Innsbruck (OTS) – Das Schneeband in Kitzbühels Alpen verheißt Skifahren mitten in welken Bergwiesen. Es verinnerlicht aber auch die Debatte über die Zukunft des Tourismus zwischen mehr vom Gleichen, Overtourism und das Überschreiten von Belastungsgrenzen.
Mitten im goldenen Herbst ein Schneeband in den Kitzbüheler Alpen: Ob sich der bizarre Saisonstart für die Bergbahnen bezahlt macht, ist ihre unternehmerische Entscheidung. Vielleicht will sich Kitzbühel vor dem Weltcup-Auftakt am Rettenbachferner im Ötztal einfach nur mit Sölden um die Schneeaufmerksamkeit matchen. Jedenfalls wird darüber kontroversiell diskutiert. Zwischen „umweltschonender Wiederverwertung von sinnvoller Schneespeicherung“ (Seilbahnsprecher Franz Hörl) und „Piefke Saga“ (Klubchef Gebi Mair/Grüne) schaukelt sich die Debatte hoch. Kitzbühel polarisiert, schon seit Jahren pflegt das Monaco der Alpen sein „Hauptsache im Gespräch bleiben“-Image. Doch welche Botschaft sendet die Gamsstadt damit aus dem Herz der Alpen?
Eigentlich eine brachiale, eine trotzige. Die Natur wird gebogen, Tirol ist auch schon im Oktober (eingeschränkt) schneesicher. Das Gespür für Schnee zum falschen Zeitpunkt offenbart allerdings das Dilemma, in dem der heimische Tourismus steckt. Das bedeutende Standbein der Tiroler Wirtschaft tut einfach so weiter wie bisher. Als ob nichts gewesen wäre.
Andererseits hat Landeshauptmann und Tourismusreferent Günther Platter längst begriffen, dass sich im Land etwas verändert. Wegen „des weißen Streifens im Spätsommer“ ist sich Platter der Macht der Bilder bewusst und sorgt sich um das Image Tirols. Weil die Menschen sensibler geworden sind, was die Natur betrifft und vor allem den Umgang mit ihr durch den Tourismus, Seilbahn- oder Pistenerschließungen. Weil Belastungsgrenzen („Overtourism“) bereits erreicht oder überschritten wurden. Dazu kommen noch die Folgen des Klimawandels, der in den Alpen viel sichtbarer wird. Stichwort:
Gletscherschwund.
Bei dem vorerst auf Eis gelegten Zusammenschluss Hochoetz-Kühtai oder der bevorstehenden Umweltverträglichkeitsprüfung für die nicht minder umstrittene Gletscherehe Pitztal-Ötztal entlädt sich diese emotionalisierte Gemengelage. Und angesichts von abgesprengten Bergkämmen am Gletscher drängt sich zwingend die Frage auf, wie viel verträgt Tirol noch. Nicht mehr viel. Aber solange sich ein zwar nachdenklicher, aber zögerlicher Platter sowie führende Touristiker wegen zu schwammiger Seilbahngrundsätze noch durchlavieren können, ist das ein dehnbarer Begriff. Eigentlich wären Endausbaugrenzen ein Gebot der Stunde, nicht ein Mehr vom Gleichen. Dazu zählt auch das Schneeband der Kitzbüheler Bergbahnen. Weil es genau das Zu-viel an Tourismus symbolisiert.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Tiroler Tageszeitung