St. Pölten (OTS/NLK) – Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Mag. Karl Wilfing zur Beratung des Nachtragsvoranschlages des Landes Niederösterreich für die Finanzjahre 2020 und 2021 zusammen.
Abgeordneter Anton Kasser (VP) berichtete über sämtliche Tagesordnungspunkte:
- Nachtragsvoranschlag des Landes Niederösterreich für die Finanzjahre 2020 und 2021.
- Maßnahmen im Rahmen des NÖ-Konjunkturprogramms.
Landesrat DI Ludwig Schleritzko (VP) eröffnete die Debatte über den Nachtragsvoranschlag für die Finanzjahre 2020 und 2021 mit seiner Budgetrede. Am 18. Juni habe man in diesem Hohen Haus über das Basis-Budget für das Jahr 2021 beraten, damals sei aber schon allen bewusst gewesen, dass man sich im Herbst erneut mit dem Landeshaushalt auseinandersetzen werden müsse, um auch die Corona-Budgets für die Jahre 2020 und 2021 beschließen zu können.
COVID-19 habe viele Bereiche des Lebens auf den Kopf gestellt, so auch die Landesfinanzen. Die Auswirkungen der Krise seien derart gewaltig, dass die EU-Finanzminister auf Vorschlag der Europäischen Kommission bereits Ende März 2020 beschlossen hätten, die „allgemeine Ausweichklausel“ des EU Stabilitäts- und Wachstumspakts zu aktivieren. Ein Beschluss, der analog auf den Österreichischen Stabilitätspakt übertragen werde. Diese „allgemeine Ausweichklausel“ solle es Staaten ermöglichen, auf eine umfassende Krisensituation in koordinierter und geordneter Weise zu reagieren und von den regulären haushaltspolitischen Anforderungen auf EU-Ebene abzuweichen.
Die Republik Österreich werde sich 2021 um 21 Milliarden Euro verschulden, um gegen die Krise und ihre Auswirkungen anzukämpfen. Gleiches gelte für die Bundesländer: Insgesamt 4 Milliarden Euro an Corona-Kosten würden hier kolportiert. Laut Prognose und ausgehend von den beschlossenen Voranschlägen 2020 und 2021 werde das Maastricht-Ergebnis des Landes minus 744,3 Millionen Euro für dieses und minus 627,1 Millionen Euro für kommendes Jahr betragen. Der Nettofinanzierungssaldo werde im Jahr 2020 den Wert von minus 847,2 Millionen Euro ausweisen, im Jahr 2021 minus 770,8 Millionen Euro. Die Maastricht-Schulden würden damit ebenfalls deutlich anwachsen – und 2021 rund 10 Milliarden Euro betragen. Diesen Zahlen liege die Annahme zugrunde, dass im Jahr 2020 Mehrausgaben in Höhe von 302,2 Millionen Euro und im Jahr 2021 in Höhe von 252,5 Millionen Euro getätigt werden. Dem gegenüber stünden prognostizierte Mindereinnahmen in Höhe von 468,7 Millionen Euro im Jahr 2020 und 189,8 Millionen Euro im Jahr 2021 – zusätzlich zu jenem Einnahmen-Einbruch in Höhe von 328,5 Millionen Euro, den man schon im Basis-Budget im Juni berücksichtigt habe.
„So überraschend die Krise auch gekommen ist – so wenig überraschend sind die Zahlen, die ihre Bewältigung mit sich bringt“, so Schleritzko. Diese Zahlen seien „unser in Ziffern gegossenes Bekenntnis, niemanden zurück oder alleine zu lassen“. Der Landesrat betonte weiters: „Solange die Krise andauert, werden wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel zur Bekämpfung ihrer Auswirkungen zur Verfügung stellen.“ Es brauche zielgerichtete und auf die Situation in Niederösterreich abgestimmte Maßnahmen.
„‚Alles geht‘, geht natürlich auch in Zeiten wie diesen nicht“, betonte der Landesrat aber, dass Niederösterreich bewiesen habe, wie viel gehe und erinnerte daran, dass Niederösterreich als erstes Bundesland schon im März ein Unterstützungspaket auf den Weg gebracht habe. Danach habe man mehr als 20 weitere Maßnahmen- und damit Hilfspakete geschnürt – mit einem Gesamtvolumen von über 2 Milliarden Euro. Schleritzko hob dabei das Tourismuspaket im Umfang von 22 Millionen Euro, das blau-gelbe Kraftpaket für die Städte und Gemeinden mit bis zu 836,5 Millionen Euro und das NÖ Konjunkturprogramm mit einem Volumen von 229 Millionen Euro hervor. Diese Gelder seien zusätzlich zu jenen 260 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, die man für medizinische Notwendigkeiten ausgegeben habe.
1,752 Milliarden Euro würden Investitionen in Höhe von fast 6,5 Milliarden Euro auslösen und über 100.000 Arbeitsplätze sichern. „Sie sehen: Das Land Niederösterreich steht seinen Landsleuten gerade in Zeiten der Krise zur Seite. Wir stehen nicht nur für den sprichwörtlichen Handschlag. Wir stehen auch und gerade jetzt für einen landesweiten Schulterschluss. Um besser mit der Krise zu Recht zu kommen und um schneller aus der Krise zu kommen“, so Schleritzko.
Der Landesrat bedankte sich bei den Kolleginnen und Kollegen in der Landesregierung, die diese Pakete mit auf den Weg gebracht haben, vor allem bei Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die er „als oberste Krisenmanagerin des Landes“ bezeichnete. Wenn man den Prognosen des IHS und anderer Institute Glauben schenke, habe man die Chance, 2024 wieder auf Vorkrisen-Niveau zurückzukommen. Das gelte aber nur, wenn man einen zweiten Shutdown vermeide.
Die Folgen eines zweiten Shutdowns wären „dramatisch für jeden privaten und drastisch für den öffentlichen Haushalt“, sagte Schleritzko „Danke“ an alle, die in den letzten Wochen und Monaten die Corona-Regeln eingehalten und trotz aller Einschränkungen durchgehalten hätten, appellierte aber gleichzeitig nicht lockerzulassen und die Maßnahmen konsequent umzusetzen. Denn es stünden keine Zahlen auf dem Spiel, sondern Menschen. Und damit tausende Arbeitsplätze, hunderte Existenzen ganzer Familien und die Zukunft vieler Kinder. Der Landesrat appellierte weiter an die Abgeordneten des Landtages, sich nicht an Forderungen gegenseitig zu übertrumpfen, sondern daran zu denken, dass Schulden irgendwann beglichen werden müssten und man die Kosten der Krise nicht einfach den kommenden Generationen umhängen dürfe. Man dürfe wegen COVID die Pläne zum Haushaltsausgleich nicht über Bord werfen. „Sobald es die Situation wieder zulässt und wir die Krise bewältigt haben, werden wir uns wieder auf den Weg in Richtung eines ausgeglichenen Haushaltes machen. Das ist unser Versprechen an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von heute und von morgen.“
Generaldebatte
Abgeordnete Mag. Indra Collini (Neos) meinte, das Nachtragsbudget würde nicht die Zuversicht geben, die man jetzt ganz dringend brauche. Es sei ein Budget, das gänzlich auf die Zukunft vergesse. Sie vermisse darin vor allem den „Mut vor echter Erneuerung“. Die Abgeordnete fragte, wo im Budget der Breitbandausbau, der Klima- und Umweltschutz und die Bildung seien. Es sei überfällig, das Land neu für die Zukunft zu gestalten, sprach Collini davon, verkrustete Strukturen aufzubrechen und Effizienzen in der Landesverwaltung zu schaffen. Es brauche Reformen, die Geld für Wirtschaft und Arbeitsplätze freimachen. Nach vorne hin werde man jeden Cent brauchen. Es gelte nun zu sparen anzufangen und zuerst bei sich selbst, erinnerte sie an den Vorschlag ihrer Fraktion die Parteienförderung zu kürzen und Gehälter der Landtagsabgeordneten einzufrieren. Ihre Fraktion werde dem Nachtragsbudget nicht zustimmen, appellierte die Abgeordnete zurück zum Start zu gehen und ein verantwortungsvolles Budget zu zeigen.
Abgeordnete Dr. Helga Krismer-Huber (Grüne) sagte, dass man sich in einer eklatanten Krise befinde, betonte aber neben der COVID19-Krise auch die Klimakrise, bei der es aber an einer globalen Zusammenarbeit fehle. Normalerweise seien die Voranschläge große Werke, das heutige sei ein sehr kleines, meinte die Abgeordnete, dass das Nachtragsbudget ein „Nachschlagsbudget” sei. Das Geld für 2020 sei schon fast verbucht, die Zahl werde ziemlich valide sein und sich auch im Rechnungsabschluss finden werden. Was die Mindereinnahmen betreffe, so würden diese aber noch viel drastischer sein. Was man nicht gemacht hätte, sei, sich die Strukturen anzuschauen. Die Gemeinden würden jedes Projekt noch einmal umdrehen und schauen, ob es zukunftsfit sei, die Landesregierung habe das nicht gemacht. Das wäre aber die Hausaufgabe über den Sommer gewesen. In der Krise heiße es noch härter zu arbeiten, das sei mit diesem Papier nicht gemacht worden – man habe es sich zu einfach gemacht. Ihre Fraktion werde dem Nachtragsbudget keine Zustimmung geben.
Klubobmann Udo Landbauer, MA (FP) erinnerte daran, dass die Bundesregierung den Menschen versprochen hätte, niemanden im Stich zu lassen, dass niemand alleine gelassen werde. Wenn man sich aber die Arbeitslosenzahlen anschaue und die vielen Menschen, die nicht über die Runden kämen, dann stimme hier etwas nicht. Der Klubobmann betonte auch den massiven Anstieg von psychischen Erkrankungen. 15.000 Operationen seien in Niederösterreich abgesagt oder verschoben worden. Er stellte die Frage, wo die vielen Hilfsmaßnahmen seien. Wenn welche ankommen, dann sei das zu spät oder in zu geringem Ausmaß. Von „Koste es, was es wolle“ sei man weit entfernt. Es sei dringend notwendig, zusätzliche Mittel aufzunehmen. Was ihm im Budget fehlten, seien gezielte Investitionen im Arbeitsmarkt. Was hier erfüllt worden sei, sei eine Mindestanforderung, es brauche mehr Konjunkturbelebung, man müsse den Konsum ankurbeln. Dazu gebe es zahlreiche Anträge auf dem Tisch. Zum Abschluss appellierte der Klubobmann, mit der Angst- und Panikmache aufzuhören.
Klubobmann Reinhard Hundsmüller (SP) hielt fest, dass die SP selbstverständlich dem Nachtragsbudget zustimmen werde, nicht aber dem Konjunkturprogramm. Die Ansätze würden einmal im März 2021 enden, ein anderes Mal im Sommer. Damit sei die Nachvollziehbarkeit des Budgets unmöglich. Im Zuge des sogenannten „Lockdown“ sei es zu einem sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit gekommen sowie zu einer sinkenden Nachfrage und Kaufkraft. Erschwerend komme hinzu, dass aufgrund der anhaltenden Pandemie eine große Unsicherheit in der Wirtschaft vorhanden sei. Andere Länder hätten Reisewarnungen für Österreich ausgesprochen. Das würde den Tourismusstandort Österreich nachhaltig schädigen. Die uneingeschränkte Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität sei an das Ende der Pandemie gebunden. Ohne Nachfrage gebe es auch keinen Absatz. Die Rolle einer Nachfrage müsse die öffentliche Hand übernehmen. In Niederösterreich werde dieser Weg leider noch nicht begangen. Der Arbeitsmarkt sei der entscheidende Faktor, wie man diese Krise meistere. Niederösterreich brauche eine Lehrstellengarantie der öffentlichen Hand.
Abgeordnete Dr. Helga Krismer-Huber (Grüne) meldete sich zu einer Berichtigung zu Wort: Dieses Konjunkturprogramm sei einstimmig angenommen worden.
Klubobmann Mag. Klaus Schneeberger (VP) meinte, es sei ungewöhnlich, dass das Budget im Herbst diskutiert werde. Aber man befinde sich auch in einer außergewöhnlichen Zeit, die durch die Pandemie ausgelöst worden sei. Die Menschen würden sich in dieser Situation von der Politik verlässliches und konsequentes Handeln bei der Bewältigung der Gesundheitskrise und beim Kampf um jeden Arbeitsplatz erwarten. In den letzten Jahren habe man vom disziplinierten Budgetpfad profitiert und sei am besten Wege gewesen, 2021 das Nulldefizit zu erreichen. Er gehe davon aus, dass die Landeshauptfrau und der zuständige Landesrat eine umsichtige Arbeit für dieses Budget geleistet hätten. Für ihn sei klar, dass der Nachtragsvoranschlag und das Konjunkturprogramm Verlässlichkeit Stabilität und Planungssicherheit geben werden.
Klubobmann Reinhard Hundsmüller (SP) meldete sich mit einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort. Er zitiere aus dem Sitzungsbogen Nummer 6: „Maßnahmen im Rahmen des NÖ Konjunkturprogrammes ‚Vorlage an den Landtag‘. LH-Stellvertreter Schnabl verwies auf die vorab elektronische übermittelte Stellungnahme und erklärte, dass die SP-Regierungsmitglieder dem Antrag mit dem Zusatz ‚frei Landtag‘ zustimmen würden. Der auf diesem Sitzungsboden aufgetragene Antrag wurde angenommen.“
Präsident Mag. Karl Wilfing (VP) beendete die Generaldebatte und eröffnete die Spezialdebatte.
(Forts.)
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