COVID-19-Maßnahmenpaket passiert den Bundesrat

Wien (PK) – Mit der Billigung durch den Bundesrat nahm das vom Nationalrat am 23. September verabschiedete COVID-19-Maßnahmenpaket heute die letzte parlamentarische Hürde. Für den Beschluss, gegen die Novellen keinen Einspruch zu erheben, stimmten die Regierungsparteien sowie die SPÖ. Die FPÖ hingegen blieb auch in der Länderkammer bei ihrer Ablehnung.

Die Änderungen im Epidemie-, Tuberkulose und COVID-19-Maßnahmengesetz schaffen die rechtlichen Grundlagen für die Corona-Ampel, für Ausgangsbeschränkungen und Betretungsverbote und stellen dabei etwa klar, dass Besuche im engsten Familienkreis auch im Fall eines Lockdowns nicht untersagt werden dürfen. Der Hauptausschuss des Nationalrats erhält überdies zusätzliche Mitspracherechte bei Verordnungen mit schwerwiegenden Grundrechtseingriffen. Die Geltungsdauer des COVID-19-Maßnahmengesetzes ist grundsätzlich mit 30. Juni 2021 begrenzt, per Verordnung ist aber eine Verlängerung um bis zu einem halben Jahr möglich. Durch Anpassung mehrerer Sozialversicherungsgesetze wiederum wird KassenärztInnen und Vertragsambulatorien die Berechtigung zur Durchführung von COVID-19-Tests erteilt, wobei diesem Vorhaben auch die FPÖ zustimmte.

ÖVP ortet wesentliche Verbesserungen

Seitens der ÖVP bezeichnete Bundesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St) das vorliegende Gesetz als wesentliche Verbesserung zum alten Gesetz, wobei er sich auch durch das Urteil zahlreicher ExpertInnen bestätigt sah. Man sei auf rund 16.000 Stellungnahmen eingegangen und konnte sich überdies in den Verhandlungen auch auf ein Expertenhearing stützen. Das Gesetz schaffe nun Klarheit, Effizienz und Transparenz und enthalte zudem mit der Einbindung des Hauptausschusses des Nationalrats und der Verankerung der Corona-Kommission wichtige Sicherheitsschleifen. Ziel der Maßnahmen sei es, Neuinfektionen einzudämmen und einen zweiten Lockdown zu verhindern – dies nach dem Motto „So viel Einschränkungen wie nötig und so viel Freiheit wie möglich“.

Grüne begrüßen Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen

Das neue Gesetz schaffe die rechtliche Basis für weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit, bestätigte auch Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/OÖ). Wie wichtig dies sei, würde gerade die aktuelle Entwicklung der Infektionszahlen zeigen. Die grüne Bundesrätin begrüßte insbesondere die nunmehr möglichen regionalen Differenzierungen und hob den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hervor. Wesentliche positive Aspekte sind für Hauschildt-Buschberger zudem die Ausnahme des privaten Wohnbereichs von Betretungsverboten sowie insgesamt die zeitliche Befristung der Maßnahmen, aber auch die Grundlage für die Abnahme von COVID-19-Tests durch die HausärztInnen.

SPÖ sieht verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt

Die SPÖ werde dem Gesetz zustimmen, damit das Chaos bei den Maßnahmen und in Bezug auf die Corona-Ampel endlich ein Ende findet, betonte Korinna Schumann (SPÖ/W). Sie warf der Bundesregierung vor, den Sommer nicht genützt zu haben und meinte, nun sei es nicht zuletzt dank der SPÖ gelungen, vielen Schärfen des Gesetzes die Zähne zu ziehen. So konnten verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt werden, auch gebe es jetzt Transparenz bei der Ampel. Besonders wichtig seien auch die Einbindung des Parlaments über den Hauptausschuss sowie die Befristung der Maßnahmen. Schumann richtete auch den Blick auf die wirtschaftliche Krise im Gefolge der Gesundheitskrise und deponierte einmal mehr die Forderungen ihrer Fraktion nach Erhöhung des Arbeitslosengelds und einem Corona-Tausender. Mit Nachdruck appellierte sie an die Regierung, alles zu unternehmen, um Arbeitsplätze zu retten und neue zu schaffen.

Ähnlich argumentierte Schumanns Salzburger Parteikollege David Egger. Seiner Meinung nach ist „der Zick-Zack-Kurs der konservativen Regierung“ dafür verantwortlich, dass der Vorsprung, den Österreich im Sommer hatte, verspielt worden sei. Die Leute seien verwirrt und verunsichert, künftig brauche es faktenbasierte Entscheidungen, mahnte er. Rudolf Kaske (SPÖ/W) bekräftigte die Forderung der SPÖ nach einer fünfzehnminütigen Maskenpause für ArbeitnehmerInnen nach jeweils zwei Stunden Tragepflicht. Ein entsprechender Entschließungsantrag fand aber, wie bereits im Nationalrat, auch im Bundesrat keine Mehrheit. Positiv wertete Kaske, dass künftig auch in Arztpraxen COVID-19-Tests durchgeführt werden können und die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) mit der Bereitstellung von Schutzausrüstung für Gesundheitsberufe beauftragt wird.

FPÖ wirft Regierung massiven Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte vor

Ganz anders lautete das Urteil der FPÖ über das vorliegende Gesetzespaket. Monika Mühlwerth (FPÖ/W) sprach von einem massiven Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte und vermisst jegliche Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Die Regierung setze die Bevölkerung in Angst und Schrecken und fahre das Land in Grund und Boden, stellte sie fest und wies dabei auf die Rekordarbeitslosigkeit, aber auch auf die Schulschließungen hin. Heftige Kritik übte Mühlwerth zudem an der Vorverlegung der Sperrstunde, die ihrer Meinung nach bloß zu einer Verlegung der Feiern in den privaten Bereich führen werde. Bei all den Maßnahmen sei das Parlament für die Regierung nur ein Erfüllungsgehilfe, wobei ihr die SPÖ bei diesem Gang in Richtung eines „Metternichschen Überwachungsstaats“ die Mauer mache.

In dieselbe Kerbe schlug auch Christoph Steiner (FPÖ/T) mit der Bemerkung, die Regierung habe eine Spur der Verwüstung durch das Land gezogen und mit ihren Maßnahmen Tausende von Existenzen zerstört. Durch das Gesetz würden nun alle Freiheitsrechte ausgehebelt, auch die Ampel sei ein reines Willkürsystem. „Grundrechte gelten aber auch in Krisenzeiten“, betonte Steiner an die Adresse Anschobers gerichtet.

Kein Verständnis für die Kritik der FPÖ

Für die Kritik der FPÖ zeigten die anderen Parteien allerdings wenig Verständnis. So merkte der niederösterreichische ÖVP-Bundesrat Martin Preineder an, man könne Infektionszahlen leugnen und schönreden, das werde Österreich aber nichts helfen. Auch Reisewarnungen durch andere Staaten werde man dadurch nicht wegbekommen. Ingo Appé (SPÖ/K) meinte, Opposition heiße nicht, immer nein zu sagen, in der größten Gesundheitskrise der Zweiten Republik hätten „Sandkastenspiele“ keinen Platz. Die SPÖ habe demgegenüber konstruktiv an der Verbesserung des Gesetzes mitgearbeitet.

Robert Seeber (ÖVP/OÖ) machte die „Corona-Leugner“ dafür mitverantwortlich, dass die Infektionszahlen zuletzt wieder gestiegen sind. Auch die teilweise Vorverlegung der Sperrstunde in der Gastronomie auf 22.00 Uhr wurde von ihm verteidigt. Er hält die Maßnahme im Sinne der Abwägung zwischen Gesundheit und Wirtschaft für nachvollziehbar, will sich aber für eine 23-Uhr-Lösung einsetzen.

Anschober: Das Ergebnis kann sich sehen lassen

Das vorliegende Gesetz sei nichts anderes als die Verbesserung dessen, was in einer sehr akuten Situation im März einstimmig beschlossen wurde, stellte Gesundheitsminister Rudolf Anschober klar. Er begrüßte ausdrücklich die nunmehrige Begutachtung, durch die es gelungen sei, den Entwurf noch weiter zu optimieren. Das Ergebnis könne sich nun sehen lassen, bringe es doch eine Verbesserung der Kontrolle, mehr Transparenz, bessere Handlungsmöglichkeiten und höhere demokratiepolitische Standards. Die rechtliche Absicherung der Ampel wiederum erlaube regionale Differenzierungen, sodass in Risikogebieten damit die Maßnahmen des Bundes verschärft werden können. Ziel sei es, von den derzeit hohen Infektionszahlen herunterzukommen und auch angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Folgen einen zweiten Lockdown zu verhindern, unterstrich Anschober.

Insgesamt verlief die Debatte zum Teil sehr emotional, wobei Bundesratspräsidentin Andrea Gitschthaler FPÖ-Bundesrat Steiner für die Begriffe „blöd“ und „Lügengeschichte“ einen Ordnungsruf erteilte.

Zu Beginn der Sitzung gedachte der Bundesrat in einer Trauerminute des langjährigen Vizepräsidenten des Bundesrats Walter Strutzenberger, der im August verstorben ist. (Fortsetzung Bundesrat) hof/gs

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