Wien (OTS) – In einem offenen Brief an zahlreiche heimische Unternehmen und Interessensvertretungen, darunter Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung sowie Verbund, Strabag und ASFINAG, warnt die Umweltschutzorganisation Greenpeace heute vor den Folgen der geplanten Gesetzesnovelle zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Damit wären voraussichtlich etwa zwei Drittel der anerkannten Umweltschutzorganisationen in Österreich künftig von Umweltverfahren ausgeschlossen. Die rund 40 Vereine können die Aberkennung dann rechtlich anfechten, sich dennoch bei jedem UVP-Verfahren einmelden und Bescheide beeinspruchen. Das würde zu jahrelanger Rechtsunsicherheit führen und die Projekte deutlich verzögern oder sogar Genehmigungen rückwirkend aufheben. Damit verantwortet Umweltministerin Elisabeth Köstinger eine massive Rechtsunsicherheit für künftige Großprojekte wie Schnellstraßen, Kraftwerke oder Industrieanlagen in Österreich. Greenpeace fordert darum Österreichs Wirtschaftstreibende und deren Interessensvertretungen auf, sich gegen das UVP-Gesetz und für Umwelt- und Bürgerrechte einzusetzen.
„Das geplante UVP-Gesetz ist demokratiefeindlich, europarechtswidrig und verstößt gegen den Datenschutz. Ministerin Elisabeth Köstinger schafft damit eine massive Rechtsunsicherheit und ein riesiges finanzielles Risiko, wenn dann die UVP-Bescheide zerbröseln. Köstinger gefährdet den Wirtschaftsstandort Österreich und erweist den heimischen Unternehmen einen Bärendienst. Diese müssen nun ihre Stimme erheben, für Umwelt- und Bürgerrechte, gegen jahrelange Verzögerungen oder sogar Baustopps“, fordert Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit.
Greenpeace hat bereits angekündigt, die privaten Daten ihrer Mitglieder nicht zu veröffentlichen und sich gegen einen Ausschluss aus UVP-Verfahren mit allen rechtlichen Mitteln zu wehren. „Die Aufgabe von Umweltschützerinnen und Umweltschützern ist es, die Gefahren für die Bevölkerung und unsere Natur abzuwehren, etwa indem sie Bauvorhaben sorgfältig prüfen. Wir helfen so mit, Österreich zu einem umweltfreundlichen, sicheren und lebenswerten Land zu machen. Und wir werden auch in Zukunft mit aller Kraft für den Umweltschutz in Österreich einstehen“, so Egit.
Der vorliegende Abänderungsantrag sieht vor, Umweltschutzorganisationen künftig nur mehr dann zu UVP-Verfahren zuzulassen, wenn sie über 100 Mitglieder haben und die Namen und Anschrift dieser offenlegen. Das verstößt gegen Europa- und Völkerrecht: So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) schon 2009 in einem schwedischen Verfahren entschieden, dass eine Mindestzahl an Mitgliedern kein zulässiges Kriterium ist um Vereine von Umweltverfahren auszuschließen, wenn das den Zielen der europäischen UVP-Richtlinie zuwiderlaufen. Genau das geschieht jedoch durch die vorgesehene Beschränkung, da die Richtlinie Umweltschutzorganisationen einen weiten Zugang zu Gerichten einräumt. Darüber hinaus widerspricht die Offenlegung der Mitglieder europäischem Datenschutzrecht. Selbst die Abwicklung über einen Notar wäre ohne die ausdrückliche Zustimmung der Mitglieder eine Weitergabe von Daten an Dritte und damit aus Sicht von Verfassungsjuristen datenschutzwidrig. Als Verein eine derartige Einwilligung zu verlangen, widerspricht grundsätzlich den Intentionen des österreichischen Vereinsrechts. Darüber hinaus ergibt sich dadurch für Umweltschutzorganisationen eine verfassungswidrige Schlechterstellung gegenüber anderen Rechtspersonen wie etwa Stiftungen, die laut der UVP-Novelle von einer derartigen Regelung ausgenommen sind.
Den offenen Brief an zahlreiche heimische Unternehmen und Interessensvertretungen finden Sie unter: https://bit.ly/2S1o8CG
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