70 Jahre Charta der Heimatvertriebenen

Wien (PK) – Anlässlich der Verabschiedung der „Charta der Heimatvertriebenen“ vor 70 Jahren luden heute Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sowie der Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) zu einer Veranstaltung in das Parlament, um zur historischen Einordnung der damaligen Ereignisse als auch zur Entwicklung von Perspektiven für die Gegenwart beizutragen. „Die Charta ist beispielgebend für den Geist eines neuen Europas“, hob Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seiner Eröffnungsrede hervor, „denn Flucht und Vertreibung sind noch immer allgegenwärtig“. Die Charta habe es geschafft, zurückzusehen und gleichzeitig nach vorne zu blicken. Nicht zu vergessen sei, so Sobotka, dass das Verfassen dieser Charta ein mutiger Schritt gewesen sei.

Moderiert und eröffnet wurde die Veranstaltung von Norbert Kapeller, dem Präsidenten des Verbandes der altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ). Kapeller bezeichnete die Charta in seiner Eröffnungsrede als „Friedenserklärung“ der Heimatvertriebenen aus dieser Zeit. Der Verzicht auf Rache und Vergeltung sei wichtig gewesen und der Schutz des Vereinten Europas heilig.

Historiker Arnold Suppan nahm die historische Einordnung der Charta vor und betonte, dass damit auch der Willen bekundet wurde, am Wiederaufbau Europas tatkräftig mitzuwirken. Wahrscheinlich, so Suppan, habe die Charta auch einen Aufstand der Heimatvertriebenen verhindert. Die Aufnahme der Vertriebenen habe sich chaotisch gestaltet und aufgrund des Nahrungsmittelmangels teilweise zu abwehrenden Haltungen seitens der ansässigen Bevölkerung geführt. Es seien jedoch jede Menge Handwerker gebraucht worden und dies habe zu einer raschen Integration der Heimatvertriebenen in die Berufswelt geführt. Schon 1947 hätten sie das Wahlrecht erhalten, 1952 folgte das Gleichstellungsgesetz und 1954 das „Gesetz zum Erwerb von Staatsbürgerschaft für Volksdeutsche“. Die rasche Einbeziehung der Flüchtlinge in Schule und in die Arbeitswelt habe ein entscheidendes Element dargestellt. Die Vertreibung sei ein Verstoß gegen die UN-Menschenrechtscharta gewesen.

Volksgruppenpolitik der Gegenwart

„Die Heimatvertriebenen dürfen nicht auch noch aus der Geschichte vertrieben werden“, sagte die Vertriebenen- bzw. Volksgruppen-Sprecherin der ÖVP Gudrun Kugler. Nach ihren Erkenntnissen wüssten die Menschen heute viel zu wenig über das Thema und es würde sich auch nicht bzw. nicht richtig dargestellt in den Geschichtsbüchern der Schulen finden. Die Abgeordnete stellte daher den Wunsch nach Überarbeitung der Lehrpläne in den Raum.

Vonseiten der SPÖ hob Harald Troch (SPÖ) in seiner Rede die Solidarität der Heimatvertriebenen mit ihren ehemaligen Heimatländern hervor. Die Charta enthalte, so Troch, ein Bekenntnis zu einem vereinten Europa, eingebettet in den Kontext der Menschenrechte.

Josef Ofner (FPÖ) führte aus, dass viele der Charta mit Skepsis gegenüber gestanden seien, und meinte: „erst in der Fremde erfährt man, was die Heimat wert ist.“

Olga Voglauer, Volksgruppensprecherin der Grünen, ist selbst Angehörige der slowenischen Volksgruppe und erzählte von ihrem Zuhause als Ort des Einsatzes für Andere und der Empathie. „Unrecht darf nie gerechtfertigt werden“, sagte Voglauer.

Als Reaktion auf die nationalsozialistischen Verbrechen sowie die Expansionspolitik des Dritten Reichs auf Kosten etlicher europäischer Staaten wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Angehörige der deutschsprachigen Volksgruppe aus ihrer angestammten Heimat vertrieben und ins besetzte Deutschland und Österreich umgesiedelt. In diesen kriegszerstörten Ländern wurden sie unter teils schwierigen Bedingungen aufgenommen. Vor diesem Hintergrund unterzeichneten Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Vertriebenenverbände am 5. August 1950 die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“. (Schluss) ibe

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Rückschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie auf der Website des Parlaments.

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