Sozialausschuss: Anschober verweist erneut auf Freiwilligkeitsprinzip bei COVID-19-Testungen

Wien (PK) – Mit einem mehrheitlichen Beschluss zur Verlängerung der Corona-Sonderregelungen im Zivildienstbereich setzte heute der Sozialausschuss seine umfangreichen Beratungen fort. Zu diesem Thema lagen auch drei oppositionelle Anträge vor, die alle vertagt wurden. Die SozialdemokratInnen setzten sich nicht nur für die Anhebung der Entlohnung, sondern auch für Beseitigung von Hürden beim Einsatz von Zivildienern ein. Den NEOS ging es um die Anerkennung von Erasmus-Freiwilligenprogrammen für den Zivildienst. Zu einer lebhafteren Debatte kam es bei der Behandlung eines FPÖ-Antrags, in dem von „COVID-19-Zwangstestungen und Zwangsimpfungen“ die Rede war. Es sei unredlich, mit diesen Begriffen Angst zu verbreiten, unterstrich Bundesminister Anschober, zumal er immer wieder das Prinzip der Freiwilligkeit betont habe. Der frühere Start der Corona-Testungen in Tirol und Vorarlberg sei mit seinem Ressort akkordiert und vor allem auf die höhere Inzidenzzahl im Westen von Österreich zurückzuführen.

FPÖ gegen COVID-19-Zwangstestungen und -Zwangsimpfungen und für volle Schadensabgeltung bei Betriebsschließungen

Die FPÖ fordert in einem Entschließungsantrag ein gesetzliches „Verbot für Zwangsimpfungen und Zwangstestungen“, die in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie oder ähnlichen Infektionen stehen (1090/A(E)). Begründet wird die Initiative von den Freiheitlichen mit der Befürchtung, dass es in Österreich, ähnlich wie in der Slowakei, zu COVID-19-Massentestungen der gesamten Bevölkerung kommen könnte und dabei durch Sanktionen für nicht getestete Menschen wie Quarantäneanordnungen entsprechender Zwang ausgeübt wird. Statt der „sinnlosen Massentestungen“ sollte das Geld vielmehr für Screenings von Risikogruppen eingesetzt werden, argumentierte FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. Aus Tiroler Sicht gab er noch zu bedenken, dass die Ergebnisse der Tests wohl kaum eine Werbung für den Wintertourismus darstellen werden. Wenn noch dazu dreijährige Kinder zu Nasenabstrichen geschleppt werden, dann sei das wirklich fahrlässig. Ihrer Meinung nach bringen Massentests überhaupt nichts, urteilte auch Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ), dies wurde auch von vielen ExpertInnen bestätigt. Man könne zudem nicht wirklich von Freiwilligkeit sprechen, wenn dann z.B. LehrerInnen, die sich nicht testen lassen, in den Schulen Masken tragen müssen, gab ihr Fraktionskollege Michael Schnedlitz zu bedenken.

Abgeordneter Alois Stöger (SPÖ) legte Wert auf evidenzbasierte Entscheidungen und stellte einige konkrete Fragen, während NEOS-Vertreter Gerald Loacker eine falsche Prioritätensetzung bemängelte. Von der Inszenierung her sei es natürlich „viel geiler“, Massentestungen anzukündigen, wie dies der Bundeskanzler getan habe. Geld spiele offensichtlich dabei keine Rolle. Er frage sich auch, wie die zuständigen Behörden, die jetzt schon überfordert seien, Tausende Absonderungsbescheide abwickeln werden.

Er wisse nicht, wie oft der Minister schon darauf hingewiesen habe, dass die Tests nur auf freiwilliger Basis durchgeführt werden, unterstrich Ralph Schallmeiner (Grüne). Er halte Massentestungen jedenfalls für sinnvoll, weil damit Infektionsketten unterbrochen werden können. Bei den Screenings sei man immer von einem Alter ab zehn Jahren ausgegangen, stellte er in Richtung des Abgeordneten Wurm fest. Jeder Mensch habe das Recht, sich impfen zu lassen, betonte Rebecca Kirchbaumer (ÖVP), es handle sich dabei um ein Angebot und keinen Zwang.

Die Tatsache, dass weltweit bereits über 1,4 Millionen Todesfälle auf COVID-19 zurückzuführen seien, zeige, welch existenzielle Fragen damit verbunden seien, machte Bundesminister Rudolf Anschober geltend. Er appellierte an die Abgeordneten, über Themen wie Impfungen oder Testungen sachlich und konstruktiv zu diskutieren. Es sei richtig, dass Massentestungen – lieber sei ihm der Begriff Flächentestungen – nach dem slowakischen Modell von einigen ExpertInnen kritisch beurteilt werden. Dies hänge damit zusammen, dass aus virologischer Sicht zumindest zwei Testdurchgänge gemacht werden sollten. Wichtig sei auch, dass bei positiven Ergebnissen noch ein PCR-Test daran angeschlossen werde und dass negative Tests keinen Freibrief darstellen, um „über die Stränge zu schlagen“. Auch wenn er hoffe, dass möglichst viele Menschen an Tests und Impfungen teilnehmen, so habe er auch immer wieder betont, dass für ihn die Freiwilligkeit an vorderster Stelle stehe. Anschober informierte weiters darüber, dass eine ausreichende Menge an Antigentests, die eine hohe Aussagekraft haben, geordert wurde. Im Fokus stünden natürlich weiterhin die Alten- und Pflegeheime, wo schon jetzt einmal pro Woche Tests durchgeführt werden. Auf die Frage, warum Tirol und Vorarlberg als erste Bundesländer mit den Testungen starten, verwies der Minister vor allem auf die Inzidenzzahl, die im Westen deutlich höher als im Osten sei. Den Freiheitlichen gegenüber stellte er nochmals klar, dass es keine Planungen bezüglich Konsequenzen von Testungen (z.B. auf Schulbesuche etc.) gebe. Es werde gerade an einem klaren Regelwerk gearbeitet, das einen bundesweiten Rahmen vorgebe und das auch die Frage der Testung von Kindern inkludieren werde.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag – ebenso wie die FPÖ-Forderung nach einer vollen Schadensabgeltung für Unternehmen auf Basis des Epidemiegesetzes (1098/A(E)) – abgelehnt. Der von SPÖ-Mandatar Dietmar Keck eingereichte Antrag, die FPÖ-Initiative betreffend Zwangstestungen an dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen, fand keine Mehrheit.

Corona-Sonderregelungen im Zivildienst-Bereich werden bis Ende August 2021 verlängert

Mehrheitlich angenommen wurde zudem eine von den Koalitionsparteien vorgelegte Novelle zum Zivildienstgesetz (1103/A), die auf eine Verlängerung verschiedener Corona-Sonderregelungen bis Ende August 2021 abzielt. Dabei geht es vor allem um die Zuteilung außerordentlicher Zivildiener inklusive verfahrensbeschleunigender Maßnahmen. So soll es weiterhin möglich sein, Zivildiener abseits der klassischen Aufgabengebiete im Bereich der kritischen Infrastruktur und der Daseinsvorsorge einzusetzen. Gleiches gilt für auf Gewinn ausgerichtete Unternehmen, wobei diesfalls dem Staat voller Kostenersatz für zugeteilte Zivildiener zu leisten ist. Bei der administrativen Abwicklung kann sich die Zivildienstagentur weiter eines externen Rechtsträgers bedienen. Geregelt sind auch Vergütungs-und Urlaubsansprüche, wobei jene Personen, die im Anschluss an den ordentlichen Zivildienst noch einen außerordentlichen Zivildienst leisten, gemäß den geltenden Bestimmungen Anspruch auf eine zusätzliche Dienstfreistellung im Ausmaß von einem Arbeitstag pro Monat haben.

Vertagt wurden drei Initiativen der SPÖ und der NEOS zu diesem Themenbereich. Die SozialdemokratInnen forderten unter anderem eine besoldungsrechtliche Gleichstellung der freiwilligen und unfreiwillig verlängerten ZivildienerInnen (447/A(E)). Es wird von ihnen als unfair erachtet, dass jene Personen, deren Zivildienst zur Unterstützung der Corona-Krise bis Ende Juni verlängert wurde, weniger verdienen, als jene, die sich aufgrund der COVID-19-Situation freiwillig zum Zivildienst gemeldet haben. Diese Ungleichbehandlung habe zu großem Unmut bei den Betroffenen geführt, bekräftigte Abgeordneter Michael Seemayer, zumal es auch um einige hundert Euro gehe. Die Zwangsverpflichtung stelle zudem einen massiven Eingriff in die Lebensplanung der jungen Menschen dar.

Weiters ist es der SPÖ ein Dorn im Auge, dass Zivildiener laut Gesetz von einer hauptamtlich beschäftigten Person beaufsichtigt werden müssen. Insbesondere im Bereich der freiwilligen Feuerwehren im ländlichen Raum habe das nach Ansicht von Seemayer zu unnötigen Problemen und Hürden geführt. Die für den Zivildienst zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger wird daher ersucht, die einschlägigen Bestimmungen zu adaptieren und die Beaufsichtigung an die Kompetenz des Vorgesetzten und nicht an formale Kriterien zu knüpfen (606/A(E)).

Um absolvierte Programme eines Freiwilligendienstes im Ausland (mit einer Mindestdauer von 10 Monaten) weiterhin als Zivildienstersatz anrechnen zu können, haben die NEOS einen Antrag eingebracht (248/A). Abgeordneter Yannick Shetty wies darauf hin, dass dies von 2016 bis 2018 durch den Europäischen Freiwilligendienst von Erasmus+ möglich war. Seit der Umbenennung des Programms auf „Europäisches Solidaritätskorps“ gehe dies allerdings nicht mehr. Es sei sehr bedauerlich, dass auch die Grünen trotz eines einstimmigen Beschlusses der LandesjugendreferentInnen in dieser Frage nicht mitziehen. Sehr kritisch beurteilte er den Antrag der Regierungsfraktionen, weil damit eine Zwangsverpflichtung um weitere acht Monate verlängert werde.

Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ) bezeichnete die Zwangsverpflichtung als extrem ungerecht. Es sei auch bereits eine Klage beim Verfassungsgerichtshof anhängig. Ihre Befürchtung war zudem, dass diese Zivildiener nun auch für die geplanten Massentestungen herangezogen werden.

David Stögmüller von den Grünen räumte ein, dass bezüglich der Anrechnung des Zivildienstes im Ausland noch keine Einigung mit dem Koalitionspartner erzielt werden konnte. Er werde sich aber weiterhin dafür einsetzen. Auch in der Frage der Entlohnung laufen noch Gespräche, erklärte Stögmüller, der auf die Evaluierung des Zivildienstgesetzes verwies.

ÖVP-Mandatar Lukas Brandweiner gab zu bedenken, dass der Zivildienst einen Wehrersatzdienst darstelle und eine einseitige Erhöhung der Entlohnung der Zivildiener aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht möglich sei.

Diesen Standpunkt wiederholte auch Bundesministerin Elisabeth Köstinger, die die Verlängerung der „sunset-clause“ im Gesetz positiv beurteilte. Man habe im Frühjahr gesehen, dass die Zivildiener eine wichtige strategische Reserve darstellen und dass man auf alle Eventualitäten vorbereitet sein müsse. Es gebe aber keine unmittelbaren Pläne für einen außerordentlichen Zivildiensteinsatz, betonte sie. Aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge sei es aber derzeit schon so, dass nur 90% des Bedarfs an Zivildienern gedeckt werden könne.

Lebhafte Debatte über Schutz von Risikogruppen und Begrenzung von Sonderpensionen

Im Zuge der Novellierung mehrerer Sozialversicherungsgesetze wurde eine Änderung im Pensionsgesetz vorgenommen, die sicherstellen soll, dass ehemaligen Angehörigen von Gesundheitsberufen weiterhin keine Pensionsleistungen gestrichen werden, wenn sie zum Zweck der Pandemiebekämpfung vorübergehend wieder ins Berufsleben zurückkehren (1105/A). Dieser Antrag der Regierungsparteien schaue sehr nach einer „Trägerrakete“ aus, urteilten die RednerInnen der Opposition. Es sei zu befürchten, dass nächste Woche im Plenum wieder einmal ein umfassender Abänderungsantrag eingebracht werde.

Mit in Verhandlung stand ein Antrag der NEOS, in dem gefordert wurde, dass im Zuge der Pensionsanpassung 2021 vom Nationalrat beschlossene Erhöhungsdeckel von 35 € auch für Sonderpensionen gilt (1070/A). Damit würden laut Gerald Loacker bis zu 30.000 besonders hohe Pensionen zusätzlich erfasst. Beispielhaft werden etwa Pensionen für ehemalige Nationalbank-MitarbeiterInnen und für Kammerfunktionäre genannt. Auch im Fall von Mehrfachpensionen gebe es sehr viele Menschen die nach Auffassung von Loacker überversorgt seien. Die Idee sei vernünftig, meinte Abgeordneter Markus Koza (Grüne), aber die Umsetzung des Vorhabens wäre nach Auffassung von zahlreichen ExpertInnen mit einem unglaublich hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Auch würden sich keine Einsparungen für den Bund ergeben, da die Gelder in den Töpfen der Sonderpensionssysteme verbleiben. Auch Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP) sprach im Zusammenhang mit dem NEOS-Vorschlag von einem unverhältnismäßig hohen Aufwand. Es sei aber richtig, dass manche Pensionen zu hoch seien. Als ehemaliger Sozialminister könne er sich über die Begründungen nur wundern, erklärte Alois Stöger, eine Regelung sei seiner Einschätzung nach sehr wohl möglich.

Auch von Seiten der SPÖ lag ein Entschließungsantrag vor, den Abgeordnete Verena Nussbaum näher erläuterte (497/A). Ihr ging es vor allem darum, dass während der Corona-Pandemie Kündigungen von RisikopatientInnen von Gerichten genehmigt werden sollen und nicht erst im Nachhinein bei diesen angefochten werden können. Außerdem soll die Freistellungsregelung auf MitbewohnerInnen von RisikopatientInnen ausgeweitet werden, denn Berufstätige die mit schwerkranken RisikopatientInnen im selben Haushalt leben, sollen nicht zwischen Beruf oder Gesundheit der MitbewohnerInnen entscheiden müssen. Im Antrag enthalten war auch die Forderung, dass Schwangere bereits ab der 15. Schwangerschaftswoche Mutterschutz und Wochengeld beanspruchen können.

Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ) kritisierte scharf, dass die vonseiten der ÖVP vorgebrachten Argumente, wonach die SPÖ-Forderungen zu überschießend seien, komplett an den Lebensverhältnissen der Menschen vorbeigingen. Nicht jeder wohne in einem Schloss und könne sich räumlich von einem kranken Angehörigen absondern. Der ÖVP sei wohl nur dann jedes Leben gleich viel wert, wenn es in das PR-Konzept des Bundeskanzlers passe.

Während bei der Abstimmung der Antrag der Regierungsfraktion mehrheitlich angenommen wurde, fanden die Anliegen der Opposition keine Mehrheit. (Fortsetzung Sozialausschuss) sue

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