Wien (OTS/RK) – Das Thema der Aktuellen Stunde hatte diesmal die FPÖ eingebracht. Es lautete: „Autofreie City, Pop-Up-Radwege und andere Verkehrs-, Anrainer- und Wirtschaftsschikanen. Wann schiebt Bürgermeister Ludwig den grünen Ideologieprojekten endlich einen Riegel vor?“
GR Anton Mahdalik (FPÖ) eröffnete die Aktuelle Stunde. Er warf der rot-grünen Stadtregierung vor, „die Symptome von Leiden zu bekämpfen, die sie selbst verursacht haben“. Die Verkehrspolitik der Stadt sei verfehlt, die Pop-up-Radwege würden „zusätzlichen Stau, Lärm und Abgase für Anrainer“ verursachen. Die „Coolen Straßen“ seien deshalb notwendig, weil die Stadtplanung versagt hätte und sogar in Neubaugebieten Flächen „zubetoniert“ und Hitzepole geschaffen hätte. Als Beispiel nannte Mahdalik die Seestadt Aspern mit „Häuserschluchten und Asphaltwüsten dazwischen“. Die SPÖ ließe sich vom grünen Juniorpartner „am Nasenring durch die Pop-Up-Radwege oder Begegnungszonen ziehen“, klagte Mahdalik. Von Bürgermeister Ludwig forderte er klare Ansagen zur Verkehrspolitik und kein „Umeinandergeschwurbel“; entweder sei Ludwig für eine „autofreie“ City oder dagegen – ein besseres Konzept zu fordern sei aus Mahdaliks Sicht nicht genug. Überhaupt würde die Stadt bei selbst gesteckten Zielen in Sachen Radverkehr hinterherhinken, so stagnierten die Radzahlen bei 7 Prozent Anteil am sogenannten „Modal Split“ – schlecht geplante Pop-Up-Radwege oder Kampagnen der, mit 22 Millionen Euro dotierten, Mobilitätsagentur würden daran auch nichts ändern; das Geld sei besser in sichere Radwege investiert.
GR Karl Baron (HC) nannte Pop-Up-Radwege, Coole Straßen, temporäre Begegnungszonen und den geplanten Pool am Gürtel „schwachsinnige Projekte“ und sah die SPÖ in der Pflicht, den grünen Koalitionspartner „einzubremsen“. Die „Anti-Autofahrer-Regierung in der Stadt“, die PKW-Nutzerinnen und Nutzer „zum Feindbild erklärt“ hätte, schade der Wirtschaft und verursache Stau und Abgase. Baron forderte „mehr Parkplätze, flüssigeren Verkehr“ statt „antidemokratische Maßnahmen wie Pop-Up-Radwege“. Ziel der Grünen in der Stadtregierung sei es, „Rechte der Autofahrer zu beschneiden“ und Wien mittelfristig in eine autofreie Stadt zu verwandeln. Das „Team HC Strache ist der politische Schutzpatron der Autofahrer gegen die Schikane der Grünen“, sagte Baron.
GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) kritisierte, dass die Fachkonzepte und Strategien zum Verkehr in der Stadt „das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben sind“. So sei die Stadtregierung bei vielen Vorhaben in Sachen Verkehrsberuhigung, Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität wie Öffis oder Radverkehr sowie bei der Überarbeitung des Parkraumbewirtschaftungskonzepts säumig. Die NEOS würden die Verkehrsberuhigung der City begrüßen:
Weniger Auto-Verkehr bedeute mehr Platz für Menschen und damit mehr Frequenz und Umsatz für die Geschäfte in der City. Allerdings könne keine Rede von „autofreier City“ sein. Das Konzept sehe eine Reduktion des Durchzugsverkehrs vor und ziele darauf ab, dass Autos die Tiefgaragen benutzen würden. Sie, Emmerling, könne die Aufregung rund um die Verkehrsberuhigung der Inneren Stadt nicht nachvollziehen; ähnliches sei in italienischen Städten bereits seit Jahrzehnten „gang und gäbe“
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) ortete „Etikettenschwindel, Versäumnisse und Provokation“ bei der Verkehrspolitik der grünen Vizebürgermeisterin Hebein. Auch er begrüßte eine Verkehrsberuhigung der City; alle am Projekt beteiligten Parteien in der Inneren Stadt hätten sich auf eine Verkehrsberuhigung geeinigt, Hebein würde das Projekt aber im Vorwahlkampf als „autofreie City“ anpreisen. Hebein sei den Wienerinnen und Wienern auch seit Ostern ein neues Konzept für die Parkraumbewirtschaftung schuldig, so Juraczka. Ein neues, funktionierendes Konzept für das Parkpickerl sei wichtig für die Lebensqualität in der Stadt. Als Provokation empfand Juraczka, dass sich die Politik in Wien mit Pop-Up-Radwegen beschäftige, während es in der Zeit nach Corona Priorität haben müsse, sich mit den wirtschaftlichen Folgen zu beschäftigen.
GR Mag. Rüdiger Maresch (Grüne) ortete ein Abrutschen der Stadt in Sachen Verkehrspolitik ins Mittelfeld. Wien sei vor knapp zehn Jahren mit Projekten wie der 365-Euro-Jahreskarte, Radeln gegen die Einbahn, Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, flächendeckendes Tempo-30 oder dem Umbau der Mariahilfer Straße noch „Avantgarde“ gewesen, würde aber jetzt von Metropolen wie Paris, Barcelona oder London überholt. Die französische Hauptstadt hätte die Stadtautobahn an der Seine geschlossen und Platz für Menschen geschaffen; die Innenstadt von Barcelona sei „wirklich autofrei“, während in Wien über eine Verkehrsberuhigung diskutiert werde; Vorbilder für die Pop-Up-Radwege seien London oder Berlin gewesen. Maresch erinnerte an die Ziele, die sich die Stadt im Fachkonzept Mobilität gesteckt hätte – „die wollen wir erreichen“, sagte Maresch: „Und in einer nächsten rot-grünen Regierung geht noch mehr. Wien muss wieder Avantgarde werden.
GRin Yvonne Rychly (SPÖ) betonte, dass die SPÖ für ein Verkehrskonzept für die Innenstadt eintrete, das alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer berücksichtigt. Sie sprach sich für eine Verkehrsberuhigung aus, allerdings müsste diese auch mehr Platz für Fußgeherinnen und Fußgeher bringen, zusätzliche Radabstellplätze schaffen und mehr Abschnitte für das Radeln gegen die Einbahn ermöglichen. Beim derzeit diskutierten Konzept würde kein einziger Stellplatz zugunsten von mehr Grün entfernt. Außerdem dürfe die Verkehrsberuhigung nicht mehr Parkplatz-Druck für die Grätzel außerhalb des Rings bringen. Das „im Alleingang von Bezirksvorsteher und Vizebürgermeisterin beschlossene Konzept“ spiele Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gegeneinander aus – die SPÖ hingegen wolle „Lösungen, die niemanden gegeneinander ausspielen, sondern eine Verkehrspolitik die alle einbezieht“, sagte Rychly.
GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) kritisierte, dass durch die Einrichtung der „Coolen Straßen“ Bauprojekte verschoben werden müssten, weil Gerüste nicht aufgebaut werden, oder Mulden für Bauschutt nicht abgestellt werden dürften. Das stelle ein Problem für die Baufirmen dar, die nach der Corona-Krise versuchen wieder durchzustarten. Auch würden viele Radfahrer die Pop-Up-Radwege nicht nutzen, weil es ohnedies einen bestehenden Radweg direkt daneben gebe und die Radspuren auf der Fahrbahn nicht als sicher empfunden würden. Stau entstehe „nicht nur dort, wo viele Autos fahren, sondern wo das Verhältnis nicht passt“, gab Olischar zu bedenken. Auch seien die Maßnahmen der Verkehrsstadträtin nicht durch Zahlen gestützt, sondern fielen unter die Kategorie „Wahlkampfzuckerl“. „Das sind alles nette Einzelprojekte, aber keine großen Würfe“, sagte Olischar. Es brauche Lösungen für Pendlerinnen und Pendler und den Ausbau der Öffis in den Außenbezirken, um den Individualverkehr in Wien zu reduzieren. Das Ziel könne aber nicht durch „Zusperren und Verhindern“ erreicht werden, „sondern durch das Anbieten von Alternativen“, sagte Olischar. (Forts.) ato
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