichischen Bevölkerung.”

Jüngstes Beispiel dafür sei die enge Nähe zur Versicherungswirtschaft. Wie Medienberichte kürzlich enthüllten, konnte sich die Versicherungsbranche unter Türkis-Blau quasi selbst ein gefälliges Gesetz schreiben. Das Ergebnis: die Aushöhlung des Rücktrittsrechts bei Lebensversicherungen. “Ein Schlag ins Gesicht für den österreichischen Mittelstand. Hunderttausende Menschen, die etwas zur Seite legen wollten, wurden schlechter gestellt, damit Versicherungen profitieren”, meint Tomaselli.

Neue Erkenntnisse zur Operation Edelstein

Heimlich, still und leise hätte auch der Verkauf der sensibelsten Daten der Österreicherinnen und Österreicher vonstattengehen sollen. Im U-Ausschuss haben die Auskunftspersonen die sogenannte “Operation Edelstein” – den geplanten Verkauf des Bundesrechenzentrums (BRZ) an die börsennotierte Post – des Öfteren mit dem vorbereiteten Wortlaut des “Brainstormings” abgetan. Auch wurde gerne darauf verwiesen, dass das Projekt, nachdem die Post heftig für ihren Umgang mit Daten kritisiert worden war, Anfang Jänner 2019 eingestellt worden sei.

Im Zuge der Berichtslegung ist das Team der Grünen auf neue Akten aus dem Finanzministerium gestoßen, die das Gegenteil beweisen. Darunter finden sich Memos aus dem Jahr 2019 oder eine PowerPoint-Präsentation mit genauer Vorgehensweise und Kommunikationskonzept – Stichwort „Brainstorming“. Tomaselli ist sich sicher, dass die “Operation Edelstein” kurz vor der Umsetzung stand. Auch ein Chat von Thomas Schmid weise auf konkrete Preisverhandlungen mit der Post hin. „Die türkis-blaue Regierung zeigt durch den rücksichtslosen Umgang mit unseren Daten auch in diesem Fall, dass nicht mit offenen Karten gespielt wurde. Dank des U-Ausschusses, wird das alles öffentlich“, sagt Tomaselli.

Was vom Ibiza-U-Ausschuss bleiben wird

Der Untersuchungsausschuss ist das höchste Kontrollorgan des österreichischen Parlaments. Er ist dazu da, Sachverhalte rund um Verwaltungshandeln aufzuklären und politische Verantwortung festzustellen. Das ist die sperrige Definition.

Tomaselli: “Die wahre Bedeutung eines Untersuchungsausschusses liegt vor allem in zwei Dingen: Einen politischen Selbstreinigungsprozess in Gang zu setzen und auf Grundlage der Erkenntnisse gute Beschlüsse im Nationalrat herbeizuführen.” In diesen beiden Punkten habe der Ibiza-Untersuchungsausschuss alle Erwartungen übertroffen:

  • Die Rücktritte und Suspendierungen in Justiz und ÖBAG gehören zum Selbstreinigungsprozess. Dazu geführt haben die Erkenntnisse aus dem Ibiza-Untersuchungsausschuss.
  • Abschaffung des Amtsgeheimnisses, ein Anti-Glücksspielpaket, neue Anti-Korruptionsbestimmungen und ein neues Parteiengesetz sind in Vorbereitung. Sie alle wären ohne den Ibiza-Untersuchungsausschuss in dieser Form nicht zu erwarten gewesen.

“Auch wenn es nicht allen passt: Am Ende des Ibiza-Untersuchungsausschusses wird die Republik ein Stück weit sauberer sein”, schließt Tomaselli ihren Bericht.

Der Ibiza-U-Ausschuss, das waren:

2,7 Millionen Aktenseiten
56 Sitzungen,
52 Befragungstage,
493 Stunden,
116 Befragungen,
105 Auskunftspersonen,
davon 84 Männer, und nur 21 Frauen,
davon 23 Politiker*innen, 19 Beamt*innen und 9 Staatsanwält*innen sowie 2 Polizisten,
9 Auskunftspersonen wurden zweimal befragt,
1 Auskunftsperson wurde dreimal befragt.
289 ergänzende Beweisanforderungen wurden wirksam,
36 Aufforderungen gemäß § 27 Abs. 4 VO-UA (sog. Rügen)

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