Coronakrise und Staatshilfen: Der Missbrauch von Arbeitskräften muss beendet werden!

Wien (OTS) – Die Corona-Krise offenbart in besonderer Weise wie Erwerbstätige verschiedenster Branchen der Willkür von Unternehmen ausgeliefert sind. Nicht nur in globalen Lieferketten, auch in Österreich können sich ausbeuterische Verhältnisse in der Erwerbsarbeit seit Jahren ausbreiten. Die Coronakrise ist kein rechtsfreier Raum und darf kein Freibrief für Ausbeutung sein. Südwind, die Clean Clothes Kampagne und die Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel fordern daher umgehend einen runden Tisch von ExpertInnen von Arbeiterkammer, Gewerkschaften, Wirtschaftskammer, Finanzpolizei, Sozialministerium, Armutskonferenz und der Task Force Menschenhandel, um die bisher beschlossenen Maßnahmen dahingehend zu prüfen, ob sie die Einhaltung der ArbeitnehmerInnenrechte gewährleisten bzw. um ein Maßnahmenpaket zu entwickeln, das Ausbeutungsverhältnissen auf nationaler wie internationaler Ebene gezielt entgegenwirkt .

Aktuelle Untersuchungen des internationalen Clean Clothes Campaign Netzwerkes haben gezeigt, dass führende Bekleidungsunternehmen, darunter H&M, Primark oder Nike, ihren Arbeiter*innen alleine in asiatischen Produktionsländern bis zu 5,7 Mrd $ (ca 4,8 Mrd €) an regulären Löhnen schulden. Reaktionen der Modeunternehmen auf die Coronakrise, wie stornierte Bestellungen oder unvollständig bezahlte Lieferungen, haben dazu geführt, dass Zulieferer Löhne kürzten oder gar nicht bezahlten. Das hinderte Markenunternehmen aber nicht daran, Dividenden in Millionenhöhe an Aktionäre auszuschütten. In der weltweiten Aktion #PayYourWorkers macht CCK daher in den kommenden Tagen Druck auf diese Unternehmen und fordert sie auf, endlich für die ausstehenden Löhne aufzukommen. „Für ArbeiterInnen in Bangladesch, Indien, Pakistan oder Myanmar heißt der Ausfall der ohnehin geringen Löhne sich noch weiter verschulden zu müssen oder nicht genug zu essen zu haben“ erläutert Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne von Südwind. Solch zugespitzte Ausbeutung macht auch vor Kindern nicht Halt. In Ländern wie Indien oder Bangladesch ist Kinderarbeit oft direkt über Heimarbeit mit der Produktion von Kleidung oder Schuhen verbunden. Wenn der Lohn der Eltern nicht für das Notwendigste reicht, müssen Kinder selbst mit Arbeit zum Lebensunterhalt beitragen, ein Schulbesuch wird so unmöglich. „Es ist völlig inakzeptabel, wieweit Regierungen ihre Pflicht vernachlässigen, Menschen vor Ausbeutung zu schützen und Unternehmen in der Einhaltung arbeits- und menschenrechtlicher Mindeststandards zu kontrollieren“, betont Klaffenböck.

Gleichzeitig haben in Österreich Grenzschließungen im Zuge der Covid-19 Pandemie gezeigt, wie viele Tätigkeiten von der 24-Stunden-Betreuung bis zur Spargel- oder Erdbeerernte so anstrengend und zugleich so schlecht entlohnt sind, dass sich kaum ÖsterreicherInnen finden, die bereit sind, solche Tätigkeiten auch nur kurzfristig zu übernehmen. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen sind oft ausbeuterisch und gesundheitsgefährdend:
Keine ausreichenden Ruhezeiten, unangemessene Lohnabzüge für Unterkunft und Verköstigung, Massenquartiere, die nicht den hygienischen Mindeststandards entsprechen. Die „SEZONIERI – Kampagne für die Rechte der ErntearbeiterInnen in Österreich“ weist regelmäßig auf schwere Missstände hin und unterstützt in Kooperation mit den Opferhilfeeinrichtungen LEFÖ-IBF und MEN-VIA Betroffene von Ausbeutung. „Oft wälzen die ArbeitgeberInnen auch noch das unternehmerische Risiko auf die schlecht entlohnten ArbeitnehmerInnen ab, die sich dann als sogenannte „Scheinselbständige“ das Arbeitsgerät und Schutzkleidung selbst kaufen müssen, keinen Krankengeld- oder Urlaubsanspruch haben und im Falle einer „Akkordlohnvereinbarung“ oft nur mit extremem Arbeitseinsatz den gesetzlichen Mindeststundenlohn erreichen können,“ erklärt Katharina Beclin, Koordinatorin der NGO-Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel.

Der mit dieser Pandemie verbundene Anstieg von Arbeitslosigkeit birgt die Gefahr eines massiven Anstiegs von Ausbeutungsverhältnissen. Die Finanzpolizei hat schon im Juni auf die „erschreckend hohe Anzahl“ von unterentlohnten nach Österreich entsandten Arbeitskräften hingewiesen. „Ein so erreichter illegaler „Wettbewerbsvorteil“ tritt Arbeits- und Menschenrechte mit Füßen, gefährdet reguläre Jobs in seriösen Unternehmen, schädigt durch Hinterziehung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben die Staatshaushalte und untergräbt das Vertrauen in die Demokratie“ meint abschließend Katharina Beclin.

Es besteht dringender Handlungsbedarf: Die Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel und Südwind fordern daher die Regierung auf aktiv zu werden und einen Runden Tisch von Expert*innen einzurichten, an dem Maßnahmen gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse auf nationaler und internationaler Ebene entwickelt und zur Umsetzung vorbereitet werden.

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