Wien (PK) – Die SPÖ richtete im Nationalrat einen Dringlichen Antrag an die Bundesregierung, um den MAN-Standort in Steyr zu retten. Alois Stöger (SPÖ) forderte von der Regierung Standortsicherung und sah eine Minderheitsbeteiligung der ÖBAG als Lösungsweg. Während im Nationalrat Einigkeit herrschte, die Arbeitsplätze in Steyr sichern zu wollen, entstand eine rege Diskussion über das weitere Vorgehen. Für Bundeskanzler Sebastian Kurz sei oberstes Ziel, die Arbeitsplätze zu retten. Bei der Abstimmung blieb der Antrag der SPÖ in der Minderheit.
Stöger (SPÖ): Regierung missachtet Standortsicherung
Alois Stöger warf der Regierung vor, ihren gesetzlichen Auftrag zur Standortsicherung zu missachten. Konkret geht es um die Schließung des MAN-Werks in Steyr. Bei MAN in Steyr seien aktuell 2.356 MitarbeiterInnen beschäftigt. 2019/2020 sei aufgrund einer Forderung der Betriebsräte vom MAN-Vorstand ein bis Ende 2030 gültiger Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag unterzeichnet worden, so Stöger. Mit 30. September 2020 kündigte der MAN-Vorstand diesen Vertrag und plant nun, das Werk in Steyr zu schließen. VW/MAN führe dazu Übernahmeverhandlungen mit dem Investor Siegfried Wolf. Aufgrund der schlechten Bedingungen für die Beschäftigten hätten diese das vorliegende Angebot des Investors in einer Urabstimmung am 07.04.2021 mit einer Ablehnung von 63,9% zurückgewiesen, wie im Dringlichen Antrag geltend gemacht wird. Stöger kritisierte neben der „fragwürdigen“ Schließung, die in juristischer Sicht zu klären sei, auch das fehlende Agieren der Regierung.
Von der Regierung forderte die SPÖ daher umgehend alle notwendigen Maßnahmen, um den durch den VW/MAN-Konzern von der Schließung bedrohten LKW-Produktionsstandort in Steyr zu erhalten und damit 8.000 Arbeitsplätze in der Region zu sichern. Als Problemlösungsstrategie nannte Stöger eine staatliche Minderheitsbeteiligung gemäß des ÖIAG-Gesetzes. VW/MAN forderte er dazu auf, alle vorliegenden Konzepte fair zu prüfen – insbesondere jene mit Fokus auf grünen Technologien.
Kurz: Oberstes Ziel ist Sicherung der Arbeitsplätze
Für Bundeskanzler Sebastian Kurz ist es das oberste Ziel, die Arbeitsplätze des Standorts zu sichern, wie er im Nationalrat sagte. Laut Kurz sollen Pakete geschnürt werden, um den Standort attraktiver zu machen und damit ein Maximum an Arbeitsplätzen zu sichern. Aus der Geschichte Österreichs gehe aber hervor, dass Verstaatlichungen nicht immer zum gewünschten Ziel führen, betonte er und sprach sich gegen den Vorschlag der SPÖ aus.
Kurz trat für den Austausch des Konzerns mit allen Übernahmeinteressenten ein, hob aber hervor, dass eine Einigung mit der Belegschaft derzeit fehle. In Bezug auf einen Rechtsstreit führte er aus, dass dieser keine Gewissheit gebe, die Arbeitsplätze zu retten. Bedauerlich fand Kurz, dass die Zahl der Interessenten überschaubar sei. Wichtig sei, dass jetzt alle ihre Konzepte vorlegen könnten. Grundsätzlich gab sich der Kanzler optimistisch, eine Lösung zu finden, um an dem Standort weiterhin wettbewerbsfähig produzieren zu können.
Schramböck und Kocher appellieren, an den Verhandlungstisch zurückzukehren
Alle teilen das Ziel, dass es ein zukunftssicheres Konzept, Innovation und den Erhalt der Arbeitsplätze für Steyr brauche, unterstrich Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Die Ministerin nannte Novartis in Kundl und Infineon in Kärnten als Beispiele, dass der Schulterschluss zwischen Gemeinde, Länder und Sozialpartnern funktionieren kann. Das zeige auch, dass es Instrumente gibt, die MitarbeiterInnen vor Ort zu unterstützen, nicht zuletzt auch durch die Aufstockung der Investitionsprämie auf 5 Mrd. €. Für Steyr sei wichtig, dass jetzt alle an den Verhandlungstisch zurückkehren, um für eine Lösung gemeinsam an einem Strang zu ziehen, so Schramböck. Sie erinnerte an ein konkretes Konzept, das am Tisch liege und das es gelte, ins Ziel zu bringen – wenn auch nicht mit MAN mit jemand „Neuem“, damit es gelinge, die Arbeitsplätze in Österreich zu halten.
Im Hinblick auf die Pandemie, aber auch bei Herausforderungen wie in Steyr gelte es, möglichst Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen, bekräftigte auch Arbeitsminister Martin Kocher. Er verstehe die Sorgen bzw. die Verärgerung der MitarbeiterInnen. Ein nächster Schritt bedeute aber, weiter im Gespräch zu bleiben. So gelte es, aus den verschiedenen Vorschlägen den besten zu wählen. Es brauche ein nachhaltiges Konzept und die Bereitschaft aller Beteiligten, um Arbeitsplätze und den Standort zu sichern, appellierte Kocher an alle, an der Lösung mitzuarbeiten.
SPÖ: MAN als Chance, die es zu ergreifen lohnt
Pamela Rendi-Wagner sah MAN als Chance bei der Transformation der Wirtschaft in Richtung Ökologisierung, die es zu ergreifen lohne. Sie warb dafür, nachhaltige Politik zu betreiben. MAN habe in den letzten Jahren Gewinne erzielt, hob sie hervor und kritisierte die Entscheidung, den Standort zu schließen. Es sei „nicht OK, den Standort nicht zu halten“, nachdem in der aktuellen Krise Hilfen und Förderungen von Österreich bezogen wurden. Die SPÖ-Abgeordnete forderte daher, den Standort zu retten, um eine Abwanderung nach Polen zu verhindern. Denn damit würde ein Wertschöpfungsverlust von über einer Milliarde Euro entstehen und jahrzehntelanges Know-how verloren gehen. „Schöne Worte“ der MinisterInnen würden den MitarbeiterInnen in Steyr nicht helfen, meinte Rainer Wimmer (SPÖ). Es gehe um 8.000 Arbeitsplätze und die Regierung rühre keinen Finger, so sein Vorwurf.
ÖVP: Verstaatlichungen helfen nicht
Die ÖVP setze sich für jeden Arbeitsplatz ein, unterstrich Peter Haubner (ÖVP). Österreich sei ein attraktiver Wirtschaftsstandort, der attraktive Bedingungen liefere. Verstaatlichungen würden nicht helfen, das Problem langfristig zu lösen, ging der Abgeordnete mit Kanzler Kurz einher. Vielmehr bedürfe es eines unternehmerischen Konzepts. Ohne MAN fehle das Produkt, so Haubner, der von der SPÖ wissen wollte, woran der Staat sich beteiligen und was verstaatlicht werden soll. Die wichtigste Rolle der Politik sei jetzt, Gesprächsbereitschaft herzustellen, fügte Johann Singer (ÖVP) hinzu. Selbige habe keine Entscheidungsgewalt, so Singer, der den Vorwurf nicht nachvollziehen kann, dass die Bundesregierung nichts tue.
FPÖ: Bundesregierung soll aktiv werden
Einen Appell an die Bundesregierung, aktiv zu werden, setzte auch die FPÖ. Am Standort werden kleine LKWs für die letzte Meile gefertigt, sagte Gerhard Deimek, die Rettung der Arbeitsplätze in Steyr sei dringend. Der ÖVP hielt er vor, Ankündigungen zu verlautbaren, aber es mangle an Umsetzungen; sowohl in der Materie selbst als auch in Bezug auf die Standortpolitik. Mittel müssten sinnvoll eingesetzt werden, so Deimek, der es nicht für zielführend hielt, sich zu überteuerten Preisen in den Standort einzukaufen, da die Entscheidung, den Standort zu schließen, bereits getroffen sei. Die Situation in Steyr stelle weder ein Ruhmesblatt für die Sozialpartner, noch für die Bundesregierung dar, konstatierte Peter Wurm (FPÖ). Außerdem werde Steyr aus seiner Sicht eventuell auch ein „Opfer der EU“ sein, etwa wenn die Produktion nach Polen abwandere, stellte er in den Raum.
Grüne für Prüfung der Alternativen – über öffentliche Beteiligung nachdenken
Die ablehnende Haltung der Belegschaft gegenüber der Übernahme sei nachvollziehbar, zollte Markus Koza (Grüne) der Entscheidung Respekt. Diese wäre neben einem Stellenabbau auch mit einer 15%-igen Einkommenskürzung für das bleibende Personal einhergegangen – ohne Beschäftigungsgarantie. Es sei ein Fehler gewesen, die alternativen Angebote nicht zu prüfen, unterstrich er. Bei einem nachhaltigen Projekt sollte auch die öffentliche Hand über eine Beteiligung nachdenken, so Koza. Die Belegschaft habe sich gegen das Konzept von Herrn Wolf entschieden, was Elisabeth Götze (Grüne) im Hinblick auf eine unsichere Zukunft, aber auch auf Kürzungen als nachvollziehbar bezeichnete. Es brauche insgesamt jedenfalls eine Umorientierung, etwa im Hinblick auf E-Mobilität und Wasserstoff, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.
NEOS: Mehr privat, weniger Staat
Seitens der NEOS plädierte Josef Schellhorn einmal mehr für das Motto: Mehr privat, weniger Staat. Schellhorn trat damit nicht nur gegen Verstaatlichungen sondern auch gegen Doppelförderungen und zu große Eingriffe durch den Staat ein. Er appellierte für eine vernünftige Standortpolitik, Reformen der Wirtschafts- und Standortpolitik, Deregulierungsprogramme, Kürzungen der Lohn-Nebenkosten und Programme, um neue Unternehmen zu schaffen. Der ÖVP warf Schellhorn eine reine Ankündigungspolitik vor, der keine Handlungen nachgehen würden. Als Beispiel anzuführen, dass das Novartis-Werk in Kundl gerettet sei, bezeichnete Felix Eypeltauer (NEOS) als „Show“ der Ministerin. Während andernorts schon länger neue Technologien angesiedelt werden, würden sich die Bundesregierung und die oberösterreichische Landesregierung auf alten Lorbeeren ausruhen, forderte er „konkrete Politik statt Rhetorik und Inszenierung.“ (Fortsetzung Nationalrat) gla/mbu
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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