Frauen von der Corona- und Arbeitsmarktkrise überdurchschnittlich betroffen

Wien (OTS) – Frauen sind von der Corona Krise am Erwerbsarbeitsmarkt besonders betroffen: Mit 40,2 Prozent war der Anstieg der Arbeitslosigkeit unter Frauen im Februar 2021 gegenüber dem Vorjahr deutlich höher als bei Männern (+24,6%). Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Langzeitbeschäftigungslosen: Die Zahl der Frauen, die seit über einem Jahr ohne Erwerbsarbeit sind, hat sich im Vergleich zum Vorjahr mit einem Plus von 47% fast verdoppelt.

„Wir erleben ein großes Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern am Arbeitsmarkt. Corona verstärkt das vorhandene Gefälle im Bereich der Verteilung, Wertschätzung und Entlohnung von Arbeit und drängt uns zum raschen Handeln: Die Rahmenbedingungen in Branchen, in denen Frauen überproportional vertreten sind – etwa Pflege, Gesundheit, Bildung, Assistenzberufe – müssen sich verbessern“, zeigt sich Schifteh Hashemi, Geschäftsführerin von arbeit plus, besorgt und fordert die Politik zum Gegensteuern auf: „Wir brauchen dringend einen Ausbau der sozialen Infrastruktur, an Lebensphasen orientierte Arbeitszeitmodelle, bessere Entlohnung von systemrelevanten Berufen und eine zukunfts- und frauenorientierte Gestaltung arbeitsmarktpolitischer Instrumente.“

Bereits vor der Krise waren Frauen am Erwerbsarbeitsmarkt strukturell benachteiligt, wie arbeit plus im vor einem Jahr veröffentlichen [Themenpapier] (https://bit.ly/2PIXGB7) „Frauen am Erwerbsarbeitsmarkt“ ausführlich dargestellt hat: Fast die Hälfte aller Frauen arbeitet in Teilzeit, hauptsächlich aufgrund von Betreuungspflichten gegenüber Kindern oder älteren Angehörigen. Branchen mit hohem Frauenanteil, wie etwa das Gesundheits- und Sozialwesen, sind gleichzeitig Branchen mit der geringsten Entlohnung. Der Gender Pay Gap ist in Österreich nach wie vor Realität: gemessen an den Bruttostundenlöhnen verdienen Frauen im Schnitt 20% weniger als Männer. Die schlechtere Entlohnung führt nicht nur zu einem geringeren Arbeitslosengeld, sondern birgt die Gefahr von Armutsgefährdung und Altersarmut. Nach wie vor sind 17% der Frauen über 65 armutsgefährdet – fast doppelt so viele wie Männer in derselben Altersgruppe. Durch die Krise werden diese Benachteiligungen weiter verschärft.

Gleichzeitig leisten Frauen weiterhin einen Großteil der unbezahlten Arbeit und sind häufig den enormen Belastungen durch Home Schooling in Kombination mit Home Office ausgesetzt. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien zeigt, dass Frauen in Paarhaushalten mit Kindern im ersten Lockdown täglich rund 14,25 Stunden arbeiteten, knapp 9,5 davon unbezahlt. Männer in der Vergleichsgruppe dagegen arbeiteten insgesamt kürzer (13,75 Stunden), ein geringerer Teil davon (7 Stunden) entfiel auf unbezahlte Arbeit. Am stärksten belastet waren Alleinerzieherinnen, die durchschnittlich 15 Arbeitsstunden täglich leisteten. Dass die Möglichkeit für Home Office allein Gleichstellung fördert und zu einer fairen Aufteilung der Sorgearbeit führt, hat sich als Illusion erwiesen.

„Die übermäßige Belastung von Frauen durch die Krise muss für die Politik Anstoß sein, endlich mutige Gleichstellung am Arbeitsmarkt umzusetzen“, so Manuela Vollmann, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus und Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA.

Die Sozialen Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus setzen sich seit mehr als 30 Jahren für Gleichstellung ein. Sie bieten geschlechtersensible (Bildungs-)beratung, Coaching und Berufsorientierung für Mädchen und junge Frauen sowie geförderte Arbeitsplätze und arbeitsplatznahes Lernen für vormals langzeitbeschäftigungslose Frauen. Damit diese Angebote Wirkung erzielen, braucht es strukturelle Veränderungen und gezielte (arbeitsmarkt-)politische Maßnahmen, um bestehenden Benachteiligungen entgegenzuwirken.

„Die Politik muss geeignete Strukturen schaffen, um gute Arbeit für Alle zu ermöglichen“, zeigt sich Vollmann überzeugt. Dazu gehört der flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuung ebenso wie die Einführung flexibler Lebensarbeitszeitmodelle, um Erwerbs- und Sorgearbeit bedarfsgerecht verteilen zu können. „Es gibt auch im Jahr 2021 noch viel zu tun – aber wann, wenn nicht jetzt ist der richtige Zeitpunkt für mutige Gleichstellungspolitik gekommen?“, plädiert Manuela Vollmann abschließend.

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