Bäuerinnen NÖ: Neumann-Hartberger über den Weltfrauentag und Frauensolidarität

St. Pölten (OTS) – Der Internationale Frauentag wird jährlich am 8. März begangen. Er entstand vor dem Ersten Weltkrieg, die Vereinten Nationen erkoren ihn später als Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden aus. Niederösterreichs Präsidentin der Bäuerinnen, Irene Neumann-Hartberger, sieht in diesem Tag ein Symbol für die heutigen Anliegen der Bäuerinnen in Niederösterreich.

Was hat uns heute der Weltfrauentag noch zu sagen?

Neumann-Hartberger: „Der Tag wurde als Signal für Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen ins Leben gerufen. 1919 durften die Frauen in Österreich erstmals wählen. Bis dahin wurde den Frauen unterstellt, dass sie kein politisches Interesse hätten und deshalb nicht kundig genug wären, zu wählen. Das Wahlrecht haben die engagierten Frauen vor uns für uns erkämpft. Heute ist es unsere Pflicht, uns für unsere Nachfolgerinnen einzusetzen, damit auch faktische Gleichstellung im politischen Geschehen passiert.“

Wie wollen die Bäuerinnen diese faktische Gleichstellung erreichen?

Neumann-Hartberger: „Auf den Höfen ist partnerschaftliche Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung gelebte Praxis. Aber bei der Besetzung von Funktionen in agrarischen Organisationen und politischen Gremien haben wir noch großen Aufholbedarf. Um den Bäuerinnen und Frauen im ländlichen Raum diese Türen zu öffnen, haben die Bäuerinnen österreichweit die ‚Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung in der Land- und Forstwirtschaft‘ ins Leben gerufen.“

Was sagt diese Charta aus und wie soll sie tatsächlich den Frauen helfen?

Neumann-Hartberger: „Mit der Charta fordern wir, dass in allen Entscheidungsgremien mindestens 30% Frauen mitarbeiten sollen. Wir haben damit das Thema Gleichstellung erneut massiv angestoßen und ein neues Bewusstsein für die Vorteile und die notwendigen Rahmenbedingungen partnerschaftlicher politischer Arbeit geschaffen -bei Männern wie Frauen. Gleichzeitig bieten wir Seminare und Vorträge für Frauen an, um deren Interesse für Vertretungsarbeit zu stärken. Unser Lehrgang für professionelle Vertretungsarbeit wurde schon von rund 100 Niederösterreicherinnen absolviert.“

In welchen Zukunftsfragen ist die Mitwirkung der Frauen besonders gefragt?

Neumann-Hartberger: „Wir brauchen in allen Zukunftsfragen die Perspektiven der Frauen und Männer. Beispielsweise das Thema Schulbildung: Der aktuelle politische Diskurs geht vor allem in Richtung Technik und Digitalisierung. Wir Frauen sagen: Ja, brauchen wir, und gleichzeitig wollen wir auch eine verstärkte Verbraucherbildung im Umgang mit der Vielfalt an Lebensmitteln, mit sozialen Medien und mit natürlichen Ressourcen. Ein anderes Beispiel ist die Pflege: Davon sind vor allem Frauen als Pflegende daheim betroffen. Damit diese auch ein ausreichendes Einkommen und eine Pensionsversicherung bekommen, setzen wir uns für eine Erhöhung des Pflegegeldes ein. Pflegende Angehörige haben im Gegensatz zu den Angestellten im Gesundheitsbereich noch immer keine ausreichende Lobby, auch wenn über 80% der Pflege zu Hause passiert. Daher setzen wir Bäuerinnen uns für sie ein – auch wenn wir dabei nicht immer auf Gegenliebe bei den aktuellen politischen Verantwortungsträgern stoßen.“

Mangelnde Solidarität als ein Faktor für die geringe Anzahl an Frauen in der Politik?

Neumann-Hartberger: „Das ist ein noch immer wirksames Killerargument, das vor allem von Menschen verwendet wird, die zwar verbal Gleichstellung unterstützen, aber tatsächlich nicht danach handeln. Frauensolidarität heißt nicht, dass man bedingungslos zu jeder Frau steht, nur weil sie eine Frau ist, weil ja auch Frauen keine homogene Gruppe sind. Es ist ja auch nicht so, dass Männer untereinander grundsätzlich solidarisch sind. Solidarität heißt für mich, Unterschiedlichkeiten und Konkurrenz mit Respekt anzuerkennen und dort, wo es gemeinsame Herausforderungen und Ziele gibt, uns gegenseitig zu unterstützen. Hören wir doch endlich auf mit dieser pauschalen und schädlichen Vorstellung von allumfassender Harmonie, die zwischen allen Frauen herrschen soll. Meine Erfahrung in der ARGE der Bäuerinnen mit ihren 40.000 Mitgliedern ist, dass jede dieser Frauen ihre eigene Geschichte und Sichtweise hat. Aber in einigen Zielen sind wir uns sehr einig: Forcierung von Frauen in agrarischen und politischen Gremien, partnerschaftliche Betriebs- und Lebensführung, Verbreiterung des Dialogs zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft, Steigerung des Zusammenhalts in der Landwirtschaft sowie Stärkung der Frauen im ländlichen Raum. Das sind unsere fünf Strategieziele der Bäuerinnen und dafür setzen wir uns stark und solidarisch ein.“

Hinweis: Der Zertifikatslehrgang „ZAM – Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ wird auch in der Bildungssaison 2018/19 wieder angeboten. Hier können Frauen ihr politisches Interesse weiterentwickeln und ausloten, ob sie eine aktive Rolle einnehmen möchten. Für unverbindliche Informationen und Anmeldungen ist Frau Elisabeth Heidegger in der Landwirtschaftskammer Niederösterreich zuständig und unter der Tel. Nr. 05 0259-26204 oder per E-Mail unter elisabeth.heidegger@lk-noe.at erreichbar. (Schluss)

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