Sima zu Verwaltungsstrafgesetz: Schwarz-blauer Freibrief für Lärm- Rauch- und Müll-Sünder, illegale Wettlokale und kleines Glückspiel

Wien (OTS) – Verdreckte Gehsteige mit liegengelassenem Hundekot, illegale Wettlokale oder Glückspielautomaten, Hütchenspiel, Verstöße gegen den Nichtraucherschutz in Lokalen oder unerträgliche Lärmbelastung – und das alles ohne Konsequenzen für die Verursacher! So sieht der schwarz-blaue Freibrief für Lärm- Rauch- und Müllsünder dank der von der Bundesregierung geplanten Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz (VStG) aus. Sie wird morgen im Verfassungsausschuss im Parlament behandelt.

„Die Auswirkungen dieser Regelung wären wirklich dramatisch: Erst wenn jemand zum zweiten Mal beim gleichen Delikt innerhalb von drei Jahren erwischt wird, darf sofort gestraft werden“, warnt Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima vor den Konsequenzen und dem enormen Bürokratieaufwand auf Kosten der Steuerzahler. Durchwachte Nächte, verschmutzte Gehsteige, illegale Spielhöllen – bald Alltag dank der schwarz-blauen Bundesregierung. „Wir haben künftig nicht mehr die Möglichkeit, im Namen der Bürgerinnen und Bürger einzuschreiten und derartige Missstände rasch abzustellen“, warnt Sima. Still und heimlich wurde die Novelle am 13. Juni im Ministerrat durchgewunken.

Rechtsordnung darf nicht auf den Kopf gestellt werden!

Die neue Regelung behindert die Behörden bei ihrer Kontrolltätigkeit massiv. Etwa bei Umweltschutz, Sauberkeit, Hygiene-und Sicherheitsstandards, Lebensmittelsicherheit sowie beim ArbeitnehmerInnenschutz und im Straßenverkehr. Nun sollen nur noch „erhebliche“ und mit „Vorsatz begangene“ Übertretungen von Regeln schon beim ersten Mal bestraft werden. „Hier wird ganz massiv in die Länderrechte eingegriffen“, so Sima. Wien werde dies nicht tatenlos hinnehmen. „Ich appelliere an die Mitglieder im Verfassungsausschuss, die Rechtsordnung in Österreich nicht völlig auf den Kopf zu stellen und Abänderungen vorzunehmen. Ermahnt werden kann als Option wie bisher auch künftig, dies darf aber keinesfalls verpflichtend sein, denn Gesetze und Spielregeln müssen kontrolliert und geahndet werden“, so Sima. „Das erwarten sich die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von uns“, so Sima.

Hundekot auf Straße statt Gackerl im Sackerl

Die Auswirkungen der Novelle im täglichen Zusammenleben sind enorm, gerade was die Themen Sauberkeit, Hundekot und Lärmbelästigungen betrifft. So hat die Stadt Wien in den letzten Jahren große und erfolgreiche Anstrengungen unternommen, um Missstände in Sachen Hundekot, illegal abgelagertem Sperrmüll etc. durch strenge Kontrollen und Strafen bei Vergehen dauerhaft zu beseitigen. „Die WasteWatcher als Organe der öffentlichen Aufsicht haben seit Februar 2008 insgesamt 64.000 Amtshandlungen auf Grund des Reinhaltegesetzes durchgeführt. Wien zählt zu den saubersten Städten der Welt – eine Tatsache, die es ohne Durchgriffsrecht der Behörden nicht gäbe“, ist Sima überzeugt.

Rauchverbot: Keine Handhabe bei Verstößen gegen den Nichtraucherschutz

Die neue Regelung geht auch massiv auf die Gesundheit, denn bei Verstößen gegen das Rauchverbot in Lokalen ist ebenfalls zuerst „Beraten statt Strafen“ angesagt. Wie dramatisch die Folgen sind, zeigen die Kontrollen die in den letzten Monaten von der Stadt Wien verstärkt durchgeführt wurden: Bei Schwerpunktkontrollen gab es bei rund Zweidrittel (62 %) aller überprüften Lokale Verstöße gegen den NichtraucherInnen-Schutz, wie ständig offen gelassene Türen zwischen Raucher- und Nichtraucherbereichen etc. Die Leidtragenden sind die NichtraucherInnen unter den Gästen und das Personal.

Keine Chance gegen notorische Lärm-Höllen

Auch in Sachen Lärmschutz wird es künftig unlustig für AnrainerInnen: Bei Veranstaltungen im Freien und auch für Lokale gibt es strenge Lärmgrenzwerten und Sperrzeiten. Mit „Beraten statt Strafen“ sind bei Verstößen keine Strafen mehr möglich. Betroffene BewohnerInnen sind dem Lärm hilflos ausgeliefert. Unmittelbar gestraft wird nur, wer in den letzten drei Jahren zum selben Delikt schon einmal „beraten“ wurde oder eine Verwaltungsstrafe offen ist.

Fröhliche Urständ für illegale Wetten, illegales Glückspiel
und Hütchenspieler

Zur Eindämmung der Spielsucht und zum Schutz der Jugend vor den negativen Auswirkungen von Sportwetten wurde das Wiener Wettengesetz verschärft. Verstöße dagegen werden streng geahndet, auch mit Mindeststrafen in Höhe von € 2.200. „Beraten statt Strafen“ verschlechtert den Schutz von Jugendlichen und Spielsüchtigen enorm. Auch der Kampf gegen illegales Glückspiel ist von der neuen Regelung massiv betroffen. Dasselbe gilt für das betrügerische „Hütchenspiel“, das in Wien verboten und durch intensive, gemeinsame Kontrollen der Stadt und der Polizei von den Straßen verschwunden ist. Vor allem auch weil regelmäßig streng gestraft wurde. Jetzt muss man „Hütchenspieler“ beraten statt strafen, so etwas spricht sich in den Täterkreisen klarerweise rasch herum. Abschreckung Null – das Hütchenspiel wird sich wieder ungehindert in den Einkaufsstraßen ausbreiten.

Massiver Bürokratieaufwand – WasteWatcher mit Laptop

Zu guter Letzt führt das Vorhaben von Schwarz-Blau auch zu sinnloser Bürokratie und Steuergeldverschwendung. Das ist besonders absurd, da es schon bislang die Möglichkeit gab, aufzuklären statt zu strafen. Dies liegt im Ermessen des jeweiligen Aufsichtsorgans vor Ort. Wenn bislang von einer Anzeige oder Strafe abgesehen wurde, wird kein Schriftstück ausgehändigt, sondern vor Ort eine Ermahnung ausgesprochen. Bürokratieaufwand gleich Null!

Nun muss schriftlich der Sachverhalt dargestellt und zum Beenden des Rechtsbruchs aufgefordert werden, mit entsprechender Fristsetzung. Bei jeder Kontrolle muss fortan geprüften werden, ob bereits ein früheres Vergehen vorliegt. „Das heißt im praktischen Alltag, dass der WasteWatcher, der eine Müllsünder erwischt, erst klären muss, ob dieser bereits ein Delikt begangen hat. Das ist mehr als absurd und in der Praxis nicht machbar“, so Sima. Unmittelbar gestraft wird laut Regierungsplänen nur, wer in den letzten drei Jahren zum selben Delikt schon einmal aktenkundig „beraten“ wurde oder eine Verwaltungsstrafe offen ist.

Fehlendes Verwaltungsstrafregister als Freibrief

Dies zu prüfen, wird allerdings unmöglich, da es in Österreich kein österreichweites Verwaltungsstrafregister gibt, wo derartige Vergehen registriert wären. „Wer auch immer sich etwas – auch in einem anderen Bundesland – zu Schulden kommen lässt, hat mangels entsprechender Dokumentationsmöglichkeiten der Behörde eigentlich nichts zu befürchten. Ein Freibrief.“, so Sima. Ein solches österreichweites Verwaltungsstrafregister müsste also erst erstellt werden. Das allein erhöht den Bürokratieaufwand weiter. Sima appelliert, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger entsprechende Abänderungen im morgigen Ausschuss vorzunehmen.

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