Wien (OTS) – „Die Ausrufung des Klimanotstands durch das Europäische Parlament im November war ein dringend notwendiger Schritt, um der Dramatik des menschengemachten Klimawandels gerecht zu werden. Doch das Klima lässt sich nicht mit Überschriften retten, Lippenbekenntnisse allein sind zu wenig, und der Klimanotstand darf nicht als PR-Gag in die Annalen des EP eingehen. 2020 wird zum entscheidenden Jahr auf EU-Ebene und weltweit, in dem konkrete und wirksame Klimaschutz-Maßnahmen erfolgen müssen“, fordert Monika Vana, Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament in ihrem EU-Jahresrückblick für 2019 und der Vorausschau auf 2020.
Vana: „Die Europawahl 2019 war eine Klimawahl. Dass wir Grüne die Wahlgewinner dieses Jahres waren, gibt unseren Forderungen in Österreich und der EU den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung, den wir für eine Klimapolitik ohne Wenn und Aber brauchen. Jetzt ist schnelles Handeln nötig, um die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Als Grüne begrüßen wir den Vorstoß der neuen Kommission für einen Grünen Deal. Aber jetzt kommt es auf die Umsetzung an: Alle Gesetzes- und Budgetvorschläge in der EU müssen auf ihre Klimarelevanz geprüft werden.
Im Gegensatz zu den enttäuschenden Ergebnissen des Klimagipfels in Madrid (COP25) muss die EU möglichst rasch klimaneutral werden und ihr Ziel auf 65 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2030 erhöhen. Anders ist das Klimaziel 1,5 Grad nicht einzuhalten. Der nächste Klimagipfel 2020 in Glasgow (COP26) wird für die Koalition der Ambitionierten zur Stunde der Wahrheit. Als Teil einer effektiven Klimapolitik sind tiefgreifende Änderungen vor allem auch in der Landwirtschafts- und Handelspolitik gefordert. Das Klimagesetz, das Kommissionspräsidentin von der Leyen für März 2020 angekündigt hat, muss dafür konkrete und ehrgeizige Maßnahmen beinhalten. Sämtliche klimaschädlichen Investitionen der EU sind sofort zu beenden. Gleichzeitig fordern wir, das EU-Buget an die Pariser Klimaziele zu binden und die Hälfte des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFF) in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren.“
Die aktuellen MFF-Verhandlungen werden zur entscheidenden Bewährungsprobe für Präsidentin von der Leyens European Green Deal. Dabei gilt es, die politische Absichten in Zahlen zu gießen. Vana:
Dass die Gespräche über den EU-Finanzen für die Jahre 2021 bis 2027 derzeit ausgesetzt sind, ist ein Armutszeugnis für die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten. Sie bleiben großteils weit hinter den MFF-Erwartungen des Parlaments zurück und werden damit auch wortbrüchig gegenüber den europäischen BürgerInnen. „Wir Grüne fordern die sogenannten Nettozahler-Staaten auf, eine verantwortungsvolle Budget-Politik zu betreiben, statt die MFF-Verhandlungen auf das Niveau eines Budget-Basars zu drücken. Nur mit einem starken EU Budget kann der European Green Deal Wirklichkeit werden. Das Europaparlament fordert zurecht ein starkes Budget mit 1,3 Prozent des jeweiligen Bruttonationaleinkommens und eine Reform der EU-Eigenmittel.“
Ein wichtiger Reformschritt ist im Rahmen der Finnischen Ratspräsidentschaft im vergangenen Halbjahr gelungen, attestiert die Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im EP. Der Kompromiss zwischen Parlament, Rat und Kommission zur Taxonomie macht den Weg frei für einen EU-weiten Klassifizierungsrahmen für nachhaltige Investitionen. Finanzprodukte müssen zukünftig belegen, dass sie umwelt- und klimafreundlich sind. Vana: „Wir Grüne haben lange für nachhaltigere Investitionen gekämpft und dieser Kompromiss wird die Finanzströme weg von schmutzigen Investitionen, wie Energiegewinnung aus Kohle, hin zu nachhaltigen wirtschaftlichen Aktivitäten verlagern. Der nächste Schritt muss eine klare Definition umwelt- und klimaschädlicher Investitionen sein – die EU-Kommission sollte dafür schnellstmöglich einen Vorschlag vorlegen.“
Als weitere Erfolge der Finnischen Ratspräsidentschaft zählte Vana auf: Die Durchführung von zwei Anhörungen durch ExpertenInnenkommissionen im Rahmen des EU-Rechtsstaatsverfahren gegen die Orban-Regierung und das intensivierte Vorgehen gegen die Steuervermeidungsstrategien der Großkonzerne. „Leider“, bedauert Vana in diesem Kontext, „ist das öffentliche Country-by-Country-reporting unter anderem an der österreichischen Gegenstimme gescheitert.“
Ab dem 1. Januar, übernimmt Kroatien die EU-Ratspräsidentschaft. Die Grünen im Europaparlament appellieren an Kroatien, nicht hinter die bereits erzielten Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung zurückzufallen und sich für die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber Flüchtlingen an der EU-Außengrenze stark zu machen. Die Grünen begrüßen auch den Schwerpunkt der kroatischen Präsidentschaft, die Blockade in der EU-Erweiterungspolitik bei einem Westbalkangipfel in Zagreb Anfang Mai zu lösen. Vana: „Die Weigerung der EU-Regierungen beim EU-Gipfel im Oktober, Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien aufzunehmen, war ein schwerer Rückschlag für die EU-Erweiterungspolitik und schadete dem Ansehen der EU in der ganzen Region. Die Beitrittsperspektive für Nordmazedonien und Albanien sowie die anderen Länder am Westbalkan ist ein Stabilitätsanker und stärkt Demokratie, Dialog und Versöhnung.“
In ihrer Vorausschau für das zweite Halbjahr 2020 attestiert Vana eine doppelte Schlüsselrolle für Deutschlands Ratsvorsitz: „Eine Einigung auf den EU-Mehrjahreshaushalt könnte erst unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden. Die Regierung in Berlin ist dabei als größter Nettozahler in der EU gefordert, eine zukunftsfähige EU-Budgetpolitik vorzugeben. Gleichzeitig sehen wir Deutschland im Vorfeld des COP26 in Glasgow in der Verantwortung, die Umsetzung des Grünen Deals als weltweites EU-Klima-Leuchtturmprojekt konsequent voran zu treiben.“
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