Wien (OTS) – Digitalisierung ist zurzeit in aller Munde. Wie dazu die Gegebenheiten in der Landwirtschaft, im Speziellen auf einem kleinstrukturierten österreichischen Rinderzuchtbetrieb, aussehen, darüber informierte die Rinderzucht Austria zum Auftakt der Rieder Messe.
Die Rinderzucht Austria widmet sich verstärkt dem umfassenden Thema Digitalisierung, denn so wie auch in anderen Branchen wird es immer essenzieller, die verschiedenen täglichen Arbeiten möglichst effizient bei Nutzung der elektronischen Möglichkeiten zu erledigen. In der Rinderwirtschaft ist das Rad der Zeit keineswegs stehen geblieben, denn auch hier wird die Digitalisierung auf den Höfen täglich gelebt.
In der Rinderzucht gibt es seit 1960 eine zentrale Datenverarbeitung, welche die Grundlage für die Zuchtwertschätzung bildet. Seit 2005 stellt die Rinderzucht Austria den Betrieben über den LKV-Herdenmanager (vormals RDV4M) Online-Auswertungen über Tierlisten, Gesundheit, Brunst und vieles mehr zur Verfügung. Apps, Melkroboter, Sensortechnik sind in den Stall eingezogen und werden immer mehr genutzt. Die Automatisierung im Stall schreitet mit rasantem Tempo voran, sie bietet auf der einen Seite viele neue Chancen und Möglichkeiten, auf der anderen Seite aber auch Herausforderungen. Die Online-Tools, wie die App des LKV-Herdenmanagers „RDV-Mobil“ oder das Anpaarungsprogramm „OptiBull“, sind hier wichtige Anwendungen und Entscheidungshilfen für die Betriebsführer/-innen. Im Melk- und Fütterungsbereich hat sich durch die automatisierten Systeme viel getan, die Nachfrage nach mehr Auswertungen und Managementhilfen wächst stetig, gleichzeitig auch der Wunsch nach Reduktion von Daten-Mehrfacheingaben sowie nach Vernetzung.
Die Rinderzucht Austria setzt sich daher in Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Wirtschaft intensiv mit diesem weitreichenden Thema auseinander und forscht nach praxisorientierten Lösungen für die bäuerlichen Betriebe. Hierbei sollen diese Services vom kleinsten bis zum größten Familienbetrieb zu ihrem Vorteil genutzt werden können. „Für die Landwirtschaft ist die Datenaufbereitung in der ‚RDV-Mobil‘-App hinsichtlich Geburt, Milchleistung und Gesundheitsmonitoring von großer Wichtigkeit. Mit dem elektronischen Stallbuch ‚EMED mobil‘ ist ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung gelungen“, berichtet Landwirt Andreas Täubl. Neben tierärztlichen Diagnosen und Erregerinformationen aus den bakteriologischen Milchuntersuchungen wird nun mit der Arzneimittelanwendung in der Produktion ein weiterer Schritt in Richtung Transparenz, aber auch in der zielgerichteten Anwendung von Antibiotika gesetzt.
Pilotbetriebe für Digitalisierungsprojekt D4Dairy gesucht
D4Dairy ist derzeit das größte Digitalisierungsprojekt in der Landwirtschaft in Österreich und auch im internationalen Kontext Vorreiter mit einer breiten Zusammenarbeit von interdisziplinären wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Partnern entlang der Wertschöpfungskette Milch. Darunter sind renommierte Forschungsgruppen, wie der Complexity Science Hub Vienna mit Prof. Stefan Thurner (Wissenschafter des Jahres 2017). „Die Zusammenarbeit der Partner des Konsortiums mit Praktikern ist eine ausgezeichnete Ausgangsposition für eine von Daten getriebene Forschung sowie für die Anwendung von fortgeschrittenen Auswertungsmöglichkeiten“, informiert die Konsortialleiterin Christa Egger-Danner. „Grundsätzlich ist die Datengrundlage beim Rind mit Informationen über Genom, Diagnosen, Einzeltier, Abstammung – die meist mehr als fünf Generationen zurückgeht – sowie über verschiedene Umwelt- und Risikofaktoren sehr umfangreich. Dazu kommen die neuen Daten durch die digitalen Technologien, wie automatische Melkung, Fütterung und Tiersensoren. Als Ziel aller dieser Aktivitäten stehen immer einfache und aussagekräftige Entscheidungshilfen für die Landwirte.“ Damit die Praxis sich in diese Entwicklungen entsprechend einbringen kann, werden Pilotbetriebe gesucht. Mittlerweile haben sich 80 Pilotbetriebe zur Datenlieferung und zum praxisnahen Input bereiterklärt.
„Das Projekt bringt genau die Partner zusammen, welche die einfache, effiziente und effektive Nutzung von Daten in der Landwirtschaft zum Ziel haben – möglichst ohne Zusatzaufwand für die Anwender/-innen“ bringt es Mario Fallast von der Firma smaXtec auf den Punkt. „Wir freuen uns, auch unsere international gesammelten Erfahrungen in diesem hochkarätigen Konsortium zum Nutzen österreichischer Landwirte einsetzen zu können.“ Das Ziel, dass die Datenmenge für den Landwirt kompakter und einfacher handzuhaben ist, sieht auch Kooperationspartner Franz Wasserbauer, Geschäftsleiter bei Wasserbauer GmbH, die Fütterungssysteme vertreibt. „Immer mehr Betriebe erreichen eine höhere Digitalisierung im Kuhstall. Es ist unvermeidbar, dass der Landwirt eine Vielzahl an Daten von verschiedenen Systemen und Herstellern zur Bearbeitung und Ausarbeitung bekommt.“ Hier setzt das Projekt D4Dairy an.
Landwirte wünschen sich verbesserte Datenvernetzung
Österreichweit unterziehen knapp 20.000 Milchkuhbetriebe ihre rund 430.000 Milchkühe alle fünf bis sechs Wochen einer laufenden Qualitätssicherung und Prozesskontrolle mit einem Gesundheits-Check zur Überwachung der Tiergesundheit und des Herdenmanagements. Rund 800 Betriebe (ca. 4%) lassen die Melkarbeit von einem Melkroboter erledigen. „Rückmeldungen aus der aktuellen Mitgliederbefragung zeigen den großen Wunsch der Landwirte für eine intensivere Datenvernetzung zwischen den EDV-Systemen der Milchleistungsprüfung (RDV) und den betrieblichen Systemen am Melkroboter. Ein beidseitiger automatisierter Datenaustausch soll Doppeleingaben vermeiden, den Zeitaufwand für die Datenerfassung vor Ort reduzieren und mehr Service für das Herdenmanagement liefern“ spricht Franz-Josef Auer für den Landesverband für Leistungsprüfung und Qualitätssicherung (LfL) Oberösterreich. Derzeit arbeitet die RDV GmbH (Rinderdatenverbund) am Aufbau der neuen Technik. Alle namhaften Melkroboterfirmen in Österreich sind dabei. Der Landwirt muss zur Nutzung der neuen Services seine aktive Zustimmung geben.
Die Firma Lely erklärte als erste ihre Teilnahme an dieser Schnittstelle zum Datenaustausch. Auch die Firma Delaval hat einem Routinedatenaustauch mit dem Rinderdatenverbund zugestimmt. „Digitalisierung ist mittlerweile ein Schlagwort geworden, das vom Landwirtschaftsministerium abwärts groß präsentiert wird. Welche Möglichkeiten es aber tatsächlich und teilweise schon seit einigen Jahren speziell in der Tierhaltung gibt und woran noch gearbeitet wird, möchten wir auf der Rieder Messe zeigen“ weist Andreas Feichtlbauer, Geschäftsführer von Lely, hin.
Die neuen technologischen Möglichkeiten sollen helfen, Tierwohl, Tiergesundheit, Nachhaltigkeit und Lebensmittelqualität der österreichischen Milchwirtschaft weiter zu verbessern. „Die Rinderzucht hat sich in den letzten Jahren durch den Fokus der Zucht auf die genomische Selektion enorm weiterentwickelt. Die Parameter wurden hier vor allem auf Tiergesundheit und Fitness gelegt. Wir sind mit engagierter Forschungstätigkeit dabei, die Landwirte bestmöglich bei ihren Abläufen und Entscheidungen am Betrieb zu unterstützen und die Rinderzucht produktions- und wettbewerbsfähig zu erhalten. Letztendlich geht es darum, die Zucht in bäuerlicher Hand abzusichern“, betont Obmann Stefan Lindner, selbst praktizierender Milchbauer in Tirol.
Die Rinderzucht Austria ist die freiwillige unabhängige Interessenvertretung von über 21.500 Rinderzuchtbetrieben mit fast 1,9 Mio. Rindern in ganz Österreich. Die Aufgaben umfassen Interessenvertretung, Zuchtwertschätzung, Herdebuchführung, Marketing, Bildung und Forschung. Weitere Informationen stehen unter www.zar.at bereit. (Schluss)
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