Wien (PK) – In der weiteren Nationalratsdebatte rund um den Dringlichen Antrag der Liste JETZT zum Klimaschutz orteten die Oppositionsabgeordneten in der Klimapolitik der Bundesregierung nur „Scheinmaßnahmen“. Die MandatarInnen der Regierungsfraktionen betonten hingegen, dass mit der Integrierten Klima- und Energiestrategie einige Klimaschutz-Maßnahmen umgesetzt werden. Der Dringliche Antrag blieb schließlich in der Minderheit.
JETZT: Es braucht eine ökosoziale Steuerreform
Österreich ist beim Klimaschutz säumig, stellte Bruno Rossmann (JETZT) der Klimapolitik der Regierung ein schlechtes Zeugnis aus. Die als konkrete Maßnahmen präsentierten Klimaschutzmaßnahmen sind für ihn reine Symbolik. Rossmann wies auf die massive Kritik hin, die von KlimaexpertInnen an der Integrierten Klima- und Energiestrategie sowie am Klima- und Energieplan der Bundesregierung geübt wurde. Das E-Mobilitäts-Konzept sieht Rossmann nur als einen Tropfen auf den heißen Stein. Zusätzlich würden kontraproduktive Maßnahmen, wie Tempo 140, umgesetzt. Daher brauche es den von seiner Fraktion geforderten Aktionsplan, wobei er die Umsetzung einer ökosozialen Steuerreform hervorhob. Umweltschädliche Förderungen müssen gestrichen und dabei von sozialen Maßnahmen begleitet werden. Die eingehobenen CO2-Steuern müssten direkt an die Menschen zurückfließen, betonte Rossmann. Andere Länder zeigen ihm zufolge, dass der Wirtschaftsstandort unter solchen Steuern nicht leide.
Die Jugend und ihr Recht auf ein Leben in Gesundheit sollte man ernst nehmen und mit verantwortungsvoller Politik darauf reagieren, sagte Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT). Die Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung sei nur eine der komplexen Wechselbeziehungen der Klimakrise, die man neben Landwirtschaft, Ernährung und Wasserversorgung mitbedenken sollte. Leider stehe das Thema Gesundheit aber nicht auf der Prioritätenliste der Bundesregierung, meinte die Abgeordnete. In diesem Zusammenhang hob Holzinger-Vogtenhuber die Bedeutung eines Verbots von Glyphosat und Pestiziden in der Landwirtschaft hervor und kritisierte, dass sich die Regierungsparteien auf EU-Ebene nicht dafür einsetzen würden.
Wolfgang Zinggl (JETZT) warf Bundesministerin Elisabeth Köstinger vor, in ihrer Zeit im EU-Parlament gegen ein Plastik-Sackerl-Verbot gestimmt zu haben. So könne man ihrer Umweltpolitik keinen Glauben schenken, meinte der Abgeordnete.
Darauf entgegnete die Ministerin, 2015 mit dem EU-Parlament ein Reduktionsziel von Kunststofftragetaschen verabschiedet zu haben. Abgelehnt habe sie in diesem Zusammenhang lediglich eine Alternativentschließung, weil diese das gesamte Paket verhindert hätte. Bezüglich der Treibhausgasbilanz hielt sie fest, dass diese in vielen Bereichen Verbesserungen zeige. Zum Schutz Österreichs würden eine Vielzahl von Maßnahmen umgesetzt, so Köstinger.
ÖVP: Opposition fordert Maßnahmen, aber stimmt oft gegen Vorschläge der Regierung
Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) kritisierte, dass die Opposition zwar Forderungen beim Klimaschutz stellt, im Parlament aber oftmals gegen Maßnahmen der Regierung stimmt. In diesem Zusammenhang wies er auf die Umsetzung der Integrierten Klima- und Energiestrategie hin, wodurch einige Maßnahmen, wie in der E-Mobilität, der Thermischen Sanierung, bei den Erneuerbaren Energieträgern und durch die Green Finance, gesetzt werden. Schmuckenschlager betonte aber auch, dass es dabei nicht nur um politische, sondern auch um persönliche Verantwortung eines jeden Einzelnen gehe.
Claudia Plakolm (ÖVP) zeigte sich erfreut darüber, dass sich viele Jugendliche aktuell für die politische Mitgestaltung engagieren und ein starkes Bewusstsein für den Klimaschutz zeigen. Sie verteidigte Bundesministerin Elisabeth Köstinger, die diesbezüglich viele Maßnahmen setzen würde, etwa beim Verbot von Einwegplastik ab 2020, bei der Mission 2030, bei der Förderung erneuerbarer Energiequellen und durch einen Klimaschwerpunkt in Schulen. Die Abgeordnete betonte, dass jede und jeder Einzelne zu Klima- und Umweltschutz beitragen könne, etwa durch die Wahl der Verkehrsmittel, Mülltrennung oder beim Kaufverhalten.
Die Forderungen der Liste JETZT konnte ÖVP-Fraktionskollege Franz Hörl nicht nachvollziehen. Österreich habe sich ja verpflichtet, das EU-Klimaabkommen umzusetzen, die Bundesregierung habe darauf mit der Mission 2030 reagiert, die Bundesländer hätten ebenso Maßnahmen gesetzt. Das Klimaproblem müsse man global sehen, meinte Hörl. Im Vergleich mit China oder USA habe Österreich nur sehr geringe Emissionen und liege auch deutlich unter dem EU-Schnitt. 72% an erneuerbarem Strom sei ein europaweiter Spitzenwert, meinte er.
FPÖ: Integrierte Klima- und Energiestrategie wird mit Leben befüllt
In der Politik der Liste JETZT ortete Walter Rauch (FPÖ) eine „Retropolitik“. Neue Steuern zu fordern, würde keine Gesamtverantwortung beinhalten. Vielmehr gelte es, Wirtschafts- und Umweltpolitik zusammen zu bringen. Dies dürfe nicht durch Belastungen geschehen, sondern müsse durch positive Maßnahmen umgesetzt werden. In diesem Sinn wird Rauch zufolge die Integrierte Klima- und Energiestrategie der Regierung mit Leben befüllt werden. Kritisch sah er, dass Atomkraft bisweilen auch als klimaneutrale Energieform gesehen wird. Die Bundesregierung würde klar gegen Atomkraft auftreten und alle möglichen politischen Maßnahmen dagegen setzen.
Die FPÖ-Abgeordneten Sandra Wasserman und Gerhard Deimek betonten, dass Klima- und Umweltschutz einen hohen Stellenwert in der Regierung einnehmen. Sie unterstützten die genannten Maßnahmen von Umweltministerin Elisabeth Köstinger, vor allem im Bereich Verkehr und in Zusammenarbeit mit Verkehrsminister Norbert Hofer. FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek forderte zu einem sachlichen Umgang mit den Fakten auf. Auch betonte er seine Hochachtung gegenüber den SchülerInnen, die nach der Schule für den Klimaschutz demonstrieren. Dabei sei allerdings ein Bildungsproblem bei den Eltern übersehen worden, meinte er. Diese würden nämlich fälschlicherweise davon ausgehen, dass man mit Digitalisierung die Probleme der Grundstoffindustrie lösen könne.
SPÖ: Regierung bürdet künftigen Generationen klimatische und finanzielle Belastungen auf
Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ) zweifelte daran, dass Nachhaltigkeitsministerin Köstinger das Ziel der Reduktion von CO2-Emissionen tatsächlich verfolge. Ohne konkrete Maßnahmen könnten die Klimaziele nicht erreicht werden. Stattdessen verkaufe die Bundesregierung Ankündigungen als Erfolge, kritisierte er. Die Werte bei den CO2-Emissionen würden zeigen, wo Handlungsbedarf besteht und es besteht aufgrund dieser Zahlen auch die rechtliche Verpflichtung zu handeln, unterstrich Feichtinger. Die Bundesregierung sei aber untätig, wodurch den künftigen Generationen eine große Hypothek durch Klimaerhitzung und durch Zertifikatkauf eine finanzielle Belastung aufgebürdet würde.
Klimaschutz sei mittlerweile nicht nur für ExpertInnen ein Thema, sondern zu einer weltweiten Protestbewegung quer durch alle Gesellschaftsschichten avanciert und wird vor allem von jungen Menschen getragen, sagte SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar. Daher könne sich die Politik nicht vor dem Thema drücken, meinte sie. ÖVP und FPÖ würden nur die Interessen von Großindustriellen vertreten, Ministerin Köstinger habe nur politische Leidenschaft für das Thema Landwirtschaft, nicht aber für Klimaschutz, kritisierte die SPÖ-Mandatarin. Sie erwarte sich von der Ministerin mehr Engagement, denn für eine Energiewende müsse man Mittel investieren.
Natürlich müsse man Klimaschutz global angehen, dabei sei aber nicht zu vergessen, dass man auch „vor der eigenen Haustüre kehren“ könne, sagte SPÖ-Fraktionskollegin Eva Maria Holzleitner. Den Einsatz und vehementen Willen von Greta Thunberg, die durch die „Fridays for Future“-Bewegung 1,4 Millionen SchülerInnen auf die Straßen brachte, müsse man ernst nehmen, sich daran ein Beispiel nehmen und nicht die Jugendlichen für ihr Fernbleiben vom Unterricht tadeln. Von der Regierung forderte sie umweltfreundliche Verkehrskonzepte, Maßnahmen zur Reduktion des Plastikmülls und einen Ausbau der Forschung in diesen Bereichen.
Dass man den Planeten nicht wie ein Haus abreißen und durch ein neues ersetzen könne, betonte Elisabeth Feichtinger (SPÖ). Solange man noch die Chance zu einer Klima-Trendwende habe, sollte man sie nutzen. Leider gebe es seitens der Bundesregierung dazu aber nur Ankündigungen und wenige konkrete Maßnahmen, bemängelte sie. Konkret forderte sie dazu auf, gegen den steigenden Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft vorzugehen.
SPÖ-Mandatar Jörg Leichtfried bezeichnete die „Fridays for Future“-Bewegung als ein Zeichen von Mut, insbesondere weil es für die Demonstration der SchülerInnen innerhalb der Schulzeit Widerstand vom Bildungsminister gebe. Es sei etwas Positives und ein entschlossenes Zeichen gegen die traurigen Fakten in Bezug auf den Klimawandel, daher sei der Antrag der Liste JETZT zu unterstützen, wenngleich er nicht mit allen Punkten in Einklang stehe, meinte Leichtfried.
NEOS: Österreich hat bei CO2-Emissionen deutlichen Nachholbedarf
Michael Bernhard (NEOS) rechnete vor, dass Österreich zur Erreichung des Zwei-Grad-Zieles über ein CO2-Budget von 1.000 Tonnen verfüge. Beim derzeitigen Verbrauch werden wir dieses Budget laut Bernhard bis 2035 aufgebraucht haben. Da es bis dahin technologisch nicht abzusehen ist, auf CO2 zu verzichten, müsse gespart werden. Insbesondere im europäischen Vergleich stehe Österreich bei den CO2-Emissionen besonders schlecht da. Während hierzulande die Emissionen seit 1990 leicht stiegen, konnten andere Länder diese drastisch senken. Diese Länder würden auch zeigen, dass Wirtschaftswachstum von den CO2-Emission entkoppelt werden kann. Bei den Erneuerbaren Energieträgern ruhe sich die Regierung außerdem auf bereits seit Jahrzehnten bestehenden Erfolgen vor allem bei der Wasserkraft aus und bringe bislang nur Lippenbekenntnisse. Außerdem baue sie auf Eigeninitiative und Plastikreduktion, die Bernhards Ansicht nach keinen Einfluss auf CO2-Emissionen haben.
Josef Schellhorn (NEOS) dankte der Liste JETZT für die Einbringung des Dringlichen Antrags. „Leider kennt die FPÖ nur eine einzige Bedrohung – Ausländer und nicht das Klima“ sagte er. Tatsächlich müsse man sich diesem wichtigen Punkt stellen, weil der Klimawandel die zukünftigen Generationen stark beeinträchtigen werde. Das Thema Klima betreffe allerdings nicht nur die Nachhaltigkeitsministerin, meinte Schellhorn, sondern etwa auch das Finanzressort in Bezug auf eine steuerliche Komponente, um den Faktor Arbeit mittels einer CO2-Lenkungssteuer zu entlasten. Auch brauche es in dieser Hinsicht mehr Anreize für Industrie und Forschung im Wissenschaftsbereich „grüne Energie“.
„Politicians for Future“
Der fraktionslose Abgeordnete Efgani Dönmez beleuchtete das Thema Elektromobilität sowie den Treibstoffverbrauch. Insbesondere Containerschiffe, die Tonnen von Fracht verschiffen, würden große Mengen Treibstoff benötigen und viele Emissionen produzieren. Nachhaltiger Industrie dürfe man keine Steine in den Weg legen, meinte er, außerdem sollte man von Österreich aus Know-How exportieren. Dass die Jugendlichen für den Klimaschutz demonstrieren unterstütze er, solange sie nicht der Bildung fernbleiben.
Optimistischer blickte die fraktionslose Abgeordnete Martha Bißmann in die Zukunft. Denn die globale Klimaschutz-Bewegung „Fridays for Future“, die sie selbst so lange ersehnt habe, sei nun endlich da und stehe erst am Beginn ihrer Entwicklung. Kein Thema habe die Abgeordnete in ihrer Zeit im Nationalrat so stark beschäftigt wie die Klimaschutz-Bewegung, daher forderte sie den Nationalrat dazu auf, als „Politicians for Future“ gemeinsam zu handeln, solange sich eine Klimakrise noch abwenden lasse. Mit Mut und Vision werde das gelingen, meinte sie. (Fortsetzung Nationalrat) see/fan
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