Gewaltschutz: Nationalrat fasst einstimmig Entschluss für 100 zusätzliche Betreuungsplätze

Wien (PK) – Grundsätzliche Einigkeit bestand heute im Nationalrat über den Bedarf des Ausbaus von Notunterkünften für von Gewalt betroffene Frauen. Der entsprechenden Initiative der Koalitionsparteien auf Schaffung von 100 zusätzlichen Betreuungsplätzen stimmte die Opposition zu, vermeldete jedoch deutliche Bedenken wegen fehlender budgetärer Dotierung. SPÖ, NEOS und Liste PILZ blieben mit einem Abänderungsantrag, dafür ausreichend budgetäre Mittel durch interne Umschichtung im Budget des Bundeskanzleramts bereits am 1. September 2018 bereitzustellen, in der Minderheit.

Im gemeinsamen Entschließungsantrag appellieren Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) und Carmen Schimanek (FPÖ) an Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß, 100 neue Betreuungsplätze zu schaffen und den Opferschutz bedarfsgerecht auszubauen. Für Carmen Jeitler-Cincelli, die sich bei allen Fraktionen für den gemeinsamen Weg bedankte, kommen mit den 100 Plätzen unter dieser Bundesregierung so viele wie nie zuvor dazu. Österreich beweise immer wieder, dass der Schutz vor Gewalt ein sehr wichtiges Anliegen ist, unterstrich ihre Fraktionskollegin Johanna Jachs. Damit der Opferschutz bedarfsgerecht ausgebaut werden kann, werde nun erhoben, wo der Bedarf genau bestehe. Zudem werde in Prävention investiert, auch Strafverschärfungen seien ein Thema.

Opposition fordert klare Verankerung der Mittel im Budget

Die Opposition begrüßte die Zielrichtung der Initiative ausdrücklich, äußerte jedoch ebenso deutlich Bedenken hinsichtlich fehlender Budgetierung. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) brachte dazu den gemeinsamen Abänderungsantrag von SPÖ, NEOS und Liste Pilz ein, wonach ausreichend budgetäre Mittel durch interne Umschichtung im Budget des Bundeskanzleramts bereits mit 1. September 2018 bereitgestellt werden sollen, „Stichwort Spielgeld“, wie Heinisch-Hosek einwarf. So wichtig der Ausbau der Plätze sei, mit den Mitteln aus dem aktuellen Budget sei das nicht zu schaffen. Darin seien zudem auch zum allerersten Mal Einschnitte vorgenommen worden. Damit der wichtige Ausbau nicht auf den „Sankt-Nimmerleins-Tag“ verschoben würde, möchte die Opposition die Mittel in einer absehbaren Frist bereitstellen. Der Antrag blieb im Plenum in der Minderheit.

Mario Lindner (SPÖ), der auch auf den heutigen Tag gegen Homo-, Trans- und Biphobie aufmerksam machte, will hinsichtlich der Frage der Budgetierung sehr genau darauf achten, ob die Regierung die Maßnahme umsetzt und sie nicht ein „Marketinggag“ bleibe. Mehr Engagement von der Frauenministerin erwartet sich Muna Duzdar (SPÖ), ohne Budgetierung klinge der Ausbauplan leider nach einem „Wunschkonzert“ und „reiner Kosmetik“. Sabine Schatz (SPÖ) erinnerte daran, dass jede fünfte Frau in Österreich von Gewalt betroffen ist, häusliche Gewalt sei alltäglich. Für sie ist neben der Frage der Finanzierung auch die der Kriterien offen, nach denen die Plätze geplant und umgesetzt würden. Das betreffe etwa das „wo“, aber auch bauliche Maßnahmen oder die wichtige Möglichkeit, Kinder mitzunehmen. Verena Nussbaum (SPÖ) hält für befremdlich, dass erst evaluiert werden müsse, ob die Plätze überhaupt notwendig sind. Sie kritisierte außerdem einen fehlenden Zeitrahmen. „Jämmerlich“ sei, so Nussbaum, dass sich für Gewaltschutz kein Geld im Budget finden lasse.

Als sehr seltsam bezeichnete Claudia Gamon (NEOS) die Vorgehensweise, dass die Regierung zwar 100 Plätze schaffen wolle, gleichzeitig die Einrichtungen aber um Finanzierung bangen. Sie ortet für die Umsetzung ebenso ein Budgetproblem, dort seien die Mittel jedenfalls nicht geplant. Als Appell an die Ministerin, den Gewaltschutz wirklich ernst zu nehmen, trat Stephanie Cox (PILZ) für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen Frauenhäusern und Polizeigrundausbildung ein. Sie kritisierte, dass solche Ausbildungsschienen nicht mehr gefördert und finanziert werden. Auch hinsichtlich der 100 Betreuungsplätze sei nicht nur ein klares Zeichen zu setzen, sondern auch Finanzierung und Zeitplan sicherzustellen.

Gewaltschutz zwischen Debatte um Geld und Sitten

Dem großen Dank an die Arbeit der Frauenhäuser von allen Seiten schloss sich Carmen Schimanek (FPÖ) an. Sehr problematisch sei etwa Gewalt in der Familie, wenn sich schon die Gewaltspirale für Kinder beginne, zu drehen. Täter seien meist männlich und aus dem Umfeld der Frauen, so Schimanek. Das Ansinnen des Abänderungsantrags kann sie nachvollziehen, weist aber Worte wie „Marketinggag“ oder „Spielgeld“ aufs Schärfste zurück.

Günther Kumpitsch und Walter Rosenkranz (beide FPÖ) führen problematische Entwicklungen hinsichtlich Gewalt auch auf Flüchtlingsströme im Jahr 2015 zurück. Die „linke Richtung“ in der Opposition habe das mitzuverantworten, warf Kumpitsch vor. Probleme könne man nicht mit Geld allein lösen, hier seien Moral und Sitten importiert worden, die mit der freien Gesellschaft nicht vereinbar seien. Es gelte aber auch, das Vertrauen bei Migrantinnen herzustellen, dass sie nicht allein gelassen würden. Aus Sicht von Walter Rosenkranz ist es unerträglich, dass es überhaupt zu solch unvorstellbaren Delikten wie Genitalverstümmelung kommt. Er verwies etwa auch auf im Regierungsprogramm festgehaltene Verschärfungen im Sexualstrafrecht, während Nikolaus Scherak (NEOS) daran erinnerte, dass die FPÖ bei der letzten Novelle hinsichtlich Verschärfungen im Fall von sexueller Belästigung dagegen gestimmt habe.

Bogner-Strauß: 100 Plätze werden geschaffen, Bedarfsabklärung im Vorfeld

Gewalt sei nach wie vor eine große Herausforderung in Österreich, sagte Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß, hier gebe es viel zu tun. Und es werde auch viel getan, verwies sie etwa darauf, dass Österreich als eines der ersten Länder in Europa die Istanbuler Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen unterschrieben hat. Frauenpolitik sei allerdings Querschnittsmaterie, die nicht nur ihr Ressort, sondern etwa auch das Finanzministerium und die Länder betreffe. Bogner-Strauß erklärte, derzeit Informationen einzuholen und Gespräche mit den Ländern zu führen, um im Vorfeld abzuklären, wo genau die Plätze gebraucht werden. Zusätzlich arbeite man weiter zum Thema, wie Opfer noch besser unterstützt werden können, und um den Frauen Sicherheit und Stabilität zu geben. Sie denkt dabei etwa auch in die Richtung, mehr Plätze in Übergangswohnungen anzubieten und in der wirtschaftlichen Unabhängigkeit zu unterstützen. Auch die Einkommensschere zu verringern sei ihr ein großes Anliegen, so die Frauenministerin. Sie könne jedenfalls garantieren, dass in den nächsten Jahren 100 neue Betreuungsplätze geschaffen werden. (Schluss Nationalrat) mbu

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