Wien (OTS) – Die COVID-19-Pandemie war das bestimmende Menschenrechtsthema im Jahr 2020: Während die Krise vielerorts das Beste aus den Menschen hervorgebracht hat, verschärfte sie auch bestehende Menschenrechtsprobleme.
So zeigte COVID-19 unter anderem gravierende Probleme und Herausforderungen beim Zugang zu Gesundheit auf: Weltweit starben Hunderttausende Menschen, Millionen erlitten große Verluste, weil sie nicht die gleiche Gesundheitsversorgung oder nicht den gleichen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen wie andere hatten. An der Debatte über Impfstoffe – unter welchen Bedingungen und zu welchem Preis Menschen Zugang zu ihnen bekommen – spitzt sich diese Problematik aktuell zu.
„Milliarden von Menschen sind in den nächsten Monaten mit der Frage konfrontiert, unter welchen Bedingungen und zu welchem Preis sie Zugang zu Impfstoffen bekommen. Regierungen weltweit, auch die in Österreich, sind gefordert, menschenrechtskonforme Lösungen für die Menschen zu finden. Dazu gehört, international zusammenzuarbeiten und sich für eine globale Verteilungsgerechtigkeit einzusetzen”, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, und sagt weiter:
„Die COVID-19-Pandemie ist eine globale Herausforderung. Wenn die vergangenen Monate in der Krise eines gezeigt haben, dann dass Egoismus und rein nationale Vorstöße uns alle nicht weiterbringen. Impfstoffe, die vor COVID-19 schützen, sind kein Luxusprodukt, sondern eine Voraussetzung, um zu überleben. Der Zugang zu diesen Impfstoffen darf sich nicht danach richten, wer am meisten bezahlt. Alle Menschen, egal, ob sie ihn sich leisten können oder nicht, müssen rasch und unkompliziert Zugang zu diesen überlebenswichtigen Gesundheitsmaßnahmen haben.”
Während Staaten dafür sorgen müssen, dass Menschen Zugang zu Impfungen haben, müssen Impfungen grundsätzlich freiwillig sein. Wenn es Impfregelungen gibt, müssen diese stets mit internationalen Menschenrechtsstandards vereinbar sein. Personen, die eine Impfung ablehnen, dürfen nicht strafrechtlich verfolgt, diskriminiert oder vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. „Transparente Informationen und Beratung sind in den nächsten Monaten besonders wichtig – auch für jene, die möglicherweise kein Vertrauen in einen Impfstoff haben”, sagt Annemarie Schlack.
Menschen in wichtigen Berufen im Stich gelassen – sichere und gesunde Arbeitsbedingungen gefordert
In den letzten Monaten haben viele Menschen Unglaubliches geleistet, ihre Gesundheit und ihr Leben riskiert, um andere zu versorgen oder zu schützen. „Angesichts der großartigen Taten von Ärzt*innen, Pfleger*innen, Supermarktverkäufer*innen oder Angestellten bei Logistikbetrieben macht es wütend, wenn Regierungen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen und Menschen im Stich lassen”, sagt Annemarie Schlack.
Regierungen auf der ganzen Welt versagten in den vergangenen Monaten, Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens angemessen zu schützen, etwa mit ausreichender Schutzausrüstung:
[Amnesty-Recherchen zeigten, dass weltweit Tausende Mitarbeiter*innen im Gesundheitssektor nach einer Ansteckung mit COVID-19 gestorben sind]
(https://www.amnesty.at/news-events/amnesty-analyse-mehr-als-7000-bes
chaeftigte-des-gesundheitswesens-starben-an-covid-19/). Besonders hohe Todeszahlen stellte Amnesty in Mexiko, den USA und Brasilien fest.
In Österreich hatten Menschen, die a-typisch oder prekär beschäftigt sind, wie beispielsweise Erntehelfer*innen, Leiharbeiter*innen oder Asylberechtigte, [nicht die Möglichkeit, sich bei der Arbeit angemessen vor dem Coronavirus zu schützen.]
(https://www.amnesty.at/presse/soziale-menschenrechte-covid-19-amnest
y-fordert-verfassungsaenderung-in-oesterreich/)
„Dass Menschen ihre Gesundheit riskieren oder sterben, während sie versuchen, andere zu retten und zu versorgen, ist eine Krise mit schockierendem Ausmaß. Jede*r hat ein Recht auf Sicherheit am Arbeitsplatz. Politisch Verantwortliche müssen in den nächsten Monaten verstärkt sichere und gesunde Arbeitsbedingungen für alle Menschen gewährleisten – insbesondere für jene Menschen, die aufgrund ihrer Beschäftigung dem Virus ausgesetzt sind oder sich nicht ausreichend schützen können”, sagt Annemarie Schlack.
Gestärkt durch die Krise: Soziale Menschenrechte absichern
Auch 2021 wird die Krise noch lange nicht vorbei sein und die langfristigen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Lockdowns werden immer stärker in den Vordergrund rücken. Durch die COVID-19-Krise stieg die Zahl der Arbeitslosen in vielen Ländern, auch in Österreich. Gleichzeitig zeigte sich, dass die Maßnahmen, die die sozialen Folgen der Pandemie abfedern sollten, nicht ausreichend waren.
In Österreich wurden beispielsweise viele Menschen, die die COVID-19-Pandemie besonders trifft, [von Unterstützungsleistungen ausgeschlossen oder Unterstützungen waren aufgrund bürokratischer oder sprachlicher Hürden schwer zugänglich]
(https://www.amnesty.at/news-events/amnesty-analyse-soziale-menschenr
echte-und-covid-19/). Dazu zählten beispielsweise armutsgefährdete Menschen, insbesondere Alleinerzieher*innen oder auch 24h-Pflegebetreuer*innen. Das zeigte eine Analyse von Amnesty International, die die Folgen von COVID-19 auf das Recht auf soziale Sicherheit und angemessene Arbeitsbedingungen der Menschen in Österreich beleuchtete.
„Österreich zählt ohne Zweifel zu den höchstentwickelten Sozialstaaten weltweit. Dennoch zeigt die Pandemie, dass die sozialen Rechte von besonders schutzwürdigen Menschen nicht ausreichend abgesichert sind”, sagt Annemarie Schlack, und sagt weiter:
„Um durch diese Krise gestärkt zu kommen, wird es besonders wichtig sein, dass wir niemanden zurückzulassen! Ein wichtiger Baustein dafür ist, dass Menschen ihre sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Menschenrechte auch durchsetzen können – weltweit, und auch in Österreich. Einen Rechtsanspruch auf soziale Menschenrechte gibt es bis heute nicht in Österreich. Ein menschenwürdiges Leben für alle ist keine Wohltätigkeit des Staates oder parteipolitisches Programm, sondern ein Menschenrecht.”
Amnesty International Österreich fordert neben der Erweiterung des Grundrechtskatalogs und die verfassungsrechtliche Verankerung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte eine klare Strategie, wie soziale Rechte besser umgesetzt werden werden. Dazu müssen zivilgesellschaftliche Organisationen einbezogen werden, damit die Stimmen von Betroffenen Teil dieser Strategie sind.
Hintergrund
Amnesty International beobachtet, dokumentiert und analysiert seit Beginn der COVID-19-Pandemie die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus – weltweit und in Österreich. Im April veröffentlichte Amnesty International [9 Forderungen ]
(https://www.amnesty.at/news-events/eine-informierte-bevoelkerung-dia
log-zusammenhalt-und-politische-fehlerkultur-so-kommen-wir-gestaerkt-durch-die-krise/)auf Basis eines [Zwischenberichts]
(https://www.amnesty.at/news-events/amnesty-zwischenbericht-wie-sich-die-bekaempfung-der-corona-pandemie-auf-menschenrechte-in-oesterreich -auswirkt/) zu den bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in Österreich. Im Juli veröffentlichte Amnesty eine [Kurzanalyse ]
(https://www.amnesty.at/presse/soziale-menschenrechte-covid-19-amnest
y-fordert-verfassungsaenderung-in-oesterreich/) zum Thema soziale Rechte & COVID-19 in Österreich.
Weitere Berichte, Artikel und Analysen über COVID-19 und Menschenrechte finden Sie auf unserem [Newsblog]
(https://www.amnesty.at/themen/newsblog-corona-virus-und-menschenrech
te/)
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