Verkehrsausschuss debattiert Maßnahmen gegen Mautflucht und Schaffung eines Österreich-Tickets

Wien (PK) – Nach der Aussprache mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler debattierten die Abgeordneten im Verkehrsausschuss noch weiter über politische Weichenstellungen für den Straßenverkehr und den öffentlichen Verkehr. Gelegenheit dazu boten zwei Berichte, die vom Verkehrsministerium noch in der Zeit der Übergangsregierung übermittelt wurden. Der erste Bericht bewertete die Wirksamkeit von Maßnahmen gegen Verkehr, der durch Mautflucht vor allem in Grenzregionen entsteht. Der zweite Bericht informierte über den Stand der Überlegungen zu einem nicht-subventionierten Österreich-Ticket, das die landesweite Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ermöglichen soll. Das Österreich-Ticket ist auch Thema eines Entschließungsantrags der SPÖ, der allerdings vertagt wurde.

In einem gemeinsamen Initiativantrag sprechen sich SPÖ und FPÖ für Erleichterungen für Feuerwehren beim Zugriff auf technische Fahrzeugdaten und Vereinfachungen bei Bescheiden über die Führung von Blaulicht aus. Der Antrag wurde im Ausschuss von ÖVP, FPÖ und Grünen abgeändert. Der Zugriff auf technische Fahrzeugdaten soll den Feuerwehren damit ab Herbst ermöglicht werden.

Mit einem Entschließungsantrag spricht sich die FPÖ für Wechselkennzeichen aus, die zwischen PKW und Motorrädern gewechselt werden können. Dieser Antrag wurde nur von der FPÖ unterstützt und damit abgelehnt. Per Initiativantrag setzen sich die NEOS für eine Änderung bei der Gültigkeit von online erworbenen digitalen Vignetten. Sie halten eine Wartefrist aus rechtlicher Sicht für unnötig. Der Antrag wurde vertagt.

Einstimmig sprach sich der Ausschuss für die Ratifizierung zweier Staatsverträge aus, mit denen Island und Norwegen in das Luftverkehrsabkommen zwischen EU und USA einbezogen werden.

Verkehrsministerium zu Mautflucht: Fokus auf begleitendes Straßennetz legen

Zu einer kurzen Diskussion über die Frage der Vermeidung von Mautflucht führte der Bericht des Verkehrsministeriums. Der Bericht war vom Nationalrat in einer Entschließung Anfang Juli 2019 eingefordert und im Herbst 2019 vom damaligen Verkehrsminister Andreas Reichhardt vorgelegt worden. (III-63 d.B.). Bei der Einschätzung der Wirkung von Ausnahmen von der Vignettenpflicht und von Fahrverboten kam das Ministerium zum Ergebnis, dass Maßnahmen im begleitenden Straßennetz, also Fahrverboten für Autos ohne Vignette, der Vorzug zu geben sei. Sie hätten ähnliche Verkehrseffekte der Rückverlagerung auf die Autobahn wie streckenbezogene Ausnahmen von der Vignettenpflicht. Die Maßnahmen würden auch keine hohen Einnahmenverluste für die ASFINAG nach sich ziehen und wären über Verordnungen der Bezirksverwaltungsbehörden relativ rasch umsetzbar.

Der Abgeordnete der ÖVP Hermann Gahr hielt fest, der Bericht bevorzuge zwar andere Maßnahmen gegen die Mautflucht als die, welche im Dezember 2019 gewählt wurden. Ausschlaggebend sei aber gewesen, dass man rasch eine Lösung für die stark vom Transitverkehr betroffenen Regionen finden wollte. Dieser Aspekt stand auch für die Abgeordneten Christian Hafenecker (FPÖ) und Hermann Weratschnig (Grüne) im Vordergrund. Alois Stöger (SPÖ) sah hingegen die Kritik der SPÖ an den Mautausnahmen durch den Bericht bestätigt.

Der Bericht des Verkehrsministeriums habe verschiedene Optionen aufgezeigt, sagte Bundesministerin Leonore Gewessler. Über die Wirkung der nun gewählten Mautbefreiungen einzelner Abschnitte erhebe die ASFINAG laufend Daten, damit man die tatsächliche Wirkung, wie geplant, nach zwei Jahren evaluieren könne. Derzeit würden ihrem Ressort keine Anträge zur Mautbefreiung weiterer Autobahnabschnitte vorliegen, teilte sie den Abgeordneten Hafenecker (FPÖ) und Alois Schroll (SPÖ) auf ihre diesbezüglichen Fragen mit.

Bundesministerin Gewessler: An Österreich-Ticket wird intensiv gearbeitet

Einen kurzen Bericht hat das Verkehrsministerium auch aufgrund einer Entschließung des Nationalrats vom 3. Juli 2019 dem Nationalrat übermittelt (III-64 d.B.). Das Verkehrsministerium (BMVIT) hält demnach das Projekt der Schaffung eines nicht-subventionierten Österreich-Tickets für verkehrspolitisch zweckmäßig und unterstützt dieses Projekt. An dieser Einschätzung habe sich auch nicht geändert, bekräftigte Verkehrsministerin Gewessler im Verkehrsausschuss. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Hermann Weratschnig (Grüne) sagte, mit dem 1-2-3-Österreich-Ticket schaffe man eine völlige Neuerung für den öffentlichen Verkehr. FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek verwies auf Bedenken der Bundesländer, dass sie Mittel für den öffentlichen Verkehr verlieren könnten, die berechtigten Anliegen der Länder müsse man im Auge behalten.

Alois Stöger (SPÖ) sagte, es sei auch wichtig, dass man den Freizeitverkehr zunehmend auf öffentliche Verkehrsträger verlagern könne. Er ist auch der Ansicht, dass das Parlament den allgemeinen Konsens in Hinblick auf die Schaffung des Österreich-Tickets mit einer Entschließung den Wunsch nach einer raschen Umsetzung des im Regierungsprogramm angekündigten 1-2-3-Österreich-Tickets unterstreichen sollte (208/A(E)). Wichtig sei es, das Österreich-Ticket bereits im aktuell in Verhandlung stehenden Verkehrsdienstevertrag für die Ostregion zu berücksichtigen, sagte SPÖ-Abgeordnete Julia Herr.

Der Entschließungsantrag wurde von Abgeordnetem Lukas Hammer (Grüne) zwar als Zeichen der Zustimmung zum Projekt Österreich-Ticket begrüßt, der aber ungeachtet dessen eine Vertagung für gerechtfertigt hielt. Man müsse für die Ausarbeitung dieses sehr komplexen Projekts eine gewisse Zeit veranschlagen, meinte er. Mit dem Hinweis auf den Umfang des Vorhabens argumentierte auch ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger die Vertagung. FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ) hielt diese Argumentation hingegen für nicht schlüssig. Da Konsens bestehe, dass man das Österreich-Ticket wolle, sollte man der Entschließung zustimmen, befand er. NEOS-Abgeordneter Johannes Margreiter signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zu den Plänen für ein Österreich-Ticket, meinte aber, gerade im Schienenverkehr müsse diesem dann auch ein erweitertes Angebot entgegenstehen, da viele Züge bereits jetzt ausgelastet seien. Auch Klaus Köchl (SPÖ) unterstrich, dass man gleichzeitig das Angebot an Linienverkehr im Auge haben müsse, viele Gebiete seien hier unterversorgt.

Verkehrsministerin Leonore Gewessler hielt noch einmal fest, dass die Arbeiten an dem im Regierungsprogramm vereinbarten Ticket im Laufen sind und es selbstverständlich so rasch wie möglich umgesetzt werden soll. Die Aufgabe sei jedoch äußerst komplex, da man jedweden liniengebundenen Verkehr einbeziehen wolle. Zudem sei es notwendig, dauerhafte, rechtlich tragfähige Lösungen zu finden, etwa für die Finanzierung und in der Frage fairer Tarife.

Feuerwehren sollen für Rettungseinsätze bald Zugriff auf technische Fahrzeugdaten erhalten

In einen Initiativantrag haben sich die Abgeordneten Christian Hafenecker (FPÖ) und Alois Stöger (SPÖ) für Änderungen des Kraftfahrgesetzes ausgesprochen, die die Arbeit der Feuerwehren erleichtern sollen (161/A). Dabei geht es zum einen um eine Regelung, die der Feuerwehr bei Einsätzen nach Verkehrsunfällen erlaubt, auf Datenbanken mit technischen Fahrzeugdaten zuzugreifen. Das sei insbesondere nötig, weil vermehrt Fahrzeuge mit alternativen Antrieben am Straßenverkehr teilnehmen und moderne Fahrzeugtechnik immer komplexer wird, wie Hafenecker betonte. Die Sichtweise, dass Feuerwehren diese Daten benötigen, um die Lage richtig zu beurteilen und Gefährdungen vermeiden zu können, teilte auch die Abgeordneten Hermann Weratschnig (Grüne) und Lukas Brandweiner (ÖVP). Weratschnig brachte einen gemeinsamen Abänderungsantrag von ÖVP, FPÖ und Grünen ein, damit die entsprechende gesetzliche Regelung ab 1. Oktober 2020 in Kraft treten kann. Für eine Gültigkeit ab 1. April, die der Antrag ursprünglich gefordert habe, sei die Zeit bereits zu knapp, erklärte Weratschnig.

Eine weitere Regelung, die laut der Initiative der SPÖ und FPÖ im Kraftfahrgesetz umgesetzt werden soll, ist die explizite Berechtigung zur Führung von Blaulicht für Kommando- und Mannschaftsfahrzeuge der Feuerwehr. Bisher muss für diese ein gesonderter Blaulicht-Bescheid der Landesverwaltung eingeholt werden. Dieser bürokratische Aufwand würde künftig entfallen. Einigkeit herrschte im Ausschuss, dass auch das bald umgesetzt werden soll. Mit dem erwähnten Abänderungsantrag wurde dieser Punkt vorerst nicht beschlossen. ÖVP, FPÖ, Grüne und NEOS brachten vielmehr einen Entschließungsantrag ein, wonach in dieser Frage noch eine Begutachtung erfolgen soll. Man wolle sicherstellen, dass man in Konsens mit allen Bundesländern vorgehe, erläuterte Abgeordneter Hermann Weratschnig (Grüne). SPÖ-Abgeordneter Klaus Köchl meinte zwar, er halte die Begutachtung für nicht mehr unbedingt notwendig, aber auch seine Fraktion stimme der Entschließung zu. Zustimmung signalisierte auch NEOS-Abgeordneter Johannes Margreiter. Damit wurde die Entschließung einstimmig gefasst.

FPÖ für Einführung von Wechselkennzeichen PKW – Motorrad

FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker spricht sich dafür aus, Wechselkennzeichen künftig auch für die abwechselnde Nutzung eines PKW und eines Motorrads zu ermöglichen (386/A(E)). Da jährlich immer mehr Motorräder zugelassen werden, sieht Hafenecker Handlungsbedarf bei dieser Thematik. Diese Sichtweise teilten die Abgeordneten der anderen Fraktionen nicht. Sie sahen die technischen und rechtlichen Hürden überwiegen. Der Antrag wurde nur von den FPÖ-Abgeordneten unterstützt und damit abgelehnt.

NEOS wollen Abschaffung der Wartefrist bei digitaler Vignette

Die NEOS haben einen Initiativantrag vorgelegt, dessen Ziel die Abschaffung der im Bundesstraßen-Mautgesetz vorgesehenen Wartefrist für die Gültigkeit von online erworbenen digitalen Mautvignetten der ASFINAG ist (315/A). NEOs-Abgeordneter Johannes Margreiter verwies auf eine ausführliche rechtliche Begründung des Antrags, wonach die geltende Wartefrist von 18 Tagen weder unionsrechtlich noch aufgrund der Verbraucherrechte-Richtlinie notwendig sei und nichts gegen eine unmittelbare Gültigkeit der digitalen Vignette spreche.

Die Ansicht der NEOS teilte FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker. Die Abgeordneten der anderen Fraktionen verwiesen hingegen darauf, dass die Regelung die damals und bis heute noch gültige Rechtsmeinung in dieser Frage widerspiegelt. Eine Lösung sei erst möglich, wenn eine entsprechende Klarstellung im EU-Recht erfolge, waren sich Hermann Weratschnig (Grüne), Alois Stöger (SPÖ) und Christoph Stark (ÖVP) einig. Auch Verkehrsministerin Gewessler folgte diesem Argument und verwies weiters darauf, dass digitale Vignetten, die an Verkaufsstellen erworben werden, unmittelbar gültig sind. Der Antrag der NEOS wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Island und Norwegen werden in das Luftverkehrsabkommen zwischen EU und USA einbezogen

Einstimmig sprach sich der Verkehrsausschuss für die Ratifizierung eines Staatsvertrags aus, mit dem Österreich der Ausweitung des Luftverkehrsabkommens zwischen den USA und der Europäischen Union zustimmt. Island und Norwegen erhalten dadurch dieselben Rechte und Pflichten wie EU-Mitgliedstaaten (15 d.B.). In einem zwischen den drei Vertragspartnern vereinbarten Zusatzabkommen (16 d.B.) werden schließlich Regelungen und Verfahren festgelegt, die durch den Beitritt Islands und Norwegens notwendig werden. Auch diese Ratifizierung erfolgte einstimmig. (Schluss Verkehrsausschuss) sox

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