Innsbruck (OTS) – Kostendruck und fehlendes bzw. zu wenig gut ausgebildetes Pflegepersonal schaffen oft strukturelle Mängel in privaten und öffentlichen Pflegeeinrichtungen. Umso mehr sind regelmäßige Kontrollen für qualitative Verbesserung notwendig. Die Debatte über die behördliche Aufsicht und Kontrolle von Pflege-und Behinderteneinrichtungen in den Bundesländern flammt in regelmäßigen Abständen wieder auf. Im vorigen Sommer hat etwa die Volksanwaltschaft mit einer erheblichen Mängelliste in Tiroler Heimen für Diskussionsstoff gesorgt und u. a. die auffallend hohe Zahl verordneter Dauermedikamente kritisiert. Der Wunsch nach intensiveren Kontrollen wurde danach laut. Jetzt tritt wiederum der Fachverband der Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer auf die Bremse. Es werde zu viel überprüft, vor allem von der Volksanwaltschaft, heißt es. Zugleich fordert die Kammer transparente Prüfkriterien und warnt vor einer „Kriminalisierung“ der gesamten Branche.
Wie wichtig ein Monitoring jedoch ist, zeigt sich etwa bei der Sozialeinrichtung Netzwerk St. Josef in Mils bei Hall. Offenbar, und so wird es auch von der Geschäftsführung bestätigt, wurden in der Betreuungseinrichtung für Behinderte der Barmherzigen Schwestern Grenzen überschritten. Von Mitarbeitern. Die Volksanwaltschaft hat das Heim schon mehrmals besucht und aufgrund der Größe strukturelle Mängel festgestellt. Natürlich sind es Einzelfälle, doch gerade in einem höchst anspruchsvollen und sensiblen Bereich wie der Alten- und Behindertenbetreuung wirken sie sich schwerwiegend aus. Weil damit die Menschenwürde der Schwächsten in der Gesellschaft nicht nur angegriffen, sondern nachhaltig zermürbt wird.
Oft schaffen zu große Betreuungseinrichtungen und zu wenig Personal schlussendlich eine Brutstätte für strukturelle Defizite. Dazu kommt noch der Kostendruck, weil die stationäre Betreuung viel kostenintensiver ist. Die geforderte Unterbringung in kleineren Einheiten ist vielerorts allerdings eine Frage des Geldes. Im Lichte dieser Erkenntnisse benötigt es sicher nicht weniger Kontrollen, aber qualitativ besser abgestimmte.
Wenn die Kommissionen der Volksanwaltschaft davon berichten, dass die Hälfte der 2017 besuchten Pflegeheime im Nachtdienst nicht über genügend Personal verfügt und in mehr als 62 Prozent der Fälle die Gabe von Medikamenten beanstandet werden musste, dann gibt es sicher keine „Überkontrolle“. Vielmehr muss sich die Gesundheits- und Sozialpolitik selbstkritisch damit auseinandersetzen, warum auf die Empfehlungen der Volksanwaltschaft bisher nur mangelhaft reagiert wurde.
Pflege braucht eben Kontrolle, daran führt auch 2019 kein Weg vorbei.
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