Kirchliche Schulverantwortliche Pinz begrüßt Ethikunterricht neu

Wien (KAP) – Den Mehrheitsbeschluss im österreichischen Parlament, ab dem Schuljahr 2021/22 einen Ethikunterricht ins Regelschulsystem aufzunehmen, hat die Wiener Schulamtsleiterin Andrea Pinz nach der Abstimmung am Freitag begrüßt. Der vorangegangene mehrjährige Entscheidungsfindungsprozess sei „mit großer Sachkompetenz, mit pädagogischem Fingerspitzengefühl und auch mit der erforderlichen Konsequenz“ erfolgt. Pinz, die als Leiterin des Interdiözesanen Amtes für Unterricht und Erziehung (IDA) auch gesamtösterreichische Agenden wahrnimmt, dankte besonders auch den zuständigen Politikern, die „das Gespräch mit allen Beteiligten gesucht haben“; so habe Minister Heinz Faßmann früh Kontakt mit allen Religionsvertretern aufgenommen.

Das nun beschlossene Ethikunterricht-Konzept sei vom „einmütigen Willen“ geprägt gewesen, „das Beste für die Schülerinnen und Schüler zu erreichen und einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu erzielen“. Es sieht vor, dass jene ab der 9. Schulstufe, die sich vom Religionsunterricht abmelden, ab Schulbeginn 2021 einen Ethikunterricht im Ausmaß von zwei Wochenstunden besuchen; in AHS und BMHS wird dieser aufsteigend implementiert. Der Regierungsvorlage stimmte der Nationalrat am Freitag mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ zu. Ein Entschließungsantrag der SPÖ, Ethikunterricht flächendeckend und verpflichtend für alle SchülerInnen schon ab der Sekundarstufe I einzuführen, wurde abgelehnt.

Für Schulamtsleiterin Pinz ist der Beschluss insofern auch demokratiepolitisch stimmig, als damit „verschiedene Bezugspunkte und Traditionen säkularer und religiöser Natur in der ethischen Diskursfindung zugelassen“ würden. Auch ein rein staatlich organisierter Ethikunterricht sei der Gefahr ausgesetzt, ideologisch instrumentalisiert zu werden, wies die Expertin hin. „Ist daher nicht gerade die zugelassene Vielfalt der ethisch bildenden, werterziehenden Angebote in der Schule das Bild, das einem demokratischen Staat am ehesten entspricht?“

Nicht mehr Freistunde als Alternative

Die Einführung des Ethikunterrichts für alle Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen – weil sie abgemeldet sind oder keinem gesetzlich anerkannten Bekenntnis angehören – „bringt auch für den Religionsunterricht eine grundlegend neue Situation“, erklärte Pinz. Nicht mehr die Freistunde sei die Alternative, sondern ein Unterrichtsgegenstand, mit dem man sich in Anspruch und pädagogischer Qualität auf Augenhöhe trifft. Dies sei ein Anstoß für Verantwortliche für den Religionsunterricht, „sein Profil noch einmal präziser zu schärfen und seinen Bildungsauftrag zu legitimieren“.

Konsens sei, dass Jugendliche in beiden Fächern zu fundierten ethischen Entscheidungen befähigt werden sollen und ihnen Orientierung für ein gelingendes Leben und zum Mitgestalten der Gesellschaft gegeben wird, so Pinz weiter. Während der Religionsunterricht seine Wurzeln transparent benennt, müsse freilich klar sein, dass auch Ethikunterricht nie wertfrei angelegt sein kann.

Religion bietet viel an Ethik

Die Lehrpläne des inhaltlich von den christlichen Kirchen verantworteten Religionsunterrichts haben laut der Schulamtsleiterin einen hohen Anteil an ethischen Themenstellungen und decken sich über weite Strecken mit jenen für den Ethikunterricht: Es geht um soziales Zusammenleben, Friede, Gerechtigkeit, Schöpfungsverantwortung, Menschenrechte u.a. Der Religionsunterricht ermögliche aber auch „reflektierte, vernunftgeleitete Auseinandersetzung mit den eigenen religiösen Wurzeln“ und mit Religion im Allgemeinen. Das trägt nach der Überzeugung von Pinz gerade in der gegenwärtigen Situation bei, fundamentalistischen Tendenzen entgegenzuwirken und den interreligiösen Dialog zu fördern.

Abschließend sprach sich die Verantwortliche für das katholische Schulwesen für enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Fächern aus. Die Erfahrungen aus mehr als 200 Ethik-Schulversuchen hätten gezeigt, wie wichtig Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten zwischen Religion und Ethik sind.

An den Pädagogischen Hochschulen laufen derzeit in Kooperation mit den Universitäten Ausbildungslehrgänge zur Qualifizierung für den Ethikunterricht, künftig soll es ein eigenes Lehramtsstudium geben. Auch bereits im Dienst befindliche Lehrkräfte aller Unterrichtsgegenstände sind Zielgruppe. Dass sich damit auch Religionslehrerinnen und -lehrer ein weiteres pädagogisches Standbein erwerben können, findet Pinz naheliegend. Denn sie würden aus ihrem Studium viel an ethischer Vorbildung mitbringen.

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