Brüssel (OTS) – „Wir brauchen doppelt so viele Hochgeschwindigkeitszüge bis 2030 und doppelt so viel Schienengüterverkehr bis 2050. Das gibt uns der European Green Deal vor. Die Grundvoraussetzung, um das zu erreichen, ist ein einheitliches europäisches Zugleitsystem ERTMS. Das gibt es an sich seit den 1990iger Jahren, die Umsetzung ist bis dato aber komplett unzureichend. Selbst auf den neun europäischen Kernnetz-Korridoren waren mit Ende 2020 nur 13 Prozent der Strecke mit dem System ausgestattet“, erklärt Barbara Thaler, Verkehrssprecherin der ÖVP im Europaparlament und stellvertretende Verkehrssprecherin der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), die Ausgangslage.
Thaler ist EVP-Verhandlungsführerin beim Forderungskatalog des EU-Parlaments zu ERTMS, der heute im Verkehrsausschuss abgestimmt wird: „Das Grundproblem der Eisenbahn ist: Züge können nicht einfach von einem Land ins nächste durchfahren, so unglaublich es klingt. Dazwischen müssen sie viele technische Hindernisse überwinden, deren Ursache ein Mangel an einem einheitlichen Leitsystem ist. Das macht die Schiene langsam und teuer, was ihre Attraktivität im Güter- und Personenverkehr beeinträchtigt.“
„Ziel von ERTMS ist, die Interoperabilität zwischen den nationalen Schienennetzen und dem grenzüberschreitenden Schienenverkehr herzustellen und die Einkaufskosten sowie Wartungskosten im Sektor zu verringern. Außerdem soll ERTMS die Sicherheit im Eisenbahnverkehr gewährleisten. Schlussendlich führt die Vereinheitlichung des Zugleitsystems zu einer Erhöhung der Kapazität der Infrastruktur und der Zuverlässigkeit. ERTMS ist also die Grundlage eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums und dafür, dass der Schienenverkehr wettbewerbsfähiger und somit rentabler wird“, sagt Thaler.
„Meine Hauptforderung sind verbindliche Ziele für den Ausbau von ERTMS mit Konsequenzen für die Nichteinhaltung. Zudem muss die Rolle des ERTMS-Koordinators gestärkt werden. Europäische Förderungen darf es nur mehr mit seiner Zustimmung geben. Und wir wollen gutes Verhalten belohnen: Eisenbahnunternehmen jener Mitgliedsstaaten, die 100 Prozent ihrer Lokomotiven erfolgreich mit der ERTMS-Basislinie 3 ausgestattet haben, sollen für 10 Jahre eine Ermäßigung von 75 Prozent den Gleiszugangsgebühren bekommen. Denn Investitionen müssen sich auszahlen. Nur so nimmt die Schiene endlich Fahrt auf und wird wettbewerbsfähig gegenüber der Straße“, sagt Thaler.
Der Österreichbezug ist für Thaler sehr deutlich: „Gestern ist die ÖBB mit ihrem ersten Nightjet die neue Strecke Wien/Innsbruck-Amsterdam gefahren. Eine tolle Sache und ich freue mich sehr über diese Initiative. Da in Europa aber so wenige Schienenkilometer mit ERTMS ausgestattet sind, ist das grenzüberschreitende Führen von Zügen kostspielig und mit vielen Hindernissen verbunden. Das liegt auch an der Blockade mancher Mitgliedsstaaten, die lieber ihre Betreiber beschützen, als echten Wettbewerb zuzulassen. Hier müssen wir ansetzen, denn nur so machen wir die Eisenbahn im nachhaltigen Mix der Verkehrsmittel salonfähig.“ (Schluss)
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