Wien (OTS) – Die aktuellen Ergebnisse des wöchentlichen BIP-Indikators der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zeigen für die Woche vom 2. bis zum 8. November (Kalenderwoche 45) eine Erhöhung der BIP-Lücke gegenüber der Vorjahresvergleichswoche auf –7 Prozent. Damit hat der derzeitige Teil-Lockdown zwar einen neuerlichen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität gebracht; allerdings sind die wirtschaftlichen Folgen deutlich geringer als während des ersten Lockdowns Ende März / Anfang April, als die Wirtschaft um bis zu einem Viertel eingebrochen ist.
Insgesamt zeigen die aktuellen Ergebnisse des wöchentlichen BIP-Indikators der OeNB, dass das Aktivitätsniveau der österreichischen Wirtschaft in der Kalenderwoche 44 (26. Okt. bis 1. Nov.) um 2,3 Prozent und in Kalenderwoche 45 (2. bis 8. Nov.) um 7,0 Prozent unter den entsprechenden Werten des Vorjahres gelegen ist. Die mit 3. November in Kraft getretenen gesundheitspolitischen Maßnahmen des aktuellen Teil-Lockdowns sind weniger weitreichend als während des ersten Lockdowns im Frühjahr dieses Jahres. Sie führen zwar zu einem erneuten Konjunktureinbruch, dieser fällt jedoch erwartungsgemäß deutlich geringer aus als im Frühjahr. Die Verluste gehen mehrheitlich auf tourismus- und freizeitnahe Dienstleistungen zurück. Im Handel gab es eine Verschiebung vom Nicht-Lebensmittel-zum Lebensmittelhandel. Der Produktionssektor und die Nicht-Tourismus-Exporte sind kaum beeinträchtigt. Da der aktuelle Teil-Lockdown am Dienstag den 3. November begonnen hat und nicht die gesamte Kalenderwoche 45 betroffen war, könnten die Verluste in den kommenden Wochen allerdings etwas höher ausfallen. Ein substanzieller Anstieg wird aus heutiger Sicht jedoch nicht erwartet, sofern nicht weitere gesundheitspolitische Maßnahmen getroffen werden, die das wirtschaftliche Geschehen beeinflussen.
Verluste im Tourismus- und Freizeitbereich
Zu den besonders betroffenen Bereichen zählen erneut u. a. Beherbergungsbetriebe, die Gastronomie und Veranstaltungen (Kultur, Freizeit, Sport etc.). In diesen tourismus- und freizeitnahen Dienstleistungssektoren ist es zu starken Umsatzrückgängen von teilweise deutlich mehr als 50 Prozent gekommen, was sich in einer rückläufigen Entwicklung sowohl der Tourismusexporte als auch des privaten Konsums widerspiegelt. Diese beiden Nachfragekomponenten zeichnen zusammen für fast den gesamten Rückgang der Wirtschaftsleistung in Kalenderwoche 45 verantwortlich.
Im Bereich des Tourismus muss jedoch angemerkt werden, dass ein erheblicher Teil des Rückgangs nicht unmittelbar auf die gesundheitspolitischen Maßnahmen des Teil-Lockdowns zurückzuführen ist. Die Reisewarnungen vieler wichtiger Herkunftsländer für Österreich und Beschränkungen im grenzüberschreitenden Reiseverkehr haben bereits im Oktober zu deutlichen Einbrüchen im Tourismus geführt. Sie erklären auch in Kalenderwoche 45 den Großteil des Einbruchs der Tourismusexporte, der allein 3 Prozentpunkte zum Rückgang des realen BIP beigetragen hat.
Umsatzverschiebungen im Handel
Im Bereich des privaten Konsums zeichnet sich eine divergente Entwicklung ab. Im Gegensatz zum Lockdown im Frühjahr ist der Einzelhandel gegenwärtig nicht mit Geschäftsschließungen konfrontiert. Die Umsatzrückgänge waren daher begrenzt, auch aufgrund einer dynamischen Entwicklung im Lebensmittelhandel – in diesem Bereich dürften die Umsätze saisonbereinigt im Vergleich zu den Vorwochen um bis zu 10 Prozent gestiegen sein. Im Nicht-Lebensmittelhandel dürfte es hingegen zu Rückgängen zwischen 10 Prozent und 20 Prozent gekommen sein. Auch im Bereich der persönlichen Dienstleistungen waren die Umsätze deutlich schwächer.
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass diese Einschätzung nur auf einer geringen Anzahl von Tagen beruht – eine genauere Einschätzung wird nach Vorliegen der Zahlen der nächsten Woche möglich sein. Insgesamt hat der Rückgang des privaten Konsums in Kalenderwoche 45 knapp 4 Prozentpunkte zum Rückgang des realen BIP beigetragen.
Produktionssektor und Güterhandel kaum betroffen
Auch im Produktionssektor gibt es keine einschränkenden Maßnahmen, und – besonders wichtig für die exportorientierte heimische Industrie – der grenzüberschreitende Güterhandel läuft weitgehend reibungslos. Das Exportvolumen ohne Tourismus liegt daher trotz leichter Rückgänge gegenüber den Vorwochen noch immer knapp über dem Vorjahresniveau (+1 Prozent).
Die aktuelle Schätzung der wirtschaftlichen Folgen des Teil-Lockdowns ist noch mit beträchtlichen Unsicherheiten behaftet. Am Montag den 2. November, dem Tag vor Beginn des Teil-Lockdowns, dürfte es in freizeitnahen Bereichen wie der Gastronomie noch zu starken Umsätzen gekommen sein. Die bis zu diesem Tag dauernden erstmals bundesweiten Herbstferien dürften zusätzlich verstärkend gewirkt haben. Hingegen ist zu erwarten, dass insbesondere in Wien der schreckliche Terroranschlag am Abend des 2. Novembers zu einer Ausnahmesituation mit in den nächsten Tagen geringeren Geschäftsaktivitäten geführt hat. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Verluste in den kommenden Wochen insbesondere im Bereich des privaten Konsums etwas höher sein könnten.
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