St. Pölten (OTS) – Die Geschichte einer verratenen Liebe, das Psychogramm eines Opportunisten, ein Dokument über den latenten Antisemitismus: Die Erzählung „Eine blassblaue Frauenschrift“ von Franz Werfel ist ein zeitlos gültiger, berührender Roman. Entstanden im Jahr 1940 in der Emigration in Frankreich, wird er heuer bei den Festspielen Reichenau in der Bühnenfassung von Nicolaus Hagg in Szene gesetzt.
Ein TV-Film aus dem ORF Landesstudio Niederösterreich (Gestaltung:
Karina Fibich, Kamera: Christoph Koller) dokumentiert diese Theater-Produktion in Probenaufnahmen und Gesprächen u.a. mit Schauspielern, Intendanten und Regisseur. Dazu begibt sich diese „matinee“ in ORF 2 auch auf die privaten Spuren Franz Werfels in der Semmering-Rax-Region.
*Werfels Roman
In blassblauer Schrift ist jener Brief geschrieben, der Leonidas, den erfolgreichen Sektionschef im Unterrichtsministerium im Wien des Jahres 1936 aus seiner gewohnten Alltagsbahn wirft: Verfasst von Vera Wormser, Philosophin, Jüdin, kurzzeitige Geliebte von einst – und 18 Jahre hindurch verheimlichte Liebe seines Lebens. Sie bittet, ohne zu wissen, an wen sie sich da wendet, um Unterstützung für einen jüdischen Schüler. Der nämlich bekommt im bereits antisemitisch geprägten Deutschland keinen Platz im Gymnasium mehr…
Ist dieser junge Mann sein Sohn? Mit einem Mal lebt Leonidas´ Vergangenheit wieder auf: Die sechs Wochen währende Liebesaffäre mit der früheren Studienkollegin in Heidelberg, als er beruflich von seiner reichen Frau Amelie Paradini getrennt war. Die falschen Versprechen über eine gemeinsame Zukunft, bevor ihn der Opportunismus zurück an die Seite der Millionenerbin und in höchste Wiener Gesellschaftskreise geführt hat. Das darauf folgende jahrelange Leugnen der Vergangenheit…
*Annäherungen an Werfel
Der Historiker Christian Rapp und die Schriftstellerin Isabella Feimer erklären in der „matinee“ die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe jener Zeit sowie Roman und Person Franz Werfels. Die Bedeutung von „Eine blassblaue Frauenschrift“ in unseren Tagen wiederum beleuchten die Intendanten der Festspiele Reichenau, Peter und Renate Loidolt. Er hat auch das Bühnenbild der Produktion gestaltet, sie ist eine anerkannte Werfel-Expertin.
Dazu geben Gespräche mit den Hauptdarstellern Joseph Lorenz, Fanny Stavjanik und Stefanie Dvorak Einblicke in deren Rollenauffassungen:
Wie haben sich Frauen und Männer in ihren gesellschaftlich festgelegten Positionen im Wien der 1930er Jahre gefühlt?
Schließlich beschreibt Regisseur Julian Pölsler, der mit dieser Inszenierung sein Reichenau-Debut gibt, was er dem Publikum vermitteln möchte – und wie sich seine Sicht auf den Roman seit 1984 verändert hat. Damals war er nämlich Assistent des unvergessenen Axel Corti bei dessen filmischer Auflösung von „Eine blassblaue Frauenschrift“
Nicht zuletzt begibt sich der TV-Film auch auf die Spuren, die Franz Werfel in der Semmering-Rax-Region hinterlassen hat: Der Schriftsteller hat in Breitenstein am Semmering viel Zeit mit seiner Lebens-Liebe Alma Mahler verbracht; die Landschaft der Wiener Alpen inspirierte ihn wie so viele andere Schriftsteller auch.
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