Kostelka und Korosec geben Details zur VfGH-Klage gegen Sozialversicherungsreform bekannt

Wien (OTS) – Folgende Themen wurden in der jüngsten Sitzung des Seniorenrates von den Präsidenten Dr. Peter Kostelka und LAbg Ingrid Korosec gemeinsam mit den Seniorenvertretern der großen Seniorenorganisationen erörtert:

Gespräche mit Vertretern der Bundesregierung zur
Pensionsanpassung 2020 und Pflegereform

Einvernehmen herrscht im Österreichischen Seniorenrat darüber, dass die derzeitige Übergangsregierung alle Rechte und Pflichten einer Bundesregierung wahrzunehmen hat. Woraus zu schließen ist, dass dies nicht zu einem sozialpolitischen Stillstand in Österreich führen darf. Die Themen Pensionsanpassung und Pflegereform bedürfen in den kommenden Monaten einer Behandlung, die über eine bloße Verwaltung hinausgeht. Die Präsidenten Kostelka und Korosec wurden daher von den Gremien des Seniorenrates beauftragt, mit zuständigen Vertretern der Bundesregierung Gespräche zu diesen wichtigsten offenen Punkten zu führen.

VfGH-Klage gegen die Reform der Sozialversicherung

Am 6. Juni 2019 wurden beim Verfassungsgerichtshof zwei Individualanträge eingebracht, mit denen die Reform der Sozialversicherung und insbesondere das fehlende Stimmrecht der Senioren als verfassungswidrig angefochten wurden. Konkret wird die Zusammensetzung der Organe der Österreichischen Gesundheitskasse bzw. der Pensionsversicherungsanstalt bekämpft.

Laut Jahresbericht 2018 der österreichischen Sozialversicherung haben die Pensionisten einen Anteil von 25% an den in Österreich krankenversicherten Personen. Die Pensionisten stellen insgesamt 32% der Beitragszahler zur Krankenversicherung und leisten mit € 4.269 Millionen rund 28% der aus Beitragszahlungen stammenden Einnahmen der Krankenversicherungsträger.

In der Pensionsversicherungsanstalt waren 2017 rund 3,3 Millionen Personen versichert, fast 2 Millionen Personen bezogen eine Pension. An den in Summe rund 5,3 Millionen Personen, die auf der einen oder anderen Seite des Umlagesystems stehen, haben die Pensionisten somit einen Anteil von rund 37%.

Gemäß § 24 Abs 1 Bundes-Seniorengesetz ist der Österreichische Seniorenrat gesetzlich zur Vertretung, Förderung und Wahrung der Interessen der österreichischen Senioren berufen. Unter den Begriff Senioren fallen auch die Bezieher einer Pension. Bezieher einer Pension aus der Pensionsversicherung sind nach dem ASVG krankenversichert. Der Seniorenrat ist daher gesetzlich zur Vertretung der Interessen von Pensionisten im Sinne des ASVG berufen.

Art 120c Abs 1 B-VG sieht vor, dass die Organe von Selbstverwaltungskörpern „aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden sind“. Das Recht, Versicherungsvertreter in Organe der Selbstverwaltung zu entsenden, stellt somit ein sog. subjektiv-öffentliches Recht dar. Dieses Recht wurde dem Seniorenrat nicht eingeräumt.

Pensionisten sind somit gänzlich von ihren Mitwirkungsrechten in der ÖGK und der PVA im derzeitigen Überleitungsausschuss bzw. im künftigen Verwaltungsrat sowie in den Landesstellenausschüssen ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht in der Teilnahme an den beiden Hauptversammlungen – mit beratender Stimme. Das Verhältnis zu den Dienstnehmern bzw. den Dienstgebern entspricht aber auch dabei nicht demokratischen Grundsätzen, da diese im Vergleich zu den Pensionisten viermal so viele Vertreter haben. Überdies fehlt auch hier das Stimmrecht.

Geltend gemacht wurde daher auch die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil für den Ausschluss der Pensionisten von der Mitwirkung keine sachliche Rechtfertigung besteht.

Pflegekonzept des Seniorenrates

Das bewährte Pflegesystem steht in Österreich vor neuen, großen Herausforderungen. Dies betrifft sowohl die Schaffung mittel- und langfristiger Strukturen für die Versorgung einer zunehmenden Anzahl von Pflegebedürftigen als auch die Sicherung der Finanzierung sowie der personellen Ressourcen und die Erhaltung der hohen Qualität.

In dem Zusammenhang wird die gesetzlich geplante jährliche Valorisierung des Pflegegeldes in allen Stufen sehr begrüßt und eine langjährige Forderung der Seniorenorganisationen damit umgesetzt.

Vor dem Hintergrund des Masterplan Pflege wurde im Frühjahr seitens des Seniorenrates ein umfassendes Pflegekonzept erarbeitet. Auch die kommende Bundesregierung wird sich mit dem Thema Pflege und Betreuung auseinandersetzen müssen.

Die wichtigsten Vorschläge für die Neuaufstellung des Pflegesystems sind:

  • Erneuerung des klaren Bekenntnisses zur langfristigen
    Finanzierung durch den Pflegefonds über das Jahr 2021 hinaus
  • Ausbau der Prävention, wie z.B. umfassende, verpflichtende Pflege-Vorsorge-Information spätestens bei Pensionsantritt
  • Rechtsanspruch auf Rehabilitation (auch ambulante) und
    Kuraufenthalt für alle Seniorinnen und Senioren
  • Beschäftigungsoffensive und Attraktivierung der Pflegeberufe
    durch faire Bezahlung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und gesellschaftliche Anerkennung für den längeren Verbleib im Beruf; Ausbildungsoffensive mit Anpassung der Berufsbilder und Einführung neuer Berufe
  • Verstärkte Hilfeleistung bei der Pflege zu Hause und für
    pflegende Angehörige durch Schaffung von Service-Zentren in jeder Gemeinde in enger Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen und Sozialhilfeverbänden oder dem Entlassungsmanagement von Krankenhäusern
  • Flächendeckendes Angebot an leistbarer Kurzzeitpflege und Tageszentren, Unterstützung für pflegende Angehörige durch Ausweitung der bereits bestehenden Möglichkeiten der Pflegekarenz/-teilzeit (Rechtsanspruch!) und der Kurzzeitpflege
  • Verstärkte Förderung von pflegenden Angehörigen durch z.B. Möglichkeit der Mitversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung, einen besonderen Höherversicherungsbetrag, Erwerb von Beitragszeiten eines Pensionsanspruchs bzw. Pflegebonus für alle pflegenden Angehörigen, die bereits eine Pension beziehen
  • Jährliche Anpassung des Pflegegeldes in allen Stufen an die steigenden Pflegekosten
  • Erarbeitung einer Demenzstrategie mit Empfehlungen für eine notwendige öffentliche Bewusstseinsbildung, Versorgungsstrukturen, Prävention und Früherkennung

Das gesamte Pflegekonzept des Seniorenrates steht in Kürze zum Herunterladen auf der Homepage des Seniorenrates unter [www.seniorenrat.at] (http://www.seniorenrat.at/) zur Verfügung.

Erhöhung der Mindestpensionen

Dem Nationalrat liegt derzeit ein Antrag vor, dass man künftig bei 30 oder 40 Beitragsjahren eine erhöhte Mindestpension über einen Bonus erhält. Fünf Jahre davon können in Zukunft auch Kinderbetreuungszeiten sein.

Der geplante Bonus über die Ausgleichszulage ist bereits im Budget berücksichtigt und verursacht keine neuen Schulden. Zudem wurde folgende Erhöhungen den Seniorinnen und Senioren bereits de facto zugesagt:

Menschen mit 40 Beitragsjahren erhalten künftig 1.200 Euro netto statt bisher 995 Euro, jene mit 30 Beitragsjahren erhalten 1.025 Euro netto statt bisher 995 Euro. Ehepaare erhalten bei 40 Beitragsjahren in Zukunft eine Mindestpension von 1.500 Euro netto statt bisher 1.260 Euro.

Profitieren werden von dieser Reglung des Ausgleichszulagenbonus etwa 45.000 Bezieherinnen und Bezieher, davon mehr als die Hälfte Frauen.

Pensionsanpassung

Für den Österreichischen Seniorenrat stehen zwei Modelle zur Wahl.

* Sockel plus einer prozentuellen Erhöhung

Beispiel:

Verbraucherpreisindex (VPI) beträgt 1,9 %
Pension: 1.000 Euro (brutto)
Sockel: 25 Euro
2/3 VPI: 13 Euro (gerundet)
Gesamterhöhung: 38 Euro

* Abgeltung der Inflationsrate für alle Pensionen als
Versicherungs­leistung. Zusätzlich sollen für Bezieherinnen und
Beziehern kleiner Pensionen ein Ergänzungszuschlag gegeben werden.

Beispiel:

Verbraucherpreisindex (VPI) beträgt 1,9 %
Pension: 1.000 Euro (brutto)
Abgeltung Inflation: 19 Euro (Pensionstopf)
Ergänzungszuschlag: 19 Euro (Sozialtopf)
Gesamterhöhung: 38 Euro

Die Höhe der Pensionsanpassung soll in beiden Modellen gleich sein.

Offene Forderungen im Bereich Pensionen

Insbesondere folgender Punkt ist im Bereich Pensionen derzeit noch offen:

* Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung anstatt einer
Wartefrist von bis zu 24 Monaten

Beispiel:
Pensionsantritt: 1.7.2019
Erste Anpassung: 1.1.2021
Aliquotierung: 1.1.2020: 50 % der Anpassung (für 6 Monate Pensionsbezug)

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