Wien (PK) – Grünes Licht gab es im Justizausschuss heute für Regierungsvorlagen, in denen es zum einen um Anpassungen im Kartell-und Wettbewerbsrecht, zum anderen – mit einem Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz – um umweltfreundliche Straßenfahrzeuge in der öffentlichen Beschaffung geht.
Mit einer Ausschussfeststellung von ÖVP und Grünen, der sich auch die NEOS anschlossen, bringen die Abgeordneten darüber hinaus zum Ausdruck, dass die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde weiterhin im gewohnten Rahmen gewährleistet bleibe. Ein Antrag der SPÖ auf Verankerung der Bundeswettbewerbsbehörde im Justizministerium wurde vertagt.
Regierungsvorlage zum Kartell- und Wettbewerbsrecht
Mit der Regierungsvorlage zum Kartell- und Wettbewerbsrecht soll in Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Stärkung der nationalen Wettbewerbsbehörden der Kartellrechtsvollzug weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus soll das Kartellrecht an neuere Entwicklungen im Wirtschaftsleben angepasst, die Wettbewerbskommission gestärkt und die Entscheidungsgrundlagen für die Investitionskontrolle erweitert werden.
Das österreichische Kartellrecht entspreche schon jetzt hohen Standards, die sich am europäischen Kartellrecht orientieren, so die Vorlage (951 d.B.). Umsetzungsbedarf ergebe sich im Wesentlichen aus den Richtlinienbestimmungen für Geldbußen und Zwangsgelder sowie über diesbezügliche Zustellungs- und Vollstreckungshilfe. Überdies enthalte die Richtlinie detaillierte Bestimmungen über Kronzeugenprogramme und mache auch klarere Vorgaben über die Unabhängigkeit beim Vollzug durch nationale Wettbewerbsbehörden.
Darüber hinaus soll die demonstrative Aufzählung von Marktmachtkriterien um einige typische Tatbestände der Plattformökonomie erweitert werden, etwa was den Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten betrifft. Klargestellt werden soll im Hinblick auf Vermittler auf mehrseitigen digitalen Märkten unter anderem auch, dass das Konzept der relativen Marktmacht ein vom Konzept der absoluten Marktmacht unabhängiger Tatbestand ist, was eine Stärkung und Erweiterung des Konzepts der relativen Marktmacht darstelle, so die Erläuterungen. Ein in der Sitzung von ÖVP und Grünen eingebrachter und mitbeschlossener Abänderungsantrag beinhaltet redaktionelle Korrekturen.
Was die Ausschussfeststellung betrifft, soll Klaus Fürlinger (ÖVP) zufolge festgehalten werden, dass mit den gesetzlichen Grundlagen die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde im gewohnten Rahmen gewährleistet sei und Ermittlungen und Verfahren weder nach dem nationalen noch nach dem europäischen Kartell- oder Wettbewerbsrecht gefährdet werden. Ausdrücklich festgehalten werde im Wettbewerbsgesetz zudem, dass keine Auskünfte über laufende oder bevorstehende Hausdurchsuchungen verlangt werden können. Das Auskunftsrecht greife damit nicht in die Art und Weise der Ermittlungen oder der Entscheidungen der Behörde ein. Die Unterlagen der Zusammenschlussanmeldungen, die der Wirtschaftsministerin zu übermitteln seien, dürfen von selbiger nur für die Zwecke der Investitionskontrolle im Rahmen des Investitionskontrollgesetzes verwendet werden, so die Feststellung.
Als erklärtes Ziel der Regelungen nannte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, die Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Österreich im Hinblick auf Herausforderungen wie Digitalisierung, Ökosysteme und Globalisierung zu unterstützen. Mit der Regierungsvorlage gehe es um eine Stärkung der Wettbewerbsbehörde vor allem bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung des Wettbewerbsrechts. Durch die Einführung einer zweiten Inlandsschwelle würden 44% der Fusionsanmeldungen wegfallen, was zu Entlastung und Entbürokratisierung führen werde, so die Wirtschaftsministerin. Im Sinne der Ökologisierung verbessert würden außerdem die Möglichkeiten der Kooperationen auf Unternehmensebene. Im digitalen Umfeld soll sichergestellt werden, dass Marktmacht nicht missbraucht werde.
Justizministerin Alma Zadić hob als wichtige Punkte neben den Regelungen zur Marktmacht in der Digitalwirtschaft ebenso die Ökologisierung hervor, und zwar mit einer Ausnahme aus dem Kartellverbot, wenn es um „grüne“ Kooperationen gehe.
Selma Yildirim (SPÖ) unterstrich die Forderung eines SPÖ-Entschließungsantrags, die Bundeswettbewerbsbehörde als unabhängige Behörde im Bereich des Bundesministeriums für Justiz zu verankern (1567/A(E)). Eine Stärkung der Wettbewerbsbehörden würde auch eine Stärkung von deren Unabhängigkeit bedeuten, so die Argumentation. Es scheine aber derzeit eine klassische Unvereinbarkeit vorzuliegen, wenn die Wirtschaftsministerin ihre Rolle in erster Linie als „Anwältin der Betriebe“ und nicht als Hüterin des Rechtsstaates sehe, kritisieren die SozialdemokratInnen und beziehen sich unter anderem auf eine Novelle des Wirtschaftsministeriums zum Wettbewerbsgesetz, mit der eine neue Berichtspflicht der Bundeswettbewerbsbehörde festgelegt werden soll. Der Antrag wurde vertagt. Wirtschaftsministerin Schramböck sieht keinen Grund, wie sie sagte, die derzeitige Aufteilung der Rechtsmaterie auf Wirtschaftsministerium und Justizressort in Österreich zu ändern. In zahlreichen europäischen Ländern werde die Materie zur Gänze der Wirtschaft zugeordnet, auch auf EU-Ebene zähle der Bereich nicht zur Justiz. Sie verwies darauf, dass es sich nicht um ein Weisungsrecht, sondern um ein Auskunftsrecht handle und kein Interessenskonflikt bestehe.
Keine Zustimmung zur Regierungsvorlage gebe es seitens der NEOS, so Johannes Margreiter (NEOS). Er könne nicht erkennen, dass im Sinne des Auftrags der Richtlinie eine substanzielle Stärkung der Wettbewerbsbehörde bewirkt wird. Es komme zwar zu Verbesserungen, diese seien aber zu wenig weitreichend. In Summe sogar eine Schwächung der Wettbewerbsbehörde ortet Harald Stefan (FPÖ). Auch er ist wie die SPÖ der Meinung, den Bereich im Justizministerium einzugliedern, würde die Unabhängigkeit besser gewährleisten. Klaus Fürlinger (ÖVP) und Elisabeth Götze (Grüne) betonten, wichtig sei, dass Behörden unabhängig arbeiten, ganz gleich welchem Ministerium sie zugeordnet seien.
Regierungsvorlage für ein Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz
Mit breiter Mehrheit, ohne die Stimmen der FPÖ, wurde im Ausschuss ein neues Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz (941 d.B.) beschlossen. Damit soll in Umsetzung einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 die Verbreitung von sogenannten sauberen bzw. umweltfreundlichen und energieeffizienten Straßenfahrzeugen durch die Vorgabe von Mindestzielen für die öffentliche Beschaffung gestärkt werden. Vorgesehen ist ein einheitliches Quotensystem für alle AuftraggeberInnen, wobei die Mindestanteile an sauberen Straßenfahrzeugen nicht bei jedem Vergabeverfahren, sondern insgesamt innerhalb des jeweiligen Bezugszeitraumes (August 2021 bis Ende 2025 sowie 2026 bis 2030, danach fünfjährige Bezugszeiträume) erreicht werden müssen. Die Mindestanteile erhöhen sich demnach im zweiten Zeitraum. Die Vorgangsweise sei in Abstimmung mit den Ländern gewählt worden, wird in den Erläuterungen ausgeführt. Eine Übererfüllung der Mindestziele sei möglich. Erfasst sind etwa auch Vergaben zur Nachrüstung von Fahrzeugen zu sauberen Straßenfahrzeugen. Zahlreiche Fahrzeuggruppen sind explizit von der Regelung ausgenommen, wie etwa Zweiräder oder Krankenwägen.
Wenn die Mindestanteile nicht erreicht werden, hat die Bezirksverwaltungsbehörde eine angemessene Geldbuße zu verhängen. Die Einnahmen aus diesen Geldbußen müssen zweckgebunden für die Dekarbonisierung des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs eingesetzt werden.
Justizministerin Zadić bezeichnete das Gesetz als wichtigen Schritt im Kampf gegen die Klimakrise. Der Verkehrsbereich biete einen der stärksten Hebel, um Emissionen zu reduzieren. Die öffentliche Hand könne durch ihre Beschaffungen eine Vorreiterrolle übernehmen, um wirtschaftliche und technologische Entwicklungen anzukurbeln und die ökologische Wende zu ermöglichen.
Das sah auch Petra Bayr (SPÖ) so, weshalb man gegen das Gesetz grundsätzlich nichts sagen könne. Sie merkte jedoch an, dass es in der nachhaltigen Beschaffung generell noch viel zu tun gebe, etwa bei ökologischen und sozialen Aspekten in Lieferketten, und kritisierte, dass die Regierung hier nicht genug handle. Harald Stefan (FPÖ) äußerte sich skeptisch zum Gesetz. Es handle sich um starre Prozentsätze und es würde nicht zusammengedacht, was damit einhergehe.
Er könne die Skepsis nachvollziehen, sagte Rudolf Taschner (ÖVP). Es gebe jedoch Aspekte, die für den Antrag sprechen, wie etwa die Flexibilität und die Einbeziehung von Wasserstoff als zukunftsträchtige Antriebsmöglichkeit. Bettina Zopf (ÖVP) bezeichnete die Vorlage als Schritt in die richtige Richtung. Man könne nicht alles auf einmal lösen, sagte sie. Auch Ulrike Fischer (Grüne) zeigte sich der Ansicht, dass alles, was in Richtung Ökologie getan werde, gut sei. Hermann Weratschnig (Grüne) bezeichnete das Gesetz als wichtige Maßnahme, die die Dekarbonisierung voranbringe. Er sei überzeugt, dass die betroffenen AuftraggeberInnen die Ziele übererfüllen werden. (Schluss Justizausschuss) mbu
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