Wien (PK) – Zahlreiche Detailänderungen für den öffentlichen Dienst bringt die von der Regierung dem Nationalrat vorgelegte Dienstrechtsnovelle 2020, die der Verfassungsausschuss heute mit breiter Mehrheit – ohne die Stimmen der NEOS – befürwortete. Unter anderem ist vorgesehen, den sogenannten „Papamonat“ von vier Wochen auf bis zu 31 Kalendertage auszudehnen und werdende Mütter während des Mutterschutzes finanziell besserzustellen. Demnach sollen bei der Berechnung der auszuzahlenden Leistung auch – vor Beginn der Schwangerschaft – regelmäßig geleistete Überstunden und andere Nebengebühren berücksichtigt werden. Das soll gemäß den Erläuterungen vor allem für Exekutivbeamtinnen Verbesserungen bringen. Wer ein Kind mit Behinderung hat, erhält das Recht auf eine zweite Woche Pflegefreistellung, selbst wenn dieses das 12. Lebensjahr bereits überschritten hat. Entgegen der Kritik der NEOS, die etwa eine Besserstellung des öffentlichen Diensts gegenüber anderen Arbeitenden orten, argumentierten vor allem Abgeordnete der ÖVP und Grünen, dass die Maßnahmen wichtig und richtig seien.
Mit einem in der Sitzung dazu eingebrachten Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen wird außerdem sichergestellt, dass öffentlich Bedienstete, die der COVID-19-Risikogruppe angehören, im Bedarfsfall noch bis Ende März 2021 freigestellt werden können. Zudem kann der Geltungszeitraum dieser Maßnahme bei Andauern der Krise per Verordnung weiter – bis maximal Ende Juni 2021 – verlängert werden. Auch die Corona-Sonderregelung in Bezug auf Waisenversorgungsgenüsse soll noch bis Mitte nächsten Jahres gelten.
Zwei Anträge der FPÖ zur Adaptierung des Disziplinarrechts für BeamtInnen und betreffend Ungerechtigkeiten im Pensionssystem wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.
Außerdem beschlossen die Abgeordneten einstimmig zwei weitere Regierungsvorlagen. Die jährlichen Leistungen der Republik Österreich an die katholische Kirche sollen an die seit 2009 eingetretene Geldwertminderung um 20 Prozent bzw. um rund 3,5 Mio. € jährlich angepasst werden, wie ein entsprechendes Abkommen mit dem Vatikan vorsieht. Aufgrund gleichartiger Regelungen soll auch für die Israelitische Religionsgesellschaft, die Altkatholische Kirche und die Evangelische Kirche eine Erhöhung im selben prozentuellen Ausmaß erfolgen.
Dienstrechtsnovelle bringt unter anderem Adaptionen bei der Anrechnung von Vordienstzeiten
Neuerlich adaptiert werden in der Dienstrechtsnovelle (461 d.B.) unter anderem auch die Bestimmungen in Bezug auf die Anrechnung von Vordienstzeiten, die für die Gehaltseinstufung maßgeblich sind. Künftig wird – in Anlehnung an ein EuGH-Urteil – zwischen „gleichwertigen“ und „nützlichen“ Berufstätigkeiten vor Eintritt in den öffentlichen Dienst unterschieden, wobei in Bezug auf nützliche Berufserfahrungen die erst vor Kurzem abgeschaffte Anrechnungs-Höchstgrenze von zehn Jahren wieder eingeführt wird. Gleichwertige Berufstätigkeiten werden weiterhin zur Gänze angerechnet, dabei müssen die Aufgaben im Rahmen der Vortätigkeit zu mindestens 75% der Arbeitsplatzbeschreibung des neuen Jobs entsprechen.
Richterinnen und Richtern wird ermöglicht, ihre Auslastung ab dem 55. Lebensjahr herabsetzen zu lassen, und zwar um 25% nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie um 25% bzw. 50% nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Damit will man vorzeitigen Ruhestandsversetzungen wegen Dienstunfähigkeit bzw. Burn-out vorbeugen. Allerdings dürfen der Herabsetzung dienstliche Interessen – etwa ein Mangel an geeignetem Ersatz – nicht entgegenstehen. Ein Widerruf der Herabsetzung seitens des Richters bzw. der Richterin wird nicht möglich sein, die Dienstbehörde soll aufgrund von Notwendigkeiten aber eine -freiwillige – Reaktivierung vorschlagen können.
Ein wesentlicher Teil aus der Fülle an Detailänderungen betrifft den Bildungsbereich. Hierbei geht es unter anderem darum, Bildungsreformen und organisatorische Änderungen in der Schulverwaltung bei den Richtverwendungen nachzuvollziehen, die vor einiger Zeit eingeführten neuen Bestimmungen betreffend Auswahl- und Besetzungsverfahren an Schulen auf die den Pädagogischen Hochschulen eingegliederten Praxisschulen auszudehnen und den Pädagogischen Hochschulen mehr Flexibilität bei der Ernennung von Lehrpersonal einzuräumen. Zudem soll die Betreuung von Abschlussarbeiten an 3,5-jährigen technischen Fachschulen extra vergütet werden.
Geplant sind unter anderem auch mehr Flexibilität bei fallweisem anlassbezogenen Teleworking, eine Besserstellung für SpitzensportlerInnen mit Behinderung im Bereich des Bundesheers und eine Anpassung der Schutzbestimmungen im öffentlichen Dienst an die Bestimmungen des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (TNRSG). Während vorläufiger Suspendierungen soll es künftig keine Bezugskürzungen mehr geben. Die durch ein VfGH-Urteil erzwungene Gleichstellung von Ehe und eingetragener Partnerschaft ist im Dienstrecht nachzuvollziehen.
Die budgetären Mehrkosten der Maßnahmen werden mit insgesamt rund 1,2 Mio. € beziffert, wobei der größte Ausgabenbrocken auf die neuen Mutterschutz-Regelungen entfällt (1,37 Mio. €), während die Möglichkeit der Arbeitszeitreduktion für RichterInnen im Gegenzug Einsparungen in der Höhe von rund einer halben Million Euro bringen soll.
Die Vorlage fand unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags eine breite mehrheitliche Zustimmung im Ausschuss. Kritisch zeigte sich Gerald Loacker (NEOS) etwa im Hinblick darauf, ob Verbesserungen für den öffentlichen Dienst in der aktuellen Lage richtig seien. Es würden „wieder einmal“ neue Unterschiede zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft geschaffen, bemängelte Loacker. Außerdem empfinde er es als Geringschätzung gegenüber RichterInnen ab 55, im Hinblick auf das Alter die Arbeitszeit herabsetzen lassen zu können, zumal Erfahrung in diesem Beruf viel ausmache.
Seitens der Grünen hielten Eva Blimlinger und Agnes Sirkka Prammer dem entgegen, Verbesserungen wären auch für andere Gruppen wünschenswert. Insofern sei Loackers Einwand ein „Trugschluss“, so Prammer. Wichtige Punkte in der Novelle sind für Blimlinger etwa die Anpassung bei der Anrechnung von Vordienstzeiten aus der Privatwirtschaft und dass es Bezugskürzungen während einer vorläufigen Suspendierung nicht mehr geben wird, sondern erst nach Abschluss des Verfahrens. Aus Sicht von Prammer ist die Möglichkeit der Arbeitszeitreduktion für RichterInnen ein wichtiges Signal in der Gesundheitsvorsorge, um trotzdem bis zum Ruhestand den Dienst ausüben zu können.
Gertraud Salzmann (ÖVP) entgegnete entsprechender Kritik von Loacker, die Änderung zum „Papamonat“ koste im Grunde nichts und sei eine faktische Angleichung an den Familienzeitbonus, der für alle Bediensteten gelte. Auch die Maßnahmen betreffend Mütter, jene zur Pflegefreistellung für Kinder mit Behinderung sowie die Nachjustierung zur Anrechnung von Vordienstzeiten seien begrüßenswert, was etwa auch Friedrich Ofenauer (ÖVP) hervorhob.
Auch Christian Lausch (FPÖ) und Selma Yildirim (SPÖ) schlossen sich mit Zustimmung zu dem Paket an. Bei den Vordienstzeiten in „nützlich“ und „gleichwertig“ zu unterscheiden, sehe er jedoch kritisch, so Lausch. Yildirim hob unter anderem positiv hervor, dass Beamte im Exekutivdienst nunmehr die betreffenden besoldungsrechtlichen Nachteile nicht mehr in Kauf nehmen müssen. Außerdem stelle die praxisnahe Möglichkeit der Arbeitszeitreduktion auch ein Zeichen der Fairness gegenüber RichterInnen dar.
FPÖ schlägt Adaptierung des Disziplinarrechts für BeamtInnen vor und ortet Ungerechtigkeiten im Pensionssystem
Die FPÖ hat bereits mehrfach gefordert, das Disziplinarrecht für BeamtInnen zu adaptieren. Mit einem Antrag nehmen Christian Lausch und Christian Ries einen neuen Anlauf (977/A). Sie wollen damit verhindern, dass sich Ermahnungen und Belehrungen dauerhaft negativ auf die Laufbahn von BeamtInnen auswirken können. Zwar ist schon jetzt gesetzlich normiert, dass Aufzeichnungen über Ermahnungen und Belehrungen nach drei Jahren zu vernichten sind und zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen mehr führen dürfen, sofern es in diesem Zeitraum zu keinen weiteren Dienstpflichtverletzungen gekommen ist. Laut FPÖ bleiben diese durch das Inhaltsverzeichnis und Nummerierungen im Personalakt aber weiterhin nachvollziehbar. Zudem will sie erwirken, dass schriftliche Stellungnahmen von BeamtInnen zu einer Ermahnung bzw. Belehrung direkt an diese anzuheften sind. Einer politisch motivierten Planstellen- und Postenbesetzung sei durch das Mittel einer schriftlichen Ermahnung derzeit Tür und Tor geöffnet, zumal es kein Rechtsmittel dagegen gebe, machen Lausch und Ries geltend. Es gelte, das System gerechter zu machen, unterstrich Lausch im Ausschuss. Während seitens der SPÖ und NEOS Zustimmung zu der Initiative signalisiert wurde, sprachen sich ÖVP und Grüne mehrheitlich für eine Vertagung aus.
Ebenso mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurde ein weiteres Anliegen der FPÖ, und zwar für eine Adaptierung des Pensionsgesetzes (99/A). Die Freiheitlichen wollen damit ihrer Meinung nach bestehende Ungerechtigkeiten in Bezug auf die Berücksichtigung von Nebengebühren bei der Pensionsberechnung beseitigen, wie Christian Lausch (FPÖ) im Ausschuss hervorstrich. Durch die geltende Deckelung sind laut Lausch BeamtInnen mit niedrigem Grundgehalt und zahlreichen Nebengebühren wie ExekutivbeamtInnen im Außendienst gegenüber hochrangigen BeamtInnen benachteiligt. Zudem würden für ASVG-Versicherte zum Teil günstigere Regelungen gelten.
Verschärft wird die Situation laut FPÖ dadurch, dass der mit der Pensionsreform eingeführte Deckel zur Begrenzung von Durchrechnungsverlusten ab 2020 ausläuft. Sie rechnet dadurch mit zum Teil dramatisch niedrigeren Beamtenpensionen. BeamtInnen in Niedriglohngruppen könnte künftig sogar ein niedrigerer Ruhebezug gebühren als ASVG-Versicherten. Lausch zufolge ist aus diesem Grund auch ein Musterverfahren im Laufen.
Eva Blimlinger (Grüne) und Friedrich Ofenauer (ÖVP) meinten, diese Angelegenheit noch genauer ansehen zu wollen. Den Regierungsparteien sei es jedenfalls ein Anliegen, kleine Pensionen zu erhöhen, so Ofenauer. Selma Yildirim (SPÖ) signalisierte Zustimmung zum Antrag. Es könne nicht sein, dass Überstunden nicht abgegolten werden, die Entwicklung müsse hier ausgewogener sein.
Regierungsvorlagen zur Wertanpassung der jährlichen Leistungen für Kirchen und Religionsgesellschaften
Grundlage der Regelungen der finanziellen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl ist ein Vertrag zur vermögensrechtlichen Regelung vom Juni 1960, so die Regierungsvorlage für den heute debattierten Zusatzvertrag der Republik mit dem Heiligen Stuhl. Bedingt sei der Vertrag zum einen dadurch gewesen, um nationalsozialistische Vermögensentziehungen rückgängig zu machen, zum anderen, um die Beziehungen auf Grundlage des 1933 geschlossenen Konkordats wiederherzustellen. Der im Vertrag von 1960 vorgesehene Fixbetrag an Leistungen der Republik sei mittlerweile per Zusatzverträgen sechsmal erhöht worden, zuletzt 2009 auf 17,295 Mio. €. Die nunmehr geplante Erhöhung auf 20,754 Mio. € soll wie schon die sechs Male zuvor einer Preissteigerung Rechnung tragen, da der Verbraucherpreisindex dauerhaft um mehr als 20 Prozent gestiegen sei. Die jährlichen Mehrausgaben, beginnend ab dem Jahr 2018, sollen damit rund 3,5 Mio. € betragen. Der Zusatzvertrag sieht auch dessen Ratifizierung vor (404 d.B.).
Darüber hinaus soll die bisherige Vorgangsweise bei Anpassungen an entsprechende Preissteigerungen insofern verändert werden, dass anstelle eines Zusatzvertrags der Betrag im Einvernehmen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Bundeskanzler sowie Außenminister und Finanzminister festzulegen und anschließend im Bundesgesetzblatt kundzumachen ist.
Dem Paritätsprinzip folgend, soll auch die Erhöhung der Zuwendungen an die Israelitische Religionsgesellschaft, die Altkatholische Kirche und die Evangelische Kirche im Ausmaß von 20 Prozent erfolgen, wie eine weitere Vorlage mit entsprechenden Gesetzesänderungen vorsieht (405 d.B.). So soll der jährliche Gesamtbetrag rückwirkend ab 2018 an die Evangelische Kirche 1,335 Mio. €, an die Israelitische Religionsgesellschaft rund 370.000 € und an die Altkatholische Kirche rund 61.000 € betragen. Auch für diese Gemeinschaften soll das Prozedere für Leistungserhöhungen geändert werden, sodass im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Finanzminister die Anpassung an dauerhafte Wertminderungen künftig per Verordnung kundgemacht werden soll.
Beide Vorlagen wurden einstimmig beschlossen. Bundesministerin Susanne Raab erläuterte, die Anpassung erfolge etwa alle 10 Jahre, wenn die gennannte Steigerung um 20 Prozent eingetreten sei. Es handle sich hier um Entschädigungszahlungen für Enteignungen. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) mbu/gs
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