Wien (OTS) – Noch-ÖGB-Präsident Erich Foglar spannte in seiner – von viel Applaus begleiteten – Rede einen Bogen von den Anfängen seiner Karriere im ÖGB bis zur Zukunft der Arbeitswelt.Der Anfang seiner Amtszeit war einerseits geprägt von der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit 1929 und anderseits von der wohl schwierigsten Zeit der Gewerkschaftsbewegung – dem BAWAG-Skandal.
Weg aus der Krise
„Der 17. ÖGB-Kongress 2009 forderte damals einen Systemwechsel, denn das System der skrupellosen, abgehobenen, entfesselten Finanzwirtschaft war gescheitert und hätte eigentlich auf den Schrotthaufen der Wirtschaftsgeschichte gehört. Doch bereits beim ÖGB-Kongress 2013 stellten wir ernüchtert fest, dass die Börsen boomten, die Millionäre immer reicher und reicher wurden. Mainstreamökonomen und politische Eliten behaupteten noch immer, dass Sparen, neoliberale Strukturreformen, Zurückdrängen der Gewerkschaften, Lohnsenkungen, Privatisierungen und Abbau des Sozialstaates die Antworten auf die Krise wären. Aber dem ÖGB und seinen Gewerkschaften ist es gelungen, gemeinsam mit den jeweiligen Bundesregierungen Österreichs viel besser durch die Krise zu führen, als es in anderen Ländern gelungen ist.“
Lob für Sozialpartner
Das führt Foglar vor allem auf eine funktionierende Sozialpartnerschaft zurück: „Die Erfolgsfaktoren der Sozialpartnerschaft waren der Dialog auf Augenhöhe und der gegenseitige Respekt. Aber diese Erfolgsfaktoren scheinen derzeit auf Arbeitgeber- und Regierungsseite in Vergessenheit zu geraten: Da wirft uns der neue WKÖ-Präsident „Gräuelpropaganda“ vor und erklärt uns zu ‚Gegnern der Republik‘. Wenn wir die Forderungen der ArbeitnehmerInnen auf den Tisch legen, dann wird das als unzeitgemäßes ‚Basarfeilschen‘ abgekanzelt“, so Foglar.
Tadel für Regierung
Kritische Worte findet Foglar auch für die amtierende Regierung:
„Noch nie gab es in der 2. Republik eine Regierung, die so klar und ungeniert eine Regierung der Industriebosse und ihrer Wünsche ist und so gar nichts für die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder der Sozialpartnerschaft übrig hat.“
Sollte die Regierung nicht an den Verhandlungstisch zurückwollen, dann würde die Gewerkschaft in den Betrieben informieren und klar machen, dass die Beschäftigten die Zeche für die Bestellungen der Industrie zahlen müssten. Man werde daher alles tun, um die Regierung von ihrem Irrweg abzubringen.
Sorge um Jugend
Mit großer Sorge erfüllt Foglar, dass die Zustimmung zu dem Satz „Es braucht einen starken Führer, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss“ im letzten Jahrzehnt von 10 auf 26 Prozent gestiegen ist. Noch krasser wäre der Anstieg unter jungen Lehrlingen.
„Jetzt haben wir eine Regierung, die große Distanz zu Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern hat. Die sich – trotz dieser demokratiegefährdenden Tendenzen – die Abschaffung der Jugendvertrauensräte zum Ziel gesetzt hat. Dabei sind gerade die Jugendvertrauensräte und die ÖGJ ein bildungspolitisches Bollwerk gegen Antisemitismus und Wiederbetätigung“, so der ÖGB-Präsident.
Zukunft gestalten
Foglar widmete sich aber auch dem Kongressthema „Arbeit 4.0 -vernetzt denken, solidarisch handeln“. Der digitale Wandel würde einen enormen gesellschaftlichen Wandel bedeuten, er wird von Menschen gemacht und ist daher auch von Menschen gestaltbar.
„Die Zukunft lässt sich nicht aufhalten. Wir wollen sie auch gar nicht aufhalten! Die Gewerkschaften haben die Aufgabe, den digitalen Wandel zum Wohle der arbeitenden Menschen zu gestalten – und zwar in den Betrieben und Dienststellen, in allen Branchen der Wirtschaft -sowie in Politik und Gesellschaft. Auch in der digitalen Arbeitswelt braucht es klar geregelte Arbeitsbeziehungen auf kollektivvertraglicher Basis, die Arbeitsbedingungen, Einkommen und Mitbestimmung festlegen. Faire Arbeit 4.0 heißt faire Chancen für alle am Arbeitsmarkt, klare Rahmenbedingungen für gute Arbeit, korrekte faire Entlohnung und soziale Absicherung – weil der Mensch zählt!“, fasst Foglar den Zugang der Gewerkschaft zur Digitalisierung zusammen. (Fortsetzung folgt)
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