Wien (OTS) – „Jugendliche mit schwieriger Lebensgeschichte brauchen Begleitung über das 18. Lebensjahr hinaus“, macht die Diakonie auf ein Anliegen aufmerksam, das gerade in der Corona Zeit wichtiger denn je geworden ist. „Wir wissen aus anderen europäischen Ländern, dass diese längere Begleitung stark präventiv wirkt und Abstürzen vorbeugt“, fordert Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk, selbst Psychologe, das Jugendministerium auf, einen österreichweiten Plan vorzulegen: „Die Jugendhilfe auszubauen, steht im Regierungsprogramm. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, dieses Vorhaben auch umzusetzen. Damit jedes Kind gut aufwachsen kann“.
Jugendhilfe bis zum 24.Lebensjahr
„Diese jungen Erwachsenen tragen ein erhöhtes Risiko, an den Hürden des Erwachsenwerdens zu scheitern“, gibt Schenk zu bedenken. „Das hat negative Folgen für die Gesundheit, den Arbeitsplatz und die soziale Sicherheit“. Aktuell werden in Österreich aber nur ein geringer Teil der Maßnahmen der „vollen Erziehung“ der Jugendhilfe nach dem 18. Geburtstag verlängert. Die Zahlen schwanken noch dazu von Bundesland zu Bundesland.
Die Diskriminierung der sogenannten „Care Leaver“ ist kein österreichspezifisches Problem, doch in anderen Ländern hat man bereits reagiert: In Norwegen geht die staatliche Unterstützung bis zum Alter von 24 Jahren. In Deutschland können die Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe bis 26 Jahren verlängert werden, bis 21 kann man neu in eine Unterstützung hineinkommen. In Großbritannien muss zwei Jahre nach Beendigung der Maßnahme der Jugendliche aktiv kontaktiert werden, um zu sehen, ob Unterstützungsbedarf besteht.
Therapielücke schließen
„60.000 Kinder erhalten in Österreich nicht die für sie notwendigen Therapien. Es gibt zu wenig kostenfreie Therapieplätze oder elendslange Wartezeiten“, erinnert Martin Schenk an ein seit Jahren bestehendes Problem. Die meisten von ihnen konnten keine professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, einfach weil ihre Eltern sich diese nicht leisten können, sagt uns die Mental Health in Austrian Teenagers-Studie. Leistbare und verfügbare therapeutische Hilfen sind aber ganz entscheidend für das gute Aufwachsen von Kindern, die gesundheitliche Probleme haben. „Kinder brauchen Hilfe, wenn sie mit ihrem Alltag und mit sich selbst nicht mehr zu Recht kommen“, so Schenk. „Dazu muss der Zugang zu Psychotherapie erleichtert, Therapieangebote und psychosoziale Notdienste außerhalb der Ballungszentren ausgebaut werden. Es braucht den Lückenschluss von Psychotherapie, Physio- und Ergotherapie und Unterstützung für Kinder mit chronischen Erkrankungen“.
Unter Druck
Ein Teil der Kinder und Jugendlichen ist massiv unter Druck. „Wir merken das am Krisentelefon, in den mobilen Therapien, Jugendnotschlafstellen oder Wohngemeinschaften. Verschärft wird die Situation durch beengtes Wohnen und geringes Einkommen zu Hause“, so Schenk: Antworten können wir darauf therapeutisch – mit dem Angebot heilender Beziehungen, damit Kinder die Erfahrung wertschätzender und sicherer Bindung machen können. Und wir müssen sozialpolitisch antworten – mit finanzieller Existenzsicherung, leistbarem Wohnen und Maßnahmen gegen Bildungsungleichheit. Damit jedes Kinder gut aufwachsen kann.
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