Klagen wegen Informationen über Pestizideinsatz sind massiver Angriff auf die Meinungsfreiheit

Wien/Bozen (OTS) – Morgen beginnt vor dem Landgericht Bozen das Strafverfahren gegen Karl Bär, Umweltschützer am Umweltinstitut München und Mitbegründer der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“. Ebenfalls verklagt wurde der österreichische Filmemacher und Buchautor Alexander Schiebel (“Das Wunder von Mals“), sein Verleger vom oekom Verlag sowie weitere Mitarbeiter der Umweltschutzorganisation. Ihnen wird unter anderem Verleumdung zum Nachteil der Südtiroler Landwirtschaft vorgeworfen, weil sie über den hohen Pestizideinsatz in Südtirol und dessen Folgen berichtet haben. Die Schadenersatzforderungen sind immens. Der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, sowie mehrere Südtiroler Bauern hatten Anzeige erstattet, woraufhin die Südtiroler Staatsanwaltschaft Anklage erhob.

„GLOBAL 2000 verurteilt den Versuch des Südtiroler Landesrats Arnold Schuler und der klagenden Bauern, die Kritiker des ausufernden Pestizideinsatzes in Südtirol zum Schweigen zu bringen, auf das Schärfste“, so Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOABL 2000: „Wir sind zutiefst entsetzt über diese Klage und erklären uns mit den Angeklagten, mit denen wir seit vielen Jahren eng und gut zusammenarbeiten, in jeder Hinsicht solidarisch. Kritik und Meinungsfreiheit waren immer elementare Bestandteile einer Demokratie und müssen das auch bleiben.“

Strategische Klagen um Umweltschützer gefügig zu machen

Die Anzeigen gegen das Umweltinstitut München, Alexander Schiebel und den oekom verlag reihen sich in eine in Europa immer häufiger angewandte Strategie ein, um AktivistInnen und kritische JournalistInnen mundtot zu machen: Mit zielgerichteten, strategischen Klagen versuchen Unternehmen, Politiker, Behörden und einflussreiche Einzelpersonen KritikerInnen zum Schweigen zu bringen, indem sie diese durch absurde Anschuldigungen einschüchtern bzw. durch Gerichtsprozesse über Jahre hinweg beschäftigen und zermürben. Im Falle einer Verurteilung würden existenzbedrohende Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe drohen. Diese Art der Klagen ist als „[Strategic Litigation against Public Participation]
(https://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Downloads/01_Them
en/05_Landwirtschaft/Pestizide/Suedtirol/University_of_Amsterdam_GPI_ Research_SLAPPs_.pdf)“ (SLAPP) in die Fachliteratur eingegangen und ist Ausdruck einer zunehmend repressiven Arbeitsumgebung für NGOs, AktivistInnen und kritische ReporterInnen.

„Auch bei GLOBAL 2000 waren wir aufgrund unserer Kritik an Pestiziden wiederholt mit Klagsdrohungen konfrontiert, was jedes Mal wieder Zeit und Geld kostet“, erklärt Burtscher-Schaden weiter: „Da flattert dann ein Anwaltsbrief herein, im Auftrag einer Behörde oder eines Politikers, und fordert uns auf, uns öffentlich von einer kritischen Aussage zu Pestiziden zu distanzieren und diese in Zukunft zu unterlassen. Bisher haben wir uns davon nicht beeindrucken lassen, da wir noch jedes Mal zuversichtlich waren, gegebenenfalls vor Gericht den Wahrheitsbeweis antreten zu können. Klagen blieben bislang aus.“

Mit dem Umweltinstitut Münschen verbindet GLOBAL 2000 seit vielen Jahren eine enge und gute Zusammenarbeit in mehreren Bereichen der Umweltpolitik, unter anderem auch zu Fragen der Landwirtschaft und der Pestizidproblematik, wie beispielsweise in den Europäischen Bürgerinitiativen „Stopp Glyphosat“ sowie „Bienen und Bauern retten“.

Zum Hintergrund: Obstbau in Südtirol

In der Provinz Südtirol wachsen Äpfel auf rund 18.000 Hektar Anbaufläche. Rund zehn Prozent der in Europa geernteten Äpfel stammen von dort. Die Apfelplantagen werden mehr als 20 Mal pro Jahr besprüht. Die Insektizide und Fungizide, die vor allem im Obstbau eingesetzt werden, werden durch den Wind verbreitet und sind kilometerweit entfernt auf biologisch bewirtschafteten Feldern, Spielplätzen, Radwegen und in abgelegenen Bergtälern zu finden. Die biologische Vielfalt und die menschliche Gesundheit werden durch diese Pestizide beeinträchtigt.

Mehr Informationen:
[http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/2020/pest
izidtirol/vor-gericht-wegen-kritik-am-pestizideinsatz-in-suedtirol.ht ml]
(http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/2020/pest
izidtirol/vor-gericht-wegen-kritik-am-pestizideinsatz-in-suedtirol.ht ml)

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