Salzburg (OTS) – Beim österreichischen Gerichtspsychologen Salvatore Giacomuzzi stehen eine Doktorarbeit, seine Habilitationsschrift und der Titel des Universitätsprofessors in Frage.
Zahlreiche Textplagiate in zwei Qualifikationsschriften
Der Theorieteil seiner Doktorarbeit besteht zu weiten Teilen aus Textplagiaten. Es sei für ihn nach Entdeckung der zahlreichen Plagiate eine „große Enttäuschung, von einem Mitarbeiter, dem ich lange Zeit vertraut habe, so hintergangen worden zu sein“, schreibt der österreichische Psychiater Hartmann Hinterhuber, der im Jahr 2001 Zweitgutachter der Dissertation war. Dem Plagiator sei „ein hervorragendes Plagiat meines Textes gelungen“, bemerkt der Sportwissenschaftler Dieter Brodtmann aus Deutschland. Insgesamt bestätigen fünf Schreiben oder Gutachten von Universitätsprofessoren das Plagiat.
In der Habilitationsschrift befinden sich werkprägende Textplagiate. Über studienrechtliche Konsequenzen seitens der zuständigen Universität Innsbruck ist nichts bekannt.
Kein Universitätsprofessor? Gutachter „verschwindet“ aus Sachverständigenliste
Fragwürdig ist auch die Herkunft des Titels „Univ.-Prof.“, den der Sachverständige in seinen Gutachten und Web-Auftritten anführt. Der Titel wurde auf der Sachverständigenliste vor einigen Wochen mit dem Zusatz „der Sigmund Freud-Privatuniversität“ versehen. Der Rektor und der Dekan dieser bestreiten allerdings, dem Sachverständigen den Titel verliehen zu haben oder ihn ernannt zu haben. Seit vergangener Woche ist der Gerichtspsychologe von der Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen „verschwunden“.
„SV-Standesregeln und Gesetz müssen geschärft werden“
„Dieser zweite Fall in diesem Jahr nach dem Afghanistan-Gutachter Karl Mahringer sollte nun zum Anlass genommen werden, die Standesregeln der Sachverständigen zu schärfen und das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz zu reformieren“, fordert Stefan Weber, der weitere Fälle gesammelt hat. „Sachverständige, die auf die Regeln der Wissenschaft vereidigt wurden, müssen auch die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (GWP) einhalten, und das gehört in die Standesregeln. Bei erheblichem Verstoß muss die Eigenschaft nach § 10 SDG sofort entzogen werden können. Qualitätsstandards für Gerichtsgutachten dürfen nicht vorausgesetzt, sondern müssen vom Gesetzgeber definiert werden. Derzeit ist davon im Gesetz mit keinem Wort die Rede.“
In Österreich gibt es derzeit 9.378 Gerichtssachverständige. Jährlich werden rund 140.000 Gerichtsgutachten erstellt. Diese werden – anders als etwa Doktorarbeiten – nicht systematisch oder automatisch geprüft.
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