AK-Goach: Eine arbeitnehmerfeindliche Maßnahme jagt die nächste

Klagenfurt (OTS) – Am Vortag der Vollversammlung, dem höchsten Gremium der Arbeiterkammer Kärnten, analysierte Präsident Günther Goach aktuelle politische Entwicklungen und deren Auswirkungen auf Kärntens Arbeitnehmer. Er fasste zusammen: „Eine arbeitnehmerfeindliche Maßnahme jagt die nächste. Gespart wird bei jenen, die es brauchen, um sich erhalten zu können oder wieder auf die Beine zu kommen. Das ist inakzeptabel.“

Kritik an Verschlechterungen bei Altersteilzeit

Von der Öffentlichkeit größtenteils unbemerkt wurden, versteckt im Budgetbegleitgesetz, Verschlechterungen bei der Altersteilzeit beschlossen. „Ein Schelm, wer Böses denkt“, attestierte Goach: „Es wird nicht mehr versucht, schlechte Maßnahmen gut zu reden. Man beschließt sie einfach unbemerkt von der Öffentlichkeit.“ Konkret beschlossen wurde die Einschränkung der Altersteilzeit ab 2019. Für Frauen bedeutet das: Statt bisher mit 53 können sie ab 2019 erst mit 54, ab 2020 erst ab 55 Jahren in die Altersteilzeit gehen. Bei den Männern sieht es so aus: Sie können erst mit 59 statt 58 Jahren in Altersteilzeit gehen, ab 2020 erfolgt eine weitere Anhebung auf 60 Jahre. „Die Altersteilzeit ist eine sinnvolle Maßnahme, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten und einen gleitenden Übergang in die Pension zu schaffen. Dieser Ansatz wird mit dem höheren Antrittsalter konterkariert“, lehnte Goach den Beschluss ab und kritisierte: „Die Bundesregierung spekuliert auf die Anhebung des Pensionsalters und negiert vollkommen, dass in Kärnten bereits jetzt nur mehr 62,9 Prozent der Beschäftigten aus der Erwerbstätigkeit in Pension gehen – ein Drittel der Erwerbstätigen ist vor der Möglichkeit des gesetzlichen Pensionsantrittes arbeits- oder erwerbslos.“

AK gegen den gesetzlichen 12-Stunden-Tag

Ein großer Dorn im Auge ist dem Arbeitnehmervertreter der gesetzliche 12-Stunden-Tag verbunden mit der 60-Stunden-Woche: „Die Arbeitnehmer sind flexibel genug – der 12-Stunden-Tag gehört für viele bereits zum Alltag.“ Es folgt das große Aber: „Der Schutz der Ruhezeiten und entsprechende finanzielle Zuschläge werden durch den Kollektivvertrag und Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitnehmer-und Arbeitgebervertretern geregelt. Der gesetzliche 12-Stunden-Tag sticht dieses System aus, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssten auf Basis von Einzeldienstverträgen alleine für sich selbst verhandeln. Natürlich befürchten wir da massive Verschlechterungen für die einzelnen Beschäftigten.“

Einsparungen bei Sozialversicherungen undurchdacht

Bei den Sozialversicherungen zeichne sich einmal mehr ab, dass es nur darum gehe, etwas zu tun und viel weniger darum, ob es auch vernünftig oder gar möglich sei, sagte Präsident Goach zu den laufenden Entwicklungen um die Sozialversicherungen. „Die geforderten Einsparungen von einer Milliarde im Verwaltungsbereich sind bei genauerer Betrachtung utopisch. Personalabbau, Leistungskürzungen und -verschlechterungen sind früher oder später die logische Konsequenz. Die Verwaltungskosten der österreichischen Krankenkassen zählen zu den niedrigsten im OECD-Raum“, argumentierte Goach in Richtung namhafter Experten, die sich gegen die Pläne der Bundesregierung ausgesprochen haben, aber auch der skeptischen Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker.

AUVA – Liste der Berufskrankheiten muss ausgeweitet werden

Besonders den drastischen Einschnitten bei der AUVA stellte sich Goach entgegen: „Die Beitragssenkung der Arbeitgeber führt unweigerlich zu Leistungskürzungen für Unfallopfer und bei der Prävention. 500 Millionen Euro spart man nicht durch weniger Personal in der Verwaltung.“ In den letzten 25 Jahren sei die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle von 389 (1992) auf jährlich 190 (2015) gesunken. Die Stimmungsmachen gegen Freizeitunfälle verstehe Goach überhaupt nicht: „Ein Großteil der Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparates und psychische Erkrankungen sind auf berufliche Belastungen zurückzuführen. Die Liste der Berufskrankheiten muss endlich ausgeweitet werden, damit hier endlich einmal über echte Zahlen geredet werden kann.“ Alleine im Jahr 2016 resultierten 12 Millionen Krankenstandstage aus den Bereichen Muskel- und Skelettapparat und psychische Erkrankungen.

Voller Rückhalt für Jugendvertrauensräte

Den Jugendvertrauensräten im Land sprach der AK-Präsident vollen Rückhalt zu: „Mitsprachemöglichkeiten aus allen Bevölkerungsschichten sind ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie.“ Goach solidarisierte sich mit den jungen Menschen und zeigte sich unverständlich: „Es heißt, die Jugend interessiert sich für nichts – aber wenn sie sich engagieren, werden sie daran gehindert.“

Geringere Strafen bei Arbeitgeberverstößen im Arbeitsrecht

Aktuell kündigte die Regierung an, dass „Kumulationsprinzip“ bei Verstößen von Dienstgebern gegen arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen abzuschaffen. Ab 2020 sollen mehrere Verstöße innerhalb eines Betriebes zusammengefasst werden, bisher war es möglich jeden Verstoß einzeln zu bestrafen. Ein Entgegenkommen der Bundesregierung gegenüber Arbeitgebern ortete Goach: „Die hohen Strafen sollten Arbeitgebern als Abschreckung dienen – die neue Regelung, egal wie viele Verfehlungen man begangen hat nur noch mit einer Strafe zu belegen, macht die Maßnahme zahnlos.“ Er sieht wichtige Bereiche des Arbeitnehmerschutzes und des Kampfes gegen Lohn- und Sozialdumping gefährdet: „Verstöße gegen den Arbeitnehmerschutz dürfen nicht zum Kavaliersdelikt verkommen.“

Kritik an Sparmaßnahmen in der überbetrieblichen Ausbildung

Scharfe Kritik äußerte Goach an den geplanten Kürzungen beim Ausbildungsgeld, die mit September in Kraft treten sollen: „Das Ausbildungsgeld soll von 753 auf 325,80 Euro gekürzt werden. Wenn Jugendlichen diese Förderung gestrichen wird, können sie sich oftmals nicht für diese Ausbildungsvariante entscheiden. Junge Menschen werden in die Hilfsarbeit gedrängt. Es wäre unverantwortlich eine derart erfolgreiche Maßnahme zu beschneiden.“ Bisher erhielten volljährige Lehrlinge diese Unterstützung, um sich den Lebensunterhalt leisten zu können. Goach forderte, „diese sinnvolle Option“ zu erhalten: „Eine solide Ausbildung ist die einzige Sicherheit, um am Arbeitsmarkt bestehen zu können. Auch jene, die sich erst nach der Volljährigkeit für eine Facharbeiterausbildung entscheiden, müssen wir fördern.“

Chancengleichheit – ein Fremdwort für die Regierung

Alles in allem zeige die Arbeitnehmervertretung kein Verständnis für viele der überhasteten Maßnahmen der Bundesregierung und der indiskutablen Vorgehensweise in Arbeitnehmerbelangen, resümierte Goach: „Wir haben Österreich besser als viele andere Länder durch die Wirtschaftskrise manövriert. Jetzt ist die Zeit für Investitionen und einen nachhaltigen Ausbau unseres Sozialsystems und des Wirtschaftsstandortes. Gerade für Menschen, die am Arbeitsmarkt benachteiligt sind, müssen Maßnahmen geschaffen werden: Mehr Geld für Aus- und Weiterbildung und die soziale Absicherung in, oft nicht selbstverschuldeten, Notsituationen.“

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