Kirchlich-ministerieller Schulterschluss für die Abwertung des Ethikunterrichtes gegenüber dem Religionsunterricht

Wien (OTS) – „Ethik statt Religion?“ – so der irreführende Titel einer heute im kirchlichen St. Virgil Zentrum in Salzburg stattfindenden PR-Veranstaltung der Katholischen Bischofskonferenz, die die Bewerbung eines diskriminierenden Ethikunterrichtes ausschließlich für Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, bezwecken soll. Ferner soll im Rahmen der ‚interreligiösen Fachtagung‘, an der auch BM-Faßmann teilnimmt, der ‚Frage nach dem „Mehrwert“ des Religionsunterrichts gegenüber einem Ethikunterricht‘ nachgegangen werden.

„Es ist mehr als befremdlich, dass ein Bildungsminister der Republik Österreich an einer kirchlich organisierten Veranstaltung, die der Marginalisierung des Ethikunterrichtes gegenüber dem Religionsunterricht dienen soll, teilnimmt. BM Faßmann hat in der Vergangenheit bereits kein Hehl daraus gemacht, dass für ihn der Ethikunterricht seine Daseinsberechtigung lediglich im Schatten des Religionsunterrichtes hat und diesem auch dienen soll. Dass BM Faßmann nun ganz offen im Tandem mit der Kirche für die Herabsetzung des Ethikunterrichtes wirbt, ist aber ein Novum und zugleich eine fachliche Bankrotterklärung“, meint Eytan Reif, Sprecher des Volksbegehrens „Ethik für ALLE“. Als sehr bedenklich betrachtet Reif zudem die Rolle der Kirchlich Pädagogischen Hochschule (KPH) Graz als Mitveranstalterin dieser ‚Fachtagung‘: „Als staatlich anerkannte private konfessionelle Hochschule hat sich die KPH Graz auf die Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrages zu konzentrieren und nicht politisch konnotierte Events im Sinne ihrer Trägerin, nämlich der Katholischen Kirche, zu veranstalten. Vor diesem Hintergrund kommen abermals auch ernsthafte Zweifel auf, ob die Kirchlichen Pädagogischen Hochschulen, die primär ReligionslehrerInnen ausbilden, überhaupt die EthiklehrerInnen-Ausbildung vornehmen sollen. Hier wird eindeutig der Bock zum Gärtner gemacht“.

Der katholische Theologe und Mitinitiator des Volksbegehrens Prof. Anton Bucher sieht die Tagung ebenfalls sehr kritisch. „Es ist durchaus das Recht von religiös-kirchlichen Institutionen, über religiöse und ethische Bildung zu reflektieren. Der Kontext dieser Tagung ist jedoch, dass die neue Bundesregierung vorgesehen hat, einen verpflichtenden Ethikunterricht ausschließlich für SchülerInnen vorzuschreiben, die nicht am Religionsunterricht einer der staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften teilnehmen. Das betrifft an erster Stelle Kinder aus Familien, die konfessionsfrei sind. Gemäß dem Programm dieser Tagung ist jedoch nicht vorgesehen, dass ein Repräsentant der Konfessionsfreien zu Wort kommt. Damit wiederholt sich, was anlässlich der Parlamentarischen Enquete zur Werteerziehung an österreichischen Schulen im Jahre 2012 zu einem demokratiepolitischen Skandal hätte führen sollen. So entsteht wieder der Eindruck, dass die Religionsgemeinschaften über die ethische Bildung jener SchülerInnen befinden wollen, die die entsprechenden kirchlichen Angebote ausgeschlagen haben oder diese nicht annehmen“. Prof. Bucher hat im Jahr 1997 die Ethikschulversuche in Salzburg initiiert, diese im Auftrag des Unterrichtsministeriums offiziell evaluiert und seitdem weitere 20 Jahre unterrichtlich und empirisch begleitet. Nachdem er sich mehrmals für die Einführung eines Ethikunterrichtes für alle Schülerinnen und Schüler ausgesprochen hat, wurde ihm die Lehrtätigkeit an kirchlichen pädagogischen Hochschulen verwehrt. Bucher dazu: „Offensichtlich wird nicht begriffen, dass der Wunsch nach ethischer Bildung für alle nicht ein Angriff auf den Religionsunterricht ist – in Berlin funktioniert es ja auch. Dass aber solche Argumentationsmuster entstehen, ist m.E. ein Indiz dafür, dass Angst herrscht, historisch gewachsene Privilegien zu verlieren“.

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