Wien (PK) – Das Gedenkjahr 2018 gibt Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska Anlass, über die Geschichte zu reflektieren und sie in Relation zur Gegenwart zu setzen. Posch-Gruska und die Bundesjugendvertretung luden heute Nachmittag zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Kritik. Protest. Zivilcourage.“ in das Palais Epstein, um im Hinblick auf die Situation von AktivistInnen, JournalistInnen, WissenschafterInnen und SozialarbeiterInnen über Strategien zu diesen Themen zu sprechen und auszuloten, ob und welchen Handlungsbedarf es für die Politik gibt.
Das Impulsreferat hielt Kathrin Glösel vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Am Podium diskutierten die Gründerin von „Omas gegen Rechts“ Monika Salzer, Eva Grigori vom Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten und Caroline Pavitsits, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung. Die Moderation übernahm Colette Schmidt (Der Standard).
Posch-Gruska: Auf Demokratie achten und aufpassen
„Wir tragen die Verantwortung, Strategien zu entwickeln, damit Abgrenzung und Ausgrenzung nicht noch einmal die Oberhand in unserer Gesellschaft gewinnen“, so die Einladung der Bundesratspräsidentin Posch-Gruska zur Podiumsdiskussion. Derzeit würden AktivistInnen, JournalistInnen, WissenschafterInnen und SozialarbeiterInnen aber immer wieder an ihre Grenzen stoßen. Damit das „Nie wieder!“ nicht zu einer Floskel werde, sei es wichtig, auf die Demokratie zu achten und auf sie aufzupassen, betonte die Bundesratspräsidentin zur Begrüßung. Im Hinblick darauf, was im Jahr 2018 passiere, sehe sie es auch als ihre Aufgabe, Dinge anzusprechen, über die sonst geschwiegen werde. So gelte es etwa deutlich zu sagen, dass Afghanistan kein sicheres Land ist, wohin Flüchtlinge zurückgeschoben werden können. Posch-Gruska rief dazu auf, in allen Bereichen mit Zivilcourage aufzuzeigen, wenn etwas nicht richtig laufe.
Glösel: Thesen zum Thema Rechtsextremismus
Im Mittelpunkt hinsichtlich der drei Aktionsformen Kritik, Protest und Zivilcourage stehe die Frage, wie damit die Gesellschaft inklusiver gemacht werden könne, stellte die Politikwissenschaftlerin Kathrin Glösel fest. Sie sprach dazu über vier Thesen, die aus ihrer Sicht das Kernthema Rechtsextremismus ausmachen. Selbiger stelle aus ihrer Sicht eine Ideologie dar, die Ungleichheit und Ungleichwertigkeit von Menschen propagiere, wobei nationalistisch aufgeladene Erzählungen sowie Abstammung eine große Rolle spielen. Rechtsextremismus sei keine Randerscheinung, nannte Glösel eine der Thesen. Rechtsextremismus brauche außerdem die Krise, um zu funktionieren. Sein Identitätsangebot und Angebot zur Zugehörigkeit und Selbstaufwertung lasse ihn darin attraktiv erscheinen. Als systemisches Problem betrachtet, so die Politikwissenschaftlerin, sei dagegen an mehreren Hebeln anzusetzen. Rechtsextremismus sei außerdem in Österreich zwar nicht verboten, das bedeute aber nicht, zuschauen zu müssen, sondern jeden Tag daran arbeiten zu können, dass er weniger werde. Umgekehrt komme es immer noch zu Beschwichtigungsversuchen und Verharmlosung, sprach Glösel in diesem Zusammenhang die FPÖ an.
In der anschließenden Diskussionsrunde betonte Monika Salzer, der Bewegung „Omas gegen Rechts“ gehe es nicht um Alterspolitik, sondern um die Jugend und ihre Zukunft. Rechtsextremismus sei die Gegenseite von Demokratie, was im Moment politisch passiere, bezeichnete sie als ungeheuerlich. Da in diesen Kreisen schwer emotional agiert würde, sei es wichtig, dem auch mit Emotion zu begegnen, um etwas zu erreichen. Darüber hinaus stelle der Sozialstaat die beste Versicherung für die Demokratie, für die Menschen und gegen Rechts dar.
Die Expertin für soziale Inklusionsforschung Eva Grigori kann sich zum Begriff „Neue Rechte“ – im Zusammenhang mit Rechtsextremismus -vorstellen, dass es durch das vermeintlich „Neue“ gelinge, das Gesetz der Wiederbetätigung zu umgehen, denn Rechtsextremismus sei nicht strafbar. Selbiger wende europaweit erprobte Strategien wie etwa Nationalismus an. An Maßnahmen wären aus ihrer Sicht Ausbildung und Ressourcen für SozialarbeiterInnen nötig, um auch das Werkzeug zu haben, an diesen Ideologien zu kratzen, aber auch Ausstiegsprogramme für Jugendliche, was oft auch nicht ungefährlich für selbige sei.
Die Vorsitzende der Bundesjugendvertretung Caroline Pavitsits betonte, ihrer Einrichtung sei Antifaschismus ein großes Anliegen. Auch etwa hinsichtlich Frauenbild der „Identitären“ gebe es Beispiele schockierender Videos bis dahin, Frauen das Wählen verbieten zu wollen. Rechtsextreme Organisationen würden sehr stark mit Existenzängsten der jungen Menschen arbeiten, so Pavitsits. Es gelte, gegen diese Bewegungen aufzustehen und sich dagegen auszusprechen, etwa auch in Online-Räumen. Was Jugendliche allgemein betrifft, sieht sie keine Politikverdrossenheit. Was die Politik allerdings schaffen müsse, seien Partizipationsmöglichkeiten. (Schluss) mbu
HINWEIS: Fotos von der Podiumsdiskussion finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV .
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