Wien (OTS) – In einigen Tagen wird das 328 Seiten umfassende Vergaberechtsreformgesetz 2018 in Kraft treten und einen neuen zeitgemäßen Rechtsrahmen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen bringen. „Zu den wesentlichsten Neuerungen zählen die Digitalisierung, Vereinfachung und Flexibilisierung, wobei der Gesetzgeber bei elektronischen Vergabeverfahren, dynamischen Beschaffungssystemen für den Einkauf standardisierter Leistungen und elektronischen Katalogen stark Anlehnung an den Einkauf der Privatwirtschaft genommen hat“, erläutert heute, Donnerstag, die Leiterin der Rechtspolitischen Abteilung der WKÖ, Rosemarie Schön, im Rahmen des Informationsvormittags zum Vergaberechtsreformpaket 2018 vor über 150 Teilnehmern aus allen Bereichen der Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. „Die Wirtschaft erwartet sich durch die E-Vergabe mehr Wettbewerb, verstärkte Transparenz, faire Verfahren und dadurch Einsparungen bei Preisen und Transaktionskosten“, so Schön. Die elektronische Vergabe sei eine große Chance für mehr Transparenz und Fairness, weil Beschaffungsprozesse dadurch rechtssicher vereinfacht und beschleunigt werden können, was der gesamten Volkswirtschaft zugutekomme.
E-Vergabe: Experten raten Unternehmen zur frühzeitigen
Vorbereitung
Aus Sicht des Vergaberechtsexperten RA Dozent Müller ist der neue klare Rechtsrahmen für die E-Vergabe von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig empfiehlt er einen anderen Weg als in Deutschland: „Dass das Vergabereformgesetz 2018 nun bald in Kraft tritt, schafft für Auftraggeber und Bieter endlich Rechtssicherheit, und bringt auch neue, große Chancen durch die verpflichtende Einführung der elektronischen Vergabe im Oberschwellenbereich mit 18.10.2018. Zu hoffen ist, dass die Anzahl der elektronischen Vergabesysteme überschaubar bleibt und Bund und Länder hier – anders als in Deutschland – an einem Strang ziehen; sonst wird es für Bewerber und Bieter künftig schwierig.“ Die Digitalisierung der öffentlichen Auftragsvergabe verändert Prozesse und bringt neue Chancen für entsprechend vorbereitete Auftragnehmer wie Auftraggeber. Daher begleitet die WKÖ diese Entwicklung seit vielen Jahren mit einem breiten Informations- und Veranstaltungsangebot.
Im Rahmen der Reform des Vergaberechts wurde die Verpflichtung zum Bestbieterprinzip statt dem Billigstbieterprinzip ausgedehnt und gleichzeitig ein neues Qualitätssicherungssystem eingeführt. Damit kann der Auftraggeber innovative, ökologische oder soziale Qualitätskriterien nicht nur im Bereich der Zuschlagskriterien festlegen, sondern auch bei der Leistungsbeschreibung, den Eignungskriterien oder den Ausführungsbedingungen. Als Qualitätskriterien kommen beispielsweise Energieeffizienz, Abfallvermeidung, Boden- und Tierschutz, Beschäftigung von Lehrlingen in Frage. Verpflichtend berücksichtigt werden müssen Qualitätskriterien künftig jedenfalls bei der Ausschreibung von personenbezogenen Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialbereich (zB Altersfürsorge, Erwachsenenbildung), bei der Ausschreibung von Gebäudereinigungs- und Bewachungsleistungen, bei der Beschaffung von Lebensmitteln sowie bei Verkehrsdiensten im öffentlichen Straßenpersonenverkehr (zB Linienbusse, Sammeltaxis).
Neuerungen gibt es auch bei der Vertragsänderung, so RA Professor Michael Breitenfeld: „Die nunmehr gesetzlich normierte Möglichkeit der Vertragsänderung ermöglicht es Auftraggebern wie auch Auftragnehmern flexibel auf geänderte Rahmenbedingungen im Zuge der Abwicklung eines Vergabeverfahrens und der Realisierung eines Projektes zu reagieren.“
Handlungsbedarf ortet die WKÖ noch darin, dass im Rahmen des Vergaberechtsreformpaketes noch nicht alle für die Wirtschaft wichtigen Vergaberechtsthemen des Regierungsübereinkommens abschließend geregelt werden konnten. Gleichzeitig liegt aber bereits die Empfehlung des Verfassungsausschusses für eine weitere Reform vor. Im Fokus, so Schön, stehen ab Herbst Gespräche über die innovationsfördernde öffentliche Beschaffung, Eignungsprüfungen sowie die Normenbindung. „Wichtig ist, dass die mit der Reform des Vergaberechts getroffenen Neuregelungen rasch in der Praxis Anwendung finden. Für die noch offenen Fragen in den Randbereichen der Materien sind wir zuversichtlich, auch hier zu zufriedenstellenden Lösungen zu kommen“, so Schön abschließend. (PWK502/us)
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