Rehm: Mit BVwG Entscheidung beginnt die nächste Etappe der S1-Verfahren

Wien (OTS) – Mit gemischten Gefühlen kommentiert Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur S1-Lobauautobahn „Die zehn Beschwerdeführer, die den Fall beim BVwG anhängig gemacht haben, können sich bestätigt sehen, ihre Beschwerden waren erfolgreich, die Unterlagen mussten massiv überarbeitet und eine Projektänderung vorgenommen werden. Dass auf die Asfinag viele zusätzliche Auflagen zukommen, hat sich abgezeichnet, leider wurde allerdings ihr Antrag trotz jahrelanger Verzögerungstaktik nicht zurückgewiesen, jetzt geht die Causa in die nächste Verfahrensrunde.

Laut der Umweltorganisation werde es jedenfalls noch lange dauern, bis das Projekt – wenn es je soweit kommt – über alle erforderlichen Bewilligungen verfügt. Als Nächstes würden insgesamt sieben Materienverfahren, die teilweise noch gar nicht beantragt wurden, folgen. Anträge betreffend Wasserrecht und Naturschutz gebe es nur für den Nordabschnitt der S1, nicht jedoch für den Lobautunnel. Nicht auszuschließen sei auch ein Gang zu einem der Höchstgerichte. „Es war immer klar, je nach Ausgang macht das entweder die Asfinag oder es findet sich einer der zehn Beschwerdeführer. Die umfangreiche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts werde jedenfalls genau zu analysieren sein“.

Es sei aber vorab davon auszugehen, dass das von den Sachverständigen des Gerichts massiv erweiterte Paket an zusätzlichen und langfristigen Monitoring-Maßnahmen im Bereich Verkehr, Lärm und Luftschadstoffe auch Eingang in die Entscheidung gefunden hat, nachdem sich die Prognosen als mangelhaft erwiesen haben. Vom Verkehrsministerium seien nur fünf Jahre Alibi-Beobachtung vorgeschrieben gewesen, was in keiner Weise ausreichend sei. Auf der Haben-Seite würden weiters Anrainerschutz in der Bauphase, Verbesserungen beim Grundwasser bei den Wannenbauwerken im Nordabschnitt stehen. „Für Tausende Anrainer wurde weiters Lärmschutz erkämpft, weil sich die sonst beim Anrainerschutz so pfennigfuchserische Asfinag verpflichtet hat, mit einer Pauschalverpflichtung die verabsäumte Einzelfallprüfung auszugleichen. Alle wesentlichen Fragen zum Schutz des Grundwassers und des Nationalparks sind allerdings nach wie vor offen geblieben oder in die Wasserrechtsverfahren verschoben worden, und das genügt natürlich nicht,“ so Rehm. Ebenso sei unverständlich, warum sich erst die Behörde und dann das Gericht so lange von der Asfinag auf der Nase herumtanzen haben lassen. Nachbesserungsbedarf und Projektänderung hätten gezeigt, dass die Beschwerden berechtigt waren, ohne dass dies in voller Konsequenz wirksam geworden sei, hier hätte wegen mangelhaftem Projekt der Genehmigungsantrag zurückgewiesen, also aus formalen Gründen abgelehnt werden müssen.

In aller Deutlichkeit sei der gegen Ende unfaire Verlauf des Beschwerdeverfahrens zu kritisieren. „Je länger es gedauert hat ist stärker zu Tage gekommen, wie sehr hier mit verschiedenem Maß gemessen wurde.“ kritisiert Rehm. Die fast drei Jahre seien weitestgehend damit gefüllt gewesen, dass die Asfinag vergeblich versucht hat, Verbesserungsaufträge zu erfüllen bzw. das Projekt abzuändern. „Um das zu erklären müssen Unwillen und Überheblichkeit mit einer gehörigen Portion Unfähigkeit gemischt werden und das ist passiert, nachdem eine vergleichbare Prozedur schon in der ersten Instanz zweieinhalb Jahre gebraucht hat und bereits dort zur Zurückweisung hätte führen müssen,“ analysiert Rehm. Stattdessen habe die Asfinag anstandslos jedesmal Fristverlängerung beantragt und mit insgesamt neun Monaten auch bekommen. Die Gerichtsgutachter konnten ihre Zeitvorgabe bis zu zwei Monate überziehen. Gleichzeitig haben die Beschwerdeführer -obwohl sie das Verfahren und die notwendigen Verbesserung ausgelöst haben aber prinzipbedingt in der Stellungnahmenabfolge des Verfahrens erst nach Asfinag und Gutachtern an der Reihe sind – keinen einzigen Tag Fristverlängerung zugesprochen bekommen. „Das ist grob willkürlich und unverhältnismäßig, außerdem gibt es immer noch mangelhafte Unterlagen nur will jetzt niemand mehr zum fünften Mal hingreifen, insofern blieb die Asfinag-Taktik leider nicht ohne Wirkung“, kritisiert Rehm. Dies habe sich etwa beim Untersuchungsgebiet gezeigt, das zu klein war und trotz neuem Lärmprojekt nicht nachgeführt wurde. So erhielten möglicherweise anspruchsberechtigte Anrainer keinen Lärmschutz. Der Sachverständige für Humanmedizin der immer auf das Lärmgutachten warten muss, habe gar nur zwei Wochen Zeit bekommen und anstatt mehr zu verlangen ein unvollständiges Gutachten abgeliefert. „Insgesamt konnte ich mich auch des Eindrucks nicht erwähnen, dass der seit der Flughafenpanik von 2017 aufgebaute politische Druck, mit dem unabhängige Gerichte beeinflusst werden sollten, nicht ohne Wirkung geblieben ist. Eine derartige Vorgangsweise der Politik ist und bleibt natürlich eine gewaltige Sauerei,“ zieht Rehm Bilanz.

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