Wien (PK) – Umweltgerechte Bewirtschaftung, nachhaltiger Pflanzenschutz und die Verbesserung der Krisenresilienz sollen in Zukunft noch stärker im Fokus der österreichischen Landwirtschaftspolitik stehen. In einer Reihe von Entschließungen rief der Nationalrat heute Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu entsprechenden Maßnahmen auf, wobei der Anstoß zu den Initiativen jeweils von der Opposition kam.
SPÖ drängt auf Bio-Wende, Regierungsparteien rufen zu mehr Nachhaltigkeit in der GAP auf
So forderte Cornelia Ecker (SPÖ) eine Neuausrichtung der österreichischen Agrarpolitik hin zu einer Bio-Wende und drängte dabei unter anderem auf eine schrittweise Umstellung des Fördersystems zur verstärkten Unterstützung des Umstiegs auf Biolandwirtschaft. Zentrale Punkte ihrer Initiative sind zudem eine nachhaltige Reduktion des Pestizideinsatzes inklusive nationaler Verbote hinsichtlich Neonikotinoide und bienengefährdender Insektizide, die Forcierung der Regionalität und der biologischen Landwirtschaft bei der Beschaffung von Lebensmitteln im öffentlichen Bereich sowie verstärkte Information und Sensibilisierung der KonsumentInnen hinsichtlich des Wertes von hochqualitativen heimischen Bio-Lebensmitteln.
Die Regierungsparteien nahmen den Vorstoß der SPÖ als Anlass für eine von ÖVP, Grünen und NEOS angenommene Entschließung, mit der die Landwirtschaftsministerin ersucht wird, Maßnahmen für eine nachhaltige und umweltgerechte Bewirtschaftung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu ergreifen. Für das Agrarumweltprogramm ÖPUL sieht die Initiative mehrere Maßnahmen zu Qualitätsverbesserungen und zur Schaffung finanzieller Anreize für Umwelt- und Klimamaßnahmen vor.
Cornelia Ecker (SPÖ) kritisierte die Ablehnung ihrer Initiative durch die Regierungsparteien und stellte fest, die Förderung biologischer Landwirtschaft sei für die Koalition bloß ein Lippenbekenntnis. Den Antrag von ÖVP und Grünen qualifizierte die Landwirtschaftssprecherin der SPÖ als Ablenkungsmanöver, erwähne er doch etwa das Thema Pestizidreduktion mit keinem Wort. In einem Entschließungsantrag, der allerdings abgelehnt wurde, drängte Ecker auf Anreize für Blühflächen zur Förderung der Biodiversität. Klaus Köchl (SPÖ), aber auch Walter Rauch (FPÖ), warfen zudem der Regierung vor, in ihrer Landwirtschaftspolitik überwiegend auf Agrarkonzerne zu setzen.
Georg Strasser (ÖVP) hingegen sprach von einer guten Entwicklung , zumal bereits 25% der landwirtschaftlichen Fläche in Österreich biologisch bewirtschaftet werden. Der ÖVP-Agrarsprecher plädierte für ein Miteinander von konventioneller und biologischer Landwirtschaft und meinte, letztlich sollte die Entscheidung bei den LandwirtInnen und den KonsumentInnen liegen. Sein Fraktionskollege Josef Hechenberger gab zu bedenken, die Bio-Wende müsse am Markt stattfinden, derzeit würden österreichische Bio-Lebensmittel vor allem für den Export produziert.
Österreich sei ein Bio-Musterschüler, jeden Tag würden zwei neue Bio-Betriebe dazukommen, betonte namens der Grünen Olga Voglauer. Der Antrag der Koalition lege nun den Grundstein dafür, dass der Einstieg in die Bio-Landwirtschaft gelingen kann. Clemens Stammler (Grüne) wies in diesem Zusammenhang auf die positive Klimabilanz von regionaler Produktion hin.
Das Wichtigste sei der Absatz für Bio-Produkte, unterstrich Gerald Hauser (FPÖ), deshalb gelte es, den Tourismus zu forcieren. Die Bäuerinnen und Bauern müssen ordentliche Preise für ihre Produkte erhalten, pflichtete ihm Peter Schmiedlechner (FPÖ) bei.
Abgeordnete für Nachhaltigkeit auch beim Pflanzenschutz
Integrierter Pflanzenschutz und nachhaltiges Schädlingsbekämpfungsmanagement sind die Ziele einer gemeinsam von ÖVP, Grünen, FPÖ und NEOS angenommenen Entschließung, die eine Initiative der NEOS aufgreift. Darin wird, wie Johann Weber (ÖVP) erläuterte, im Nationalen Aktionsplan zum Pflanzenschutz unter anderem eine Unterstützung durch ÖPUL-Maßnahmen, sowie eine Aufstockung des Forschungsbudgets für alternative Pflanzenschutzmaßnahmen vorgesehen. Weiters soll die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) finanziell besser ausgestattet werden, um die Entwicklung alternativer Pflanzen- und Bodenschutzstoffe und Auswirkungen von Pestiziden erforschen zu können. Marktverzerrung auf europäischer Ebene sollen vermieden werden, indem nationale Bestimmungen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz im Einklang mit der EU-Gesetzgebung unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer biodiversitätsfördernden Bewirtschaftung erlassen werden, ist dem Antrag zu entnehmen. Regionale Saatgutzüchtung solle forciert werden, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren zu können.
SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl beklagte, in Österreich könne nach wie vor Glyphosat eingesetzt werden, was Georg Strasser (ÖVP) auf das Schärfste bestritt.
Bundesministerin Elisabeth Köstinger betonte, im Nationalen Aktionsplan Pestizide würden sämtliche Best-Practice-Beispiele berücksichtigt. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln müsse aber weiterhin auf Basis von wissenschaftlichen Studien erfolgen. Auch sei es nicht sinnvoll, Pestizide in Österreich zu verbieten, dann aber Produkte zu importieren, die genau mit diesen Pestiziden behandelt wurden.
Maßnahmen für Krisenresilienz der Landwirtschaft
NEOS-Landwirtschaftssprecherin Karin Doppelbauer sieht die derzeitige Corona-Krise als Weckruf, die Krisenresilienz der österreichischen Landwirtschaft langfristig systematisch auszubauen und auf allen politischen Ebenen entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Ihr Entschließungsantrag war die Basis für eine gemeinsame Initiative von ÖVP, Grünen und NEOS, die nun ebenfalls Maßnahmen zur Krisenresilienz fordert und dabei insbesondere die Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie, aber auch die Folgen des Klimawandels anspricht.
Krisenresilienz könne allerdings nicht Abschottung bedeuten, räumte Doppelbauer ein. Österreich müsse über den Tellerrand hinausblicken und die Kooperation mit den europäischen Partnern suchen. Regionalität ja, aber keine nationale Kleingeisterei, lautet ihre Devise.
Für Franz Eßl (ÖVP) hat die Corona-Krise unter Beweis gestellt, dass die heimische Landwirtschaft die Versorgung Österreichs sichern kann. Nun gehe es vor allem um die Stärkung der regionalen Produktion, Ernährungssicherheit müsse oberstes Ziel bleiben, betonte er.
Keine Mehrheit für sanktionsfreies Aussetzen der Begrünung bei Mäuseplagen
Die FPÖ brachte in einem Entschließungsantrag die Mäuseplage zur Sprache, von der letztes Jahr große Flächen des östlichen Weinviertels betroffen waren. Heuer drohe sich die Situation aufgrund des milden Winters, der zunehmenden Trockenheit und der extremen Vermehrungsrate der Feldmäuse zu wiederholen, warnte Peter Schmiedlechner. Sein Entschließungsantrag mit dem Appell an Bundesministerin Elisabeth Köstinger, bis zum Ende der laufenden GAP-Periode ein sanktionsfreies Aussetzen der Begrünung der Ackerflächen in Regionen mit hohem Mäusefraß zu ermöglichen und die ÖPUL-Gelder weiterhin den davon betroffenen LandwirtInnen auszuzahlen, fand allerdings keine Mehrheit.
Der Antrag würde nicht halten, da er nicht EU-konform sei, argumentierte Andreas Kühberger (ÖVP). (Fortsetzung Nationalrat) hof
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