Wien (PK) – Einhellig nahm der Nationalrat heute den Bericht der unabhängigen Expertengruppe GREVIO zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zur Kenntnis. Die GREVIO-Expertengruppe beobachtet die Umsetzung der Istanbul-Konvention – das Übereinkommen des Europarats für Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt -, die Österreich 2013 als eines der ersten Länder ratifiziert hat. Darüber hinaus brachten die Frauen- und Gleichbehandlungssprecherinnen aller fünf Parlamentsfraktionen einen gemeinsamen Entschließungsantrag ein. Sie sprechen sich in der Initiative für den Ausbau des Opferschutzes für betroffene Frauen und Kinder sowie für Präventionsmaßnahmen aus. Konkret soll damit neben den zusätzlichen Betreuungsplätzen für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder der Opferschutz weiterhin bedarfsorientiert ausgebaut und auch weiterhin Maßnahmen – beginnend schon im Kindesalter – im Bereich der Prävention und Bewusstseinsbildung gesetzt werden.
Der GREVIO-Evaluierungsbericht hebt zahlreiche positive Maßnahmen im Bereich der Gesetzgebung und Politik in Österreich hervor und begrüßt das langjährige politische Engagement zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gleichsam als Vorreiterrolle. Die ExpertInnen, denen die Abgeordneten ihren ausdrücklichen Dank aussprachen, geben dennoch insgesamt 45 Empfehlungen an die österreichische Bundesregierung ab, drei davon nachdrücklich. Dabei geht es um Schutz vor Gewalt für Frauen mit Behinderung, für Asylwerberinnen und für Frauen mit unsicherem Aufenthaltsstatus. Außerdem empfiehlt die GREVIO-Gruppe, eine Gesamtstrategie zu entwickeln und auch spezialisierte Einrichtungen zu gewährleisten, sowie die Anwendung des „außergerichtlichen Tatausgleichs“ für Fälle von Gewalt gegen Frauen zu unterbinden, was etwa auch Karl Mahrer (ÖVP) unterstrich.
Ein Entschließungsantrag der NEOS fand im Plenum keine Mehrheit. NEOS-Frauensprecherin Claudia Gamon fordert damit ein Maßnahmenpaket zur (Bewusstseins-)Bildung, Information und Sensibilisierung von jungen Frauen und Männern bezüglich sexualisierter Gewalt. Außerdem sollen genügend Ressourcen für Informations- und Bildungsmaßnahmen im Querschnittsbereich Medienkompetenz und Sexualpädagogik bereitgestellt werden. Michael Bernhard (NEOS), der den Antrag einbrachte, betonte, dass es einen Wandel der Werte hin zu einer tatsächlich gewaltfeien Gesellschaft brauche.
Bogner-Strauß: Österreich gewaltfrei machen
Dafür, Österreich gewaltfrei zu machen sprach sich auch Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß aus. Sie freue sich über den All-Parteienantrag und rief dazu auf, gemeinsam allen Betroffenen Mut zu machen, das Schweigen zu brechen und aus der Gewaltspirale herauszuhelfen. Ebenso wie die Abgeordneten aller Fraktionen betonte sie die Vorreiterrolle Österreichs im Gewaltschutz. Aber etwa hinsichtlich sexueller Gewalt, Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat sei noch viel zu tun, und auch in Bezug auf strukturelle Gewalt durch Machtausübung brauche es Gegenmaßnahmen. Hier sei sie – etwa was die Lohnschere oder Kinderbetreuung angehe – auf dem Weg, Verbesserungen einzuleiten.
ÖVP-Frauensprecherin Barbara Krenn und Jessi Lintl (FPÖ) thematisierten, dass allein in diesem Jahr 33 Frauen in Österreich ermordet wurden. Auch hinsichtlich sexueller Gewalt sprach Krenn von Menschenrechtsverletzungen, die sich auf die gesamte Gesellschaft auswirken. Etwa im Hinblick auf unvorstellbar rückständige Situationen von MuslimInnen sei Männern klar zu machen, dass Gewalt gegen Frauen absolut inakzeptabel ist, so Lintl. „Gewalt gegen Frauen ist kein Kavaliersdelikt“, betonte auch Karl Mahrer. Sie dürfe nicht tabuisiert und verharmlost werden. Betreffend den Aspekt Hass im Netz sagte Maria Großbauer (ÖVP), in der digitalen Welt müssten die gleichen Prinzipien gelten wie in der realen. Dafür brauche es klare Spielregeln, so Großbauer, die dazu etwa das digitale Vermummungsverbot nannte. FPÖ-Gleichbehandlungssprecherin Carmen Schimanek brachte schließlich den All-Parteienantrag ein. Sie machte darauf aufmerksam, dass das größte Problem in Österreich nach wie vor die häusliche Gewalt darstelle, die sich dramatisch auch auf die Kinder auswirke. Auch Petra Wimmer (SPÖ) ist der Schutz von Kindern ein besonderes Anliegen. Der Rechtsschutz von Kindern, die Gewalt gegen nahe Angehörige miterleben, müsse dringend verbessert werden, so Wimmer. Gemeinsam dafür einzutreten, den Gewaltschutz in Österreich – im Besonderen für Frauen und Kinder – auszubauen, ist ebenso das Anliegen von SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek. Der All-Parteienantrag sei sehr wichtig, den Worten müssten nun Taten folgen. Wichtig sei auch, sich gemeinsam für mehr Mittel einzusetzen. Sabine Schatz (SPÖ) dankte auch der Exekutive, und zwar für deren Umsetzung des wichtigen Betretungsverbots. Sie habe aber auch Aufholbedarf beim Gewaltschutz, etwa in der Sicherung von Beweismitteln bei Gewaltdelikten und in Bezug auf Sensibilisierungsmaßnahmen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
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