Pneumokokken-Impfung: Heuer wichtiger denn je

Wien (OTS) – In der Hochphase der COVID-19-Pandemie war es schwierig, sich impfen zu lassen. Jetzt ist es dafür umso wichtiger. Darüber sind sich VertreterInnen der öffentlichen Hand, der ÄrztInnen und der ApothekerInnen einig. Das gilt speziell für Impfungen, die Infektionen der Atemwege und ihre Folgeerscheinungen verhindern. Zu diesen jährlich wiederkehrenden Infektionserkrankungen gehört unter anderem die bakterielle Pneumokokken-Lungenentzündung. Sie kann gerade bei älteren Personen und jenen mit chronischen Erkrankungen zu einem Spitalsaufenthalt, im schlimmsten Fall sogar zu einer Behandlung auf der Intensivstation und zum Tod führen. Kommenden Winter wird es aufgrund der gleichzeitig zu erwartenden Covid-19-Fälle umso relevanter sein, Lungenentzündungen so gut wie möglich zu verhindern. Im Unterschied zu SARS-CoV-2 kann man sich gegen die wichtigsten Pneumokokken-Subtypen impfen lassen. Gerade wegen der niedrigen Durchimpfungsrate der letzten Jahre sollten Risikogruppen – also ältere Personen und chronisch Kranke – dies heuer verstärkt tun.

Invasive Pneumokokken-Erkrankungen nur die Spitze des Eisbergs

„2019 wurden in Österreich 615 invasive Pneumokokken-Erkrankungen gemeldet, also etwa gleich viele wie im bisherigen Rekordjahr 2018“, berichtet Priv. Doz.in Mag.a Dr.in Maria Paulke-Korinek, PhD, DTM, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. „Die meisten Fälle wurden bei Personen über 80 Jahren beobachtet, gefolgt von den 75-79-Jährigen“, so die Impfexpertin. „Diese invasiven Erkrankungen sind aber nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der tatsächlichen Pneumokokken-Infektionen“, erläutert OA Dr. Michael Meilinger vom Arbeitskreis Infektiologie und Tuberkulose der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und ergänzt: „Bei Erwachsenen zeigen sie sich meist in Form von Lungenentzündungen. Diese können zwar in den meisten Fällen vom Hausarzt oder von der Hausärztin mit einem Antibiotikum behandelt werden, dennoch handelt es sich dabei nicht um eine harmlose Erkrankung.“ Eine Pneumonie könne auch einen schweren Verlauf mit respiratorischer Insuffizienz (zu wenig Sauerstoff im Blut), Blutvergiftung oder Multiorganbeteiligung nehmen und entzündlichen Stress in den Blutgefäßen erzeugen, der längerfristig zu einem erhöhten Risiko für Mikroinfarkte in Organen, Schlaganfälle oder Herzinfarkte führen würde. „Das bedeutet, dass das Mortalitätsrisiko auch für diese PatientInnen steigt“, warnt der Pneumologe.

Abstand halten nicht immer möglich

„Abstandhalten würde – wie auch bei Covid-19 – helfen, die Ansteckungsraten zu verhindern. In der Familie oder bei engen Freunden ist das aber nicht immer so leicht“, betont Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer. „Ein enger Kontakt zu Kindern – also beispielsweise zwischen Großeltern und Enkelkindern – fördert die Übertragung von Covid-19 und von anderen Erkrankungen wie Pneumokokken-Infektionen.“

Pneumokokken besiedeln den Nasen-Rachen-Raum und werden wie SARS-CoV-2 durch Tröpfcheninfektion übertragen.[1] Daher sind sie die bedeutendste Infektionsquelle für Erwachsene Kinder unter fünf Jahre. Sie tragen Pneumokokken ständig in sich, ohne zu erkranken. Sind die Abwehrkräfte allerdings geschwächt, kann es zu einer Pneumokokken-Erkrankung kommen.[2] „In weiterer Folge können Kinder die Erkrankung dann an ihr Umfeld „weitergeben“, was gerade bei älteren Menschen zu schwerwiegenden Konsequenzen führen kann“, erklärt Schmitzberger.

Höhere Pneumokokken-Durchimpfungsrate bedeutet weniger
Erkrankungen und mehr freie Spitalsressourcen

Einig sind sich die ExpertInnen darüber, dass die Durchimpfungsrate bei der Pneumokokken-Impfung dieses Jahr deutlich erhöht werden sollte. Bisher liegt sie bei Personen zwischen 19 und 69 Jahren bei 15 Prozent.[3] Die Serotypenverteilung zeige, dass die Serotypen 3,19A und 8 in Österreich im vergangenen Jahr am häufigsten vorgekommen sind, erläutert Paulke-Korinek. Meilinger betont:
„Niemand kann aktuell sicher vorhersagen, wie die Corona-Situation im Winter aussehen wird. Als Pneumologe und Vertreter des Arbeitskreises Infektiologie und Tuberkulose der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie kann ich nur an alle Personen über 60 appellieren, sich gegen Pneumokokken impfen zu lassen. Personen mit Vorerkrankungen, wie z.B. chronischen Lungen- oder Herzerkrankungen, Diabetes, Niereninsuffizienz oder auch Tumorerkrankungen sollten sich unabhängig vom Alter unbedingt impfen lassen. Damit reduzieren sie das Risiko für zumindest eine gefährliche Lungenerkrankung und tragen dazu bei, dass wir weiterhin genug Spitalsressourcen haben, um PatientInnen mit Erkrankungen zu behandeln, gegen die es (noch) keine Impfung gibt.“

WHO empfiehlt die Fortführung der Impfprogramme

Auch die WHO stellt klar, dass existierende Impfprogramme für ältere Personen und jene mit Risikoerkrankungen weiter durchgeführt werden sollen, während gleichzeitig darauf geachtet werden muss, dass es zu keiner Übertragung von Covid-19 kommt.[4] Impfreferent Schmitzberger: „Die Österreichische Ärztekammer unterstützt diese Aufforderung und hat alle Maßnahmen getroffen, um Covid-19-Ansteckungen im Rahmen von Arztbesuchen zu verhindern.“ Derzeit ist noch nicht bekannt, ob Covid-19 mit einem erhöhten Risiko für Pneumokokken-Infektionen assoziiert ist. Aber: Eine Pneumokokken-Impfung kann sowohl primäre als auch sekundäre Infektionen verhindern und den Einsatz von Antibiotika reduzieren.(4)

Pneumokokken-Impfaktion bis 31. März 2021

„Die Pneumokokken-Impfstoffe werden derzeit im Rahmen einer Impfaktion der österreichischen Apotheken vergünstigt angeboten“, erklärt Mag. pharm. Dr. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer. „Die Impfaktion läuft vom 1. September bis zum 31. März 2021. Darüber hinaus gewähren einige Krankenkassen einen Kostenzuschuss. Um das Handling für die Kunden möglichst einfach zu gestalten, wird dieser Kostenzuschuss direkt in der Apotheke vom Aktionspreis abgezogen.“

Gemeinsames Vorgehen wichtig

Noch gibt es keine Impfung gegen Covid-19, dennoch zeige sich bereits jetzt, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen der öffentlichen Hand, der ÄrztInnen, der ApothekerInnen und der impfstoffherstellenden Industrie sei, betont Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH) und Senior Manager Public Affairs Vaccines bei Pfizer Österreich. „Gegen die Pneumokokken gibt es schon viele Jahre effektive Impfstoffe, daher ist es wichtig, dass wir hier gemeinsam an das Bewusstsein der Bevölkerung appellieren, sich selbst und andere durch die Impfung zu schützen. Impfen heißt auch im Fall der Pneumokokken-Impfung Verantwortung tragen, für sich selbst und für die Gesellschaft.“

* * *

[1] Österreichischer Impfplan 2020

[2]
https://infektiologie.co.at/wp-content/uploads/2019/11/Kundi_Pneumoko
kken2019.pdf, zuletzt abgerufen am 24.8.2020

[3] Integral Marktforschung, Impfverhalten in Österreich, 2019

[4] WHO, Immunization in the context of COVID-19 pandemic, April 2020

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