5. Mai, internationaler Hebammentag – Die Daten sprechen für sich: Investiert in Hebammen!

Wien (OTS) – Die Corona Pandemie zeigt es deutlich: Frauen brauchen Hebammen, die sie während der Schwangerschaft, bei der Geburt und in den ersten Monaten mit dem Baby betreuen. Gerlinde Feichtlbauer, Präsidentin des Österreichischen Hebammengremiums:
„Hebammen-Betreuung ist essenziell wichtig für werdende Mütter und das Leben mit dem Baby, gerade auch in Zeiten großer Verunsicherung, wie wir sie gerade erleben. Umso schlimmer ist es daher, dass in unserem Gesundheitssystem an allen Ecken und Enden Hebammen fehlen. In den Kreißzimmern sind wir meilenweit entfernt von einer Eins-zu-eins-Betreuung, wie sie sämtliche wissenschaftliche Studien empfehlen. Und nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, die heutzutage immer früher nach der Geburt erfolgt, haben wir nicht genug Hebammen für die Wochenbett-Betreuung – zumindest für Frauen, die sich keine Wahlhebamme leisten können.“

Drei Maßnahmen gegen den Hebammenmangel

Drei Schritte sind laut dem Hebammengremium notwendig, um den Hebammenmangel in Österreich zu beheben. Feichtlbauer: „Erstens müssen wir schnell mehr Hebammen ausbilden. Bewerberinnen gibt es genug, wir brauchen zusätzliche Studienplätze an den sieben FHs mit Hebammen Studiengängen. Außerdem brauchen wir mehr Kassenstellen in einzelnen Bundesländern. Diese fehlen dringend! Und drittens brauchen wir einen neuen Gesamtvertrag mit den Sozialversicherungen, der die Kassentarife für Hebammen deutlich anhebt und auch strukturelle Veränderungen schafft wie z.B. Teilzeit-Kassenstellen und Hebammen in Primärversorgungseinheiten.“ Zu allen drei Punkten lägen die Zahlen und die Forderungen des Hebammengremiums schon längere Zeit auf dem Tisch. Jetzt sei es höchste Zeit, dass sich die Sozialversicherungsträger und die Landesregierungen zu raschen Maßnahmen durchringen.

Erstens müssen mehr Hebammen ausgebildet werden.

Dafür müssen die Landesregierungen zusätzliche Studienplätze an den sieben Fachhochschulen mit Hebammen-Studiengängen in Österreich finanzieren.

Tabelle 1: Hebammen Studierende an den Fachhochschulen in Österreich, siehe beiliegendes PDF

Heuer im Sommer werden bestenfalls 144 Hebammen ihr Studium abschließen. Das sind dem Hebammengremium zufolge zu wenige, um den akuten Hebammenmangel in den Krankenhäusern und in der freien Praxis zu beheben.

Zweitens braucht es mehr Kassenstellen für Hebammen.

In einigen Bundesländern braucht es sehr viel mehr Kassenstellen, in anderen scheitert die flächendeckende Versorgung der Frauen und der Kinder nicht an zu wenig Kassenstellen, sondern an den wenig attraktiven Kassenverträgen.

„Frauen und ihre Neugeborenen verlassen das Krankenhaus heute sehr früh nach der Geburt. Diesen Trend haben wir schon vor Corona festgestellt, aber die Pandemie hat ihn verstärkt“, sagt Gerlinde Feichtlbauer, Präsidentin des Österreichischen Hebammengremiums. „Eine gesunde Mutter und ihr gesundes Baby können das Wochenbett ruhig zu Hause verbringen. Aus medizinischer Sicht ist das – auch unabhängig von Corona – absolut zu empfehlen, wenn die beiden gut betreut werden. Sie nach Hause zu entlassen und dort dann allein zu lassen, mit allen Fragen und eventuell auftretenden Problemen, ist ganz sicher keine gute Lösung und führt zu Folgebesuchen im Krankenhaus“, erklärt Feichtlbauer und sie führt weiter aus:
„Hebammen-Betreuung im Wochenbett ist eine Leistung der Krankenkassen in Österreich, auf die die Frauen Anspruch haben. Leider hängt es in der Praxis aber oft vom Wohnort ab, ob eine Frau eine Kassenhebamme für die Wochenbett-Betreuung finden kann oder nicht. Es gibt nämlich in vielen Bundesländern bei weitem nicht genug Kassenhebammen und das Österreichische Hebammengremium fordert schon lange, dass die Krankenkassen diesen Hebammenmangel dringend beheben!“

Tabelle 2: Entwicklung der Hebammen Kassenverträge in den Bundesländern, seit 1997, siehe beiliegendes PDF

Tabelle 3: Geborene pro Kassenhebamme nach Bundesländern, siehe beiliegendes PDF

Österreichweit kommt im Durchschnitt auf 331 Geborene ein Hebammen-Kassenvertrag. Feichtlbauer: „Man kann davon ausgehen, dass eine Vollzeit arbeitende Hebamme in der freien Praxis pro Jahr 120 bis 140 Frauen und Neugeborene versorgen kann. Wir sind also schon mit dem österreichweiten rechnerischen Schnitt von 331 Geburten pro Hebamme weit davon entfernt, dass jede Frau ihren Anspruch auf eine Kassenhebamme im Wochenbett einlösen könnte. Ganz krass ist der Kassenhebammenmangel jedoch in Wien und in Vorarlberg. Da liegt die errechnete Quote bei 700 bzw. mehr als 800 Neugeborenen pro Hebamme, und das ist eine gravierende Unterversorgung der Frauen und Kinder.“

Diesen gravierenden Mangel dringend zu beheben, fordert das Österreichische Hebammengremium von den Sozialversicherungsträgern. Feichtlbauer: „Wir haben eine gute Gesprächsgrundlage mit den Verantwortlichen bei den Krankenkassen. Das haben auch die Regeln für die Hebammenarbeit in der Corona Pandemie gezeigt, die wir ganz schnell beschließen konnten. Ich bin daher zuversichtlich, dass die Verantwortlichen im Gesundheitssystem schnell erkennen werden, dass Kassenverträge für die extramurale Wochenbett-Betreuung nicht nur medizinisch gesehen, sondern auch im Sinne der Kosteneffizienz eine gute Entscheidung sind.“

Drittens braucht es bessere Kassentarife für Hebammen.

Der Kassentarif für einen Hausbesuch im Wochenbett beträgt aktuell 40 Euro. Dazu kann die Kassenhebamme 10 Euro so genannte Strukturpauschale für Administration, Dokumentation und Qualitätssicherung verrechnen und das amtliche Kilometergeld. Angesichts des Zeitaufwands ist dieser Tarif für Gerlinde Feichtlbauer eindeutig zu niedrig: „Die ersten Visiten im Wochenbett dauern rund eine Stunde, oft auch länger. Wir Hebammen betreuen sowohl die Frau als auch das Kind. Wir untersuchen beide und kontrollieren, dass alles gesund verläuft – zum Beispiel die Rückbildung -, und dass sich das Neugeborene gut entwickelt, dass das Stillen bzw. Füttern gut klappt, wir verabreichen Prophylaxen usw. Und natürlich haben die Frauen viele Fragen, machen sich auch Sorgen und da geben wir die richtigen Antworten.“

Damit Kassenhebammen, die Vollzeit in der freien Praxis arbeiten, von ihrem Beruf leben können, müssten die Kassentarife deutlich erhöht werden. Doch es geht nicht nur um höhere Tarife, sondern auch um flexiblere Verträge, zum Beispiel um Teilzeit-Kassenverträge. Das kann attraktiv sein, wenn die Hebamme Mutter kleiner Kinder ist und noch nicht Vollzeit arbeiten möchte oder wenn sie eine Teilzeitanstellung im Krankenhaus mit der freien Praxis verbinden will. Leider gibt es immer noch Bundesländer, die ausschließlich Vollzeit-Kassenverträge vergeben. Eine weitere Möglichkeit sieht das Gremium in der besseren Integration von Hebammen in PVE (Primärversorgungseinheiten). Wenn der Bedarf an Hebammenbetreuung zu Hause nicht gedeckt werden kann, könnte es hilfreich sein, den Müttern andere Möglichkeiten anzubieten.

„Insgesamt werden wir einen neuen, zeitgemäßen Gesamtvertrag mit dem Dachverband der Sozialversicherungsträger brauchen. Hebammenarbeit hat sich stark verändert in den letzten 20 Jahren. Dem muss der Gesamtvertrag Rechnung tragen. Darüber verhandeln wir schon sehr lange und ich hoffe wirklich sehr, dass das einer der wenigen positiven Effekte der Corona Pandemie sein könnte: Vielleicht erkennen die Entscheidungsträger nun, wie wichtig und gleichzeitig kosteneffizient Hebammenarbeit ist“, sagt Gerlinde Feichtlbauer und verweist noch einmal auf das weltweite Motto des Internationalen Hebammentags 2021 am 5. Mai: „Die Daten sprechen für sich – Investiert in Hebammen!“

Seit 1991 findet jedes Jahr am 5. Mai der Internationale Hebammentag statt. Weltweit machen Hebammen an diesem Tag auf ihren Berufsstand und seine Leistungen sowie auf aktuelle Probleme aufmerksam.

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