„kreuz und quer“ über „Die Richterin – Eine Frau spricht Scharia-Recht“ und Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege

Wien (OTS) – Bisher waren die Posten für Richter im Islam fest in männlicher Hand. Doch die palästinensische Juristin Kholoud Al-Faqih schreibt Geschichte – und wird zur ersten Scharia-Richterin im Nahen Osten ernannt. Damit ist sie als Expertin für die Gesamtheit aller religiösen und rechtlichen Normen und Gesetze im Islam anerkannt. Vor Gericht verhandelt sie etwa Familienrechtsfälle. Denn „Scharia“ – sinngemäß übersetzt: Weg zur Wasserquelle – ist die Gesamtheit aller religiösen und rechtlichen Normen im Islam und umfasst auch die Mechanismen zur Normfindung und Interpretation dieser Gesetze. Die „kreuz und quer“-Dokumentation „Die Richterin – Eine Frau spricht Scharia-Recht“ begleitet Kholoud Al-Faqih am Dienstag, dem 14. Jänner 2020, um 22.35 Uhr in ORF 2 bei Gerichtsverhandlungen und in ihrem privaten Umfeld.

Massenvergewaltigung und sexuelle Verstümmelung von Frauen und Kindern sind in den unruhegeschüttelten Krisengebieten des Kongo zum Mittel der Kriegsführung geworden. Die „kreuz und quer“-Dokumentation „Der Mann, der Frauen hilft“ (23.30 Uhr) von Thierry Michel und Colette Brackman zeigt, wie der kongolesische Gynäkologe und Chirurg Denis Mukwege weltweit einen engagierten Kampf gegen diese grausame Praxis in seinem Land führt. Dafür wurde ihm – gemeinsam mit der irakisch-jesidischen Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad – der Friedensnobelpreis 2018 zugesprochen.

„Die Richterin – Eine Frau spricht Scharia-Recht“ – Ein Film von Erika Cohn (ORF-Bearbeitung: Sabine Aßmann)

„Mein Mann hat mich und meine Kinder aus dem Haus geworfen. Wer kann mich vor ihm schützen?“, fragt etwa eine Frau bei einer Frauenversammlung mit Kholoud Al-Faqih. Eine andere sagt: „Wir müssen besprechen, wie wir Frauen gesetzlich den Männern gleichgestellt werden können. Die Frauen müssen sich organisieren!“ – „Fragen wir doch die Scheichin hier!“, schlägt eine Dame verschmitzt vor, wobei Al-Faqih diesen Titel sogleich abwehrt, aber klarstellt: „Wir brauchen tatsächlich eine soziale Revolution. Wir vermitteln unseren Kindern Stereotype. Die Rolle der Frauen ist es, Kinder aufzuziehen, das Haus sauber zu halten – und bei Problemen zu weinen“, so die Richterin in der Frauenrunde: „Warum bringen wir ihnen nicht bei, dass Frauen dieselben Rechte haben wie Männer?“ Sie selbst hat diesen unkonventionellen Weg eingeschlagen. Traditionell waren Frauen von Richterposten im Nahen Osten ausgeschlossen und als Richterinnen in der von Männern dominierten Gesellschaft undenkbar. Doch auch im palästinischen Westjordanland haben gesellschaftliche Veränderungen eingesetzt. Das zeigt der außergewöhnliche Werdegang der engagierten Juristin, die um Gerechtigkeit für Frauen kämpft.

Doch Frauen in dieser Position sind nicht allen recht – es gibt auch erbitterten bis subtilen Widerstand. Der ehemalige Oberste Richter in Palästina, Tayseer Al-Tamimi, unter dem Kholoud Al-Faqih zur Richterin berufen wurde, spricht dieses Problem vor der Kamera an:
„Es gibt viele kompetente Frauen, die die Examina bestehen können. Ich weiß, dass die palästinensischen Frauen und Mädchen die Burschen im Hinblick auf die Bildung übertreffen.“ Und er fügt hinzu: „Es scheint so, als sei die Entscheidung getroffen worden, keine Frauen zu ernennen“, so Al-Tamimi in Anspielung auf seinen Nachfolger. Denn Al-Faqih, die Scharia-Richterin, und eine zweite Kollegin sind bisher die einzigen beiden Frauen in dieser Position geblieben.

„Der Mann, der Frauen hilft – Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege“ – Ein Film von Thierry Michel und Colette Brackman

Denis Mukwege ist der Sohn eines protestantischen Pastors. Als Jugendlicher begleitete er seinen Vater häufig bei pastoralen Krankenbesuchen – und so entstand bei ihm der Wunsch, Arzt zu werden. Nach seinem Medizinstudium in Burundi und Frankreich kehrte er in den Kongo, damals noch Zaire genannt, zurück und eröffnete eine Frauenklinik. In Laufe seiner Tätigkeit musste er immer häufiger feststellen, dass Frauen und Kinder Opfer von brutaler sexueller Gewalt wurden, das heißt, die Frauen wurden nicht nur vergewaltigt, sondern ihnen wurden absichtlich schwerste Verletzungen im Genitalbereich zugefügt.

Denis Mukwege ist international anerkannter Experte für die Behandlung solcher Verstümmelungen. Doch es genügte ihm nicht, die Opfer nur medizinisch zu versorgen, er begann einen engagierten Kampf gegen diese grausame Kriegspraxis. Bei einer Rede vor der UNO rief er bereits im Jahr 2012 die Weltgemeinschaft auf, sexuelle Gewalt als Mittel der Kriegsführung zu verurteilen und die Vergewaltiger wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht zu stellen. Mit seinem Engagement hat sich Mukwege jedoch nicht nur Freunde gemacht. Bei seiner Rückkehr aus New York wurde er selbst Opfer eines Attentats, das er schwer verletzt überlebte, einer seiner Mitarbeiter wurde bei dem Angriff getötet. Aus Angst vor weiteren Anschlägen verließ er mit seiner Familie den Kongo und ging nach Belgien ins Exil, allerdings nur für kurze Zeit. Denn Frauengruppen aus seiner Heimatprovinz Süd-Kivu im Osten des Kongos richteten an Mukwege den Appell, wieder zurückzukehren und sie bei ihrem Kampf gegen die Massenvergewaltigungen und Schändungen zu unterstützen.

Im September 2013 wurde Denis Mukwege für seine Verdienste um die Menschenrechte mit dem Alternativen Nobelpreis geehrt. Im darauffolgenden Jahr wurde ihm der Sacharow-Preis für geistige Freiheit zugesprochen. 2018 wurde sein unermüdlicher Einsatz für Frauen und Kinder mit dem Friedensnobelpreis bedacht.

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