Wien (OTS) – Als Regisseur Djordje Čenić noch ein Kind war, ist er oft nach „unten“ gefahren. Gemeint war damit die Heimat seiner Eltern: Jugoslawien. Jahrzehnte später nimmt er in „Unten – Mein jugoslawischer Sommer“ die Geschichte seiner Gastarbeiterfamilie zum Anlass für eine filmische Aufarbeitung. Seine österreichisch-kroatische Herkunft liefert ihm dabei auch ausreichend Stoff für diese Auseinandersetzung mit seiner Identität. Mit Čenić als Protagonist und Erzähler begibt sich der Film auf die Spuren der Generation Gastarbeiter von den 1970er Jahren bis heute. Er schildert das Fremdsein und die Versuche, dazuzugehören, erzählt von Klassengegensätzen und dem Alltag einer jugoslawischen Arbeiterfamilie in Linz, von der Tragik der Kriege in Ex-Jugoslawien verbunden mit der Familiengeschichte, von politischen und persönlichen Zerrissenheiten. ORF 2 zeigt die autobiografische Zeitreise, für die die Filmemacher Djordje Čenić und Hermann Peseckas 2017 bei der Diagonale mit dem Franz-Grabner-Preis ausgezeichnet wurden, erstmals am Sonntag, dem 24. Juni, im „dokFilm“ um 23.00 Uhr.
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Mit „unten“ bezeichnen viele Gastarbeiter ihre Heimat, das damalige Jugoslawien, wo sie auch jeden Sommer ihren Urlaub verbringen. Regisseur Djordje Čenić, selbst Kind einer Gastarbeiterfamilie, unternimmt mit der Familienkamera eine autobiografische Zeitreise. Seine Erzählung beginnt in den 1970er Jahren, wo seine Eltern in Österreich Arbeit finden: die Mutter bei Semperit, der Vater bei der VÖEST in Linz.
Dabei entstand ein Film, der das Erleben einer ganzen Generation reflektiert, deren Eltern sich zu Hunderttausenden auf den Weg machten, um in Österreich ihr Glück zu suchen. Einer von ihnen war sein Vater, Rajko Čenić, der 1971 sein Heimatdorf Uzdolje in Norddalmatien, im heutigen Kroatien, verließ. „Ein paar Jahre bleiben, genug Geld für ein Haus verdienen und dann unten ein neues Leben aufbauen“, das war sein damaliger Plan, wie er heute im Wohnzimmer einer Linzer Gemeindewohnung erzählt.
„Unten“ ist ein sehr persönliches Familienporträt, das auch von Gegensätzen, Identitätssuche, Hoffnung und Heimweh erzählt. In teils absurd komischen, oft auch tragischen Episoden, die von kleinen Triumphen und großen Niederlagen berichten, gewährt Čenić tiefe Einblicke in seine Familiengeschichte und illustriert dabei den Spagat zwischen „oben“ und „unten“, der exemplarisch für Generationen von Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern steht.
Trotz manchmal recht harter Erkenntnisse aus dem Leben einer Migrantenfamilie besticht „Unten“ durch seinen Humor und bewältigt durch das scheinbar mühelose Verweben von subjektiv Erlebtem und historischen Fakten eine Thematik, die so noch kaum bearbeitet wurde.
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