Wien (PK) – Anlässlich des Internationalen Tages der Menschrechte richtete die Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska gemeinsam mit der Volkshilfe einmal mehr ihren Fokus auf Kinderrechte: Kinderarmut ist in Österreich auch noch im Jahr 2018 ein großes Thema. Muss das sein? Wieviel würde es den österreichischen Staat kosten, die Kinderarmut im Land zu bekämpfen? Wo muss angesetzt werden? Diesen und ähnlichen Fragen ging die Veranstaltung „70 Jahre Menschenrechte“ nach.
Für BR-Präsidentin Inge Posch-Gruska ist klar, dass dringend Handlungsbedarf besteht: „Zum 70-jährigen Jubiläum der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stellen wir als Parlament die Rechte von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt. Denn Kinderrechte sind Menschenrechte. Trotzdem passiert es viel zu selten, dass wir uns mit den Anliegen und den Bedürfnissen der Kinder in unserem Land befassen und noch seltener passiert es, dass Kinder in unserem Land die Möglichkeit haben, selbst zu bestimmen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir im Bundesrat einen aktiven Kinderrechteausschuss haben, in dem wir fraktionsübergreifend dafür kämpfen, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Österreich gestärkt werden.“
Auf Ebene der gesamten Gesetzgebung und der Bundesregierung lasse der Einsatz für die Kinderrechte allerdings zu wünschen über: In Österreich sei die Kinderrechtskonvention zwar 1992 in Kraft getreten, jedoch mit einem Erfüllungsvorbehalt, der eine direkte Anwendbarkeit durch Gerichte oder Behörden verhindere, gab die Bundesratspräsidentin zu bedenken.
Posch-Gruska weiter: „Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen (…). So steht es im Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern geschrieben – trotzdem sind heute in Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, etwa 300.000 Kinder und Jugendliche von Armut betroffen oder gefährdet. Und für mich steht fest: Jedes Kind, das von Armut betroffen oder gefährdet ist, ist eines zu viel. Daher ist es in der Bekämpfung der Kinderarmut das Um und Auf, das Umfeld der Kinder näher zu betrachten. Wie geht es den Familien, in denen die von Armut gefährdeten Kinder leben?
Wenn wir den Kampf gegen die Kinderarmut also aktiv angehen wollen, dürfen wir das Kind nicht isoliert betrachten. Wir müssen bei seinem Umfeld und bei seiner Familie ansetzen. Die Mindestsicherung zu kürzen hält Posch-Gruska für den falschen Weg! Sie kritisierte auch die Senkung der Notstandshilfe und forderte eine Mindestsicherung für ein Leben, in dem jedes Kind in jeder Familie, einen guten Wohnplatz hat, gute Bildung erfährt, auf die Schullandwoche mitfahren kann, Spielzeug hat und auch mal etwas Neues zum Anziehen bekommt.
Fenninger: Modell Kindergrundsicherung
Um weitere Schritte im Kampf gegen die Kinderarmut in Österreich zu setzen, stellte Volkshilfe-Bundesgeschäftsführer Erich Fenninger das neue Projekt der Volkshilfe „Kinderarmut abschaffen“ vor.
„Wir können glücklich sein, dass wir 70 Jahre Menschenrechte feiern können. Und wir sind frei und gleich geboren…. Aber leider gilt das nicht für alle. Alle fünf Sekunden stirbt weltweit ein Kind an Unterernährung. 800 Millionen Menschen sterben jährlich an Hunger, und das, während acht Menschen auf der Welt so viel Vermögen angehäuft haben wie 3,7 Milliarden Menschen! Obwohl wir dafür kämpfen – werden die Menschenrechte immer wieder in Frage gestellt, stellte er fest.
Menschenrechte haben universell zu sein, so Fenninger, das beginne in den USA und ende in Europa und Österreich. Wir müssen die Welt mit den Augen der Kinder sehen. Armut aus der Kinderperspektive. Wir hören kaum zu, und reden selten. Dass 1,2 Mio. Menschen in Österreich armutsgefährdet sind, halte er für eine Schande. Ohne soziale Transferleistungen wären es noch viel mehr. Deshalb habe man das Modell Kindergrundsicherung entwickelt.
Mehrere Aspekte fließen in das Projekt mit ein: Gesundheitliche Entwicklung, Bildungschancen, Soziale Teilhabe und materielle Versorgung. „Diese vier Dimensionen ergeben einen Betrag pro Kind pro Monat von 625 Euro. Diesen Betrag braucht es, um die altersgerechten Kosten für ein Kind zu decken und zugleich auch die Chancengerechtigkeit zu erhalten.“
Das Modell der Volkshilfe beinhalte eine universelle Komponente von 200 Euro pro Monat pro Kind, welches für alle Kinder und Jugendliche zur Auszahlung kommen soll. Eine einkommensgeprüfte Komponente in der Höhe von maximal 425 Euro pro Kind/Monat richte sich nach dem elterlichen Einkommen bei armutsgefährdeten Familien. Der staatliche Finanzierungsaufwand für diese Formen würde auf rund 600 bis 700 Mio. Euro kommen, rechnet die Volkshilfe vor.
„Kindergrundsicherung wäre eine volkswirtschaftliche Investition“
In einer erweiterten Variante ist laut dem Modell auch eine Unterstützung für GeringverdienerInnen angedacht. All jene Familien, deren Familieneinkommen unter 35.000 Euro liegt, könnten ebenfalls nach dem Volkshilfe-Modell unterstützt werden. Das würde staatliche Kosten von rund zwei Milliarden Euro pro Jahr ausmachen.
Fenninger zufolge stellt die Kindergrundsicherung eine volkswirtschaftliche Investition dar, die spätere Sozialausgaben nachhaltig minimieren könnte. Durch die Kindergrundsicherung könnten die Kinder die intergenerationale Weitergabe materieller Deprivation durchbrechen und ihnen gelingen, dass sie von BeitragsnehmerInnen zu BeitragszahlerInnen werden.“, ist Fenninger überzeugt. „Wir wollen die Menschen gewinnen, uns dabei zu unterstützen und gemeinsam die Kinderarmut zu bekämpfen. Wir wollen kein Kind zurücklassen.“
Künstlerisch begleitet wurde die Veranstaltung durch einen Kinderrechte-Poetry Slam der Rapperin, Slampoetin und Autorin Yasmo sowie einem Ausschnitt des vom Volkstheater inszenierten Stückes „Die rote Zora“. (Schluss) mar.
HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV .
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