Wien (OTS) – Der Terrorismus hat nun leider auch Österreich erreicht. Diesmal wurde der Attentäter bereits im Inland radikalisiert. Dieser gefährlichen Entwicklung entgegenzuwirken ist das Gebot der Stunde und bedarf sowohl staatlicher als auch gesamtgesellschaftlicher Anstrengungen.
Erschüttert, fassungs- und ratlos lässt uns der Terroranschlag in Wien vom 2. November zurück. Unsere Gedanken und Gebete gelten den Opfern und deren Angehörigen. Gleichzeitig danken wir allen Einsatzorganisationen; Polizei, Rettung, Feuerwehr und Bundesheer für ihren selbstlosen, unermüdlichen, aber auch gefährlichen Einsatz.
Dieser Terroranschlag hatte zwar seinen Ausgang in der Seitenstettengasse und somit in unmittelbarer Nähe zur Hauptsynagoge in Wien, er richtete sich jedoch gegen uns alle, die in Österreich leben. Die große internationale Anteilnahme macht deutlich, dass dieser Angriff als ein Anschlag auf die universalen Werte der Toleranz, des Pluralismus, der Religions- und Gedankenfreiheit und damit der liberalen Demokratie zu werten ist. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es von besonderer Wichtigkeit sich gerade von diesen Werten leiten zu lassen.
Gleichzeitig müssen wir uns der Gefahren von Extremismus, Fanatismus und Hassverbrechen bewusst sein und uns sowohl von staatlicher Seite als auch als Gesellschaft diesen gefährlichen Entwicklungen entgegenstellen. Gerade Jüdinnen und Juden sind tagtäglich auf den Schutz der Exekutive, bedingt durch die ständige extremistische Bedrohung verschiedener Richtungen, angewiesen. „Aus persönlichen Erfahrungen müssen wir leider festhalten, dass Hass und Antisemitismus bedrohlich zugenommen haben,“ betont VBJ-Obmann Israel Abramov. So hielt etwa bereits der Sicherheitsbericht 2018 des BMI fest, dass die größte Bedrohung für Österreich vom islamistischen Extremismus und Terrorismus ausgehe und auch der sogenannte Home-grown-Extremismus ein beträchtliches Bedrohungspotenzial aufweise. „Die Probleme wurden bereits mehrfach beschrieben und auch der VBJ hat vielfach darauf hingewiesen, wir sehen nun die politischen Entscheidungsträger in der Verantwortung hier konsequente Taten zu setzen,“ so Abramov weiter.
In diesem Zusammenhang sei auch daran erinnert, dass vor exakt 82 Jahren am 9./10. November 1938 die Reichspogromnacht stattfand, wo jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger speziell auch in Österreich Opfer brutaler Gewalt, Enteignungen und Deportationen wurden. „Wir wollen die Erinnerungen an dieses dunkle Geschichtskapitel aufrechterhalten und vor allem sicherstellen, dass die Lehren daraus stets das heutige Handeln leiten. Toleranz und eine pluralistische Gesellschaft bedürfen stets dem konsequenten Vorgehen gegen Extremismus einerseits und der aktiven Integration aller Bevölkerungsgruppen in denselben Wertekanon, auf dem unsere Gesellschaft basiert“, hält Abramov fest.
Der Verein Bucharischer Juden Österreichs kann auf viele Jahrzehnte erfolgreicher Integration seiner Mitgliederinnen und Mitglieder verweisen. Die Wertevermittlung stellt seit jeher einen zentralen Bestandteil gelungener Integration dar. Der VBJ hat hier etwa bereits sehr positive Erfahrungen mit dem gemeinsamen Austausch von Schülerinnen und Schülern verschiedener Religionen oder mit dem gemeinsamen Besuch der KZ Gedenkstätte Mauthausen gemacht. „Unsere Forderung lautet daher, dass erfolgreiche Konzepte zur Vermittlung ethischer Werte und des interreligiösen Dialogs in der Pflichtschulzeit flächendeckend in Österreich umgesetzt werden. Insbesondere regen wir an, Projektwochen durchzuführen, wo sich die Schülerinnen und Schüler sich mit dem Problem von Hass, Gewalt, Extremismus in all seinen Ausprägungen und Antisemitismus in einem professionellen pädagogischen Setting beschäftigen können“, erläutert Abramov.
Bucharische Jüdinnen und Juden sind mittlerweile ein fester Bestandteil der österreichischen Gesellschaft, aber auch der jüdischen Religion treu geblieben. Somit sind wir der gelungene Beweis, dass man die Werte der liberalen Demokratie problemlos mit religiösen Traditionen vereinbaren kann. Unsere Expertise im Bereich der Integration und Wissensvermittlung stellen wir gerne jederzeit auf Anfrage zur Verfügung und werden uns dazu in Zukunft noch aktiver in den Diskurs einbringen.
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