GW/Jungwirth: Härtefallfonds – Zahlen sind alarmierend und existenzbedrohend

Wien (OTS) – Während WK-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf die Treffsicherheit des Härtefallfonds bejubelt und SVS-Obmann Peter Lehner im Kurier-Interview die Nachforderung der SVS-Zahlungen flapsig begründet, schüttelt Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft, den Kopf über diese weltfremde, abgehobene Sicht und fordert dringend weitere Maßnahmen:

„Die eben veröffentlichten Zahlen zum Anstieg der Ansuchenden beim Härtefallfonds sind alarmierend. Immer mehr Kleinstunternehmen geht die Luft aus. Die Reserven sind aufgebraucht, die Auftragslage ist in einigen Branchen dramatisch eingebrochen bzw. gab es Bereiche, in denen seit März praktisch keine Aufträge vorhanden oder umsetzbar waren. Die Höhe der Auszahlungen beim Härtefallfonds liegt bei den allermeisten gerade einmal knapp über der Mindestsicherung. Das geht sich auf die Dauer aber für die meisten nicht aus. Wenn dann auch noch die Sozialversicherungsbeiträge von 2020 im April (Ende der Stundungsfrist) nachgefordert werden, sehe ich schwarz!“

Und weiter: „Wenn SVS-Obmann Lehner flapsig meint, dass die SVS-Nachforderungen jetzt gerechtfertigt sind, weil jede verschobene Insolvenz das wirtschaftliche Umfeld schädige, so strotzt das vor Empathielosigkeit und Arroganz gegenüber den Versicherten seiner SV-Anstalt“, ärgert sich Sabine Jungwirth über die Aussagen im heutigen Kurier-Interview.

Die Grüne Wirtschaft fordert daher dringend weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Kleinstunternehmen in 3 Bereichen:

1. Vollständiger Entfall der Nachzahlungen für die SVS in den
Härtefallfonds-Bezugsmonaten einschl. fiktiver Weiterversicherung der
Selbständigen auf dem Niveau ihrer Versicherung in den
Vergleichszeiträumen 2019. Die Finanzierung muss über die Mittel der
Krisenbewältigungsfonds kommen.

2. Novellierung des Insolvenzrechts: Zur Insolvenzbedrohung gab es
zuletzt Zahlen von der Nationalbank, wo man von mehr als 50.000
möglichen Insolvenzen ausgeht. Ein großer Teil davon werden
Kleinstunternehmen sein. Bei EPU folgt häufig im Fall einer Insolvenz
auch eine Privatinsolvenz. Die Europäische Union hat in ihren
Empfehlungen zur Umsetzung der Restrukturierungslinie deshalb auch
die Festsetzung einer einheitlichen Entschuldungsfrist empfohlen. Die
Grüne Wirtschaft drängt deshalb darauf, dies auch entsprechend in
Österreich umzusetzen und die Frist sowohl bei Firmen- als auch
Privatinsolvenzen einheitlich zu verkürzen, damit leichter wieder
durchgestartet werden kann (Stichwort 2. Chance). „Gerade bei
Einzelunternehmer*innen und v.a. bei EPU sind Unternehmensschulden
und Privatschulden meist nicht auseinanderzudröseln“, so Sabine
Jungwirth.

3. Verbesserung der Bedingungen bei der Arbeitslosenversicherung für
Selbständige: Schon im Herbst wurde anhand eines Berichts der
Wirtschaftskammer zum Härtefallfonds deutlich, dass ein Anteil von
ca. 10% der Antragstellenden während der Zeit seit März 2020
durchgängig um Unterstützung aus dem HFF angesucht hat und weitere 9%
in fast allen Monaten angesucht haben. Diese Daten lassen erahnen,
dass die Unternehmer*innen, die so oft ansuchen mussten, auch die am
härtesten getroffenen Kleinstunternehmer*innen in den vergangenen
Monaten waren. Also sind grob geschätzt 30.000 bis 40.000 Personen in
ihrem unternehmerischen Tun durchgängig massiv beeinträchtigt und
sehr verzweifelt. Die aktuellen Zahlen sind ein Hinweis darauf, dass
die Situation noch schlechter geworden ist!

Zur Erinnerung: Man muss als Anspruchsvoraussetzung mind. 50% Umsatzeinbruch im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 vorweisen, vom behördlichen Betretungsverbot betroffen sein (was de facto meistens einen mind. genauso hohen Umsatzeinbruch, zumeist sogar 100% bedeutet) oder die laufenden Kosten nicht mehr decken können (das bedeutet ebenfalls: keinen ausreichenden Umsatz zu erwirtschaften).

„Ich denke, dass also gerade diese 10-19% die am stärksten gefährdete Gruppe jener darstellen, die es bald nicht mehr schaffen ihr Leben zu finanzieren. Genau für diese braucht es zusätzliche Möglichkeiten sich wieder neu auszurichten. Da könnte auch der vorübergehende Bezug von Arbeitslosengeld eine Option sein, insbesondere wenn diese Zeit für Schulungen genutzt wird. Fortbildung ist für kleine Selbständige nämlich oft nicht leistbar, weil zu den Kosten der Kurse auch die aufgewendete Zeit finanziert werden muss“, sagt Sabine Jungwirth. Und weiter: „Ich habe mir deshalb die Bedingungen, unter denen Unternehmer*innen um Arbeitslosengeld ansuchen können, angesehen und einige wesentliche Defizite in den geltenden Regeln gefunden. Diese zu beseitigen ist nun Gebot der Stunde. Hier ist der neue Arbeitsminister gefordert!“

Hier geht es zu den [Vorschlägen der Grünen Wirtschaft zur Verbesserung der Arbeitslosenversicherung für Selbständige]
(https://www.gruenewirtschaft.at/2020/10/28/arbeitslosenversicherungs
gesetz-praxistauglich-gestalten/) im Detail.

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