Wien (OTS) – 5,2 Millionen Euro – das wäre der Originalwert der sechs Tonnen Waren, die die Zöllner am Flughafen Wien Schwechat Mitte November aus dem Frachtverkehr gezogen haben. Am Bestimmungsort ist allerdings kaum jemand bereit, so viel Geld für Unterwäsche, Socken, Pullover, Gürtel, Leggings und Jacken von vermeintlichen Luxusherstellern zu bezahlen: die rund 30.000 gefälschten Textilien sollten auf Weihnachtsmärkten verkauft werden.
Schmuggel-Destination Weihnachtsmarkt
Ein amerikanisches Handelsunternehmen erwarb von einem türkischen Händler rund 30.000 Artikel diverser Designerbrands. Der türkische Abgeber hatte sie in China bei unterschiedlichen Quellen eingekauft, und anschließend über Vietnam in einer einzigen Sendung nach Istanbul mit weiterem Zielort Wien verschicken lassen. In der Türkei wurden die der Sendung beigestellten Papiere um eine österreichische Empfängerfirma, einen Logistikdienstleister, ergänzt. Von Wien aus sollten die Waren in Österreich weiter verteilt werden. Diese komplizierten Versandwege wurden als Verschleierungstaktik angewandt, um die Zollkontrollen zu erschweren. Die Textilien waren mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Verkauf auf diversen Weihnachtsmärkten bestimmt, wie der aktuelle Ermittlungsstand vermuten lässt.
Die Hintergründe, Zusammenhänge und Mittelsmänner dieser komplexen kriminellen Struktur der internationalen Tätergruppe gänzlich aufzudecken ist Gegenstand weiterer Ermittlungen. Über Amtshilfeersuchen wird dazu auch die Zusammenarbeit mit den betreffenden Drittstaaten gesucht werden. Die Rechteinhaber wurden verständigt und haben nun ihrerseits die Möglichkeit, straf- und zivilrechtliche Schritte einzuleiten. Sie haben mittlerweile auch der raschen Vernichtung der jeweiligen gefälschten Waren zugestimmt.
6 Tonnen Fälschungen mit 30.000 Artikeln, über 50 geschädigte Rechtsinhaber
Mit dem richtigen Gespür und dem großen Einsatz konnten die Zöllner vom Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien den größten Produktpiraterieaufgriff, der in Österreich in Flugfrachtsendungen jemals erfolgt ist, für sich verbuchen. Auch europaweit gesehen ist es einer der größten Aufgriffe gefälschter Waren im Flugverkehr. Aufgrund stringenter Analysen und professionell angewandten Risikomanagements geriet die Sendung ins Visier der Zöllner. Die Kontrolle erforderte neben akribischer fotodokumentarischer Präzision langen Atem und anhaltenden Einsatz der Zöllner. Nach drei Tagen der Aufarbeitung der sechs Tonnen Fracht-Sendung konnte dann das überwältigende Ergebnis beziffert werden: rund 30.000 Artikel mit über 50 geschädigten Rechteinhabern konnten ermittelt werden und wurden zollrechtlich beschlagnahmt.
Die gefälschten Textilien decken alles ab, was unter dem Weihnachtsbaum vielleicht nicht immer gewünscht, aber jedenfalls geschenkt wird. So waren beispielsweise
8.747 Paar Socken,
7.140 Unterhosen,
3.441 Pullover,
2.888 Gürtel,
1.536 Leggings und
1.180 Jacken Teil der Plagiatslieferung.
Unter den 50 geschädigten Rechteinhabern befinden sich unter anderem namhafte Lifestyle-Brands und Designer wie Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Nike, Louis Vuitton, Lacoste, Gucci, Philipp Plein oder Adidas und viele weitere.
Gefährliche Plagiate
„In der Vorweihnachtszeit finden auf den Adventmärkten relevante Handelsumsätze statt“, hält Gerhard Marosi, Produktpiraterieexperte im Bundesministerium für Finanzen, fest. „Umso wichtiger ist es für die Besucherinnen und Besucher, auf ihre Käufe zu achten und sich nicht von vermeintlichen Schnäppchen täuschen zu lassen!“
„Bedenken Sie: ein Artikel kann vielleicht nur deshalb so günstig angeboten werden, weil es kein Originalprodukt, sondern eine billige, qualitativ minderwertige Fälschung ist. Kaufen Sie Ihre Waren daher möglichst nur bei seriösen Anbietern! Gerade Markenware sollte nur bei etablierten, seriösen Unternehmen gekauft werden, damit die bösen Überraschungen ausbleiben!“ rät Gerhard Marosi.
Die österreichische Zollverwaltung verzeichnet in der Vorweihnachtszeit erfahrungsgemäß signifikante Zunahmen an Aufgriffen gefälschter Produkte. In diesem Zusammenhang alarmierend ist die Gefährdung von Konsumentinnen und Konsumenten durch solche Produktfälschungen. Viele davon stellen eine ernste Bedrohung für die Gesundheit der Verbraucherinnen und der Verbraucher dar. Angesichts der Möglichkeit, ein vermeintliches Schnäppchen zu ergattern, werden diese Risiken leider oftmals nicht ausreichend ernst genommen. Dabei sind die möglichen Schäden, die durch Produktfälschungen hervorgerufen werden können, keinesfalls einfach abzutun. Allergien durch billige, giftige Farben in gefälschten Textilien, Augenschäden durch nachgemachte Sonnenbrillen ohne UV-Schutz, Hautverätzungen durch gefälschte Körperpflegemittel sind nur Beispiele für die teils gravierenden Bedrohungen durch Plagiate.
„Besonders dieser große Aufgriff macht deutlich, dass Produktpiraterie nicht als Kavaliersdelikt zu verharmlosen ist“, führt Marosi weiter aus: „Nicht nur die Konsumentinnen und Konsumenten, auch Händler, Hersteller und darüber hinaus Wettbewerbsfähigkeit, Handel und Investitionen müssen vor den Auswirkungen geschützt werden.“
Im Bereich von Bekleidung und Schuhen betragen die Umsatzeinbußen aufgrund von Fälschungen allein in Österreich 587 Millionen Euro pro Jahr, wie das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) empirisch erfasst hat. Produktpiraterie führt somit auch zu unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen auf Österreich. Umsatzeinbußen und Einnahmeverluste verzerren den Wettbewerb und gefährden nicht zuletzt heimische Arbeitsplätze.
Nach Angaben der Flughafen Wien AG betrug das Luftfrachtvolumen im Cargo-Bereich des Flughafens im Jahr 2018 insgesamt 215.921 Tonnen. „Der weitaus überwiegende Anteil dieser Sendungen sind legale Sendungen, die durch redliche Unternehmen ein- und ausgeführt werden. Zu der durchaus herausfordernden Aufgabe des Zolls gehört es hier, durch entsprechende risikoorientierte Kontrollen jene Sendungen zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen, die illegale Machenschaften betreffen. Das gelingt den hier am Flughafen tätigen Zöllnerinnen und Zöllnern immer wieder mit Bravour, wie das vorliegende Beispiel zeigt“, äußert sich Marosi zufrieden über diesen herausragenden Erfolg des Zolls.
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